Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Vaterlauds so etwas nicht dulden würde, als
sie mit vielem Witze beigefügt hatte, daß man
nun wohl die Ursache einsehen könne: Warum
der Präsident einer so uralten, ansehnlichen
Familie die reiche Erbschaft ab, und einer weit
geringern, weit ahnenärmern Familie zuge-
sprochen habe? trat ihr Bruder in den zahl-
reichen Zirkel, welcher sich um sie versammelt
hatte. Aber sagt mir nur, sprach er im bra-
marbasirenden Tone, ihr Herrn und Damen
insgesamt: Ob denn keiner unter euch allen
den edlen Stolz besaß, diese grosse Beleidi-
gung zu ahnden und zu rächen.

Einige. Sollten, konnten wir gegen
den Willen des Fürsten handeln?

Der Fremde. Nicht gegen diesen, son-
dern gegen das Bürgermädchen, welches sich
so gewaltsam in eure geschloßnen Gesellschaf-
ten eindrängt, und jeden ehrliebenden Aus-

F 2

Vaterlauds ſo etwas nicht dulden wuͤrde, als
ſie mit vielem Witze beigefuͤgt hatte, daß man
nun wohl die Urſache einſehen koͤnne: Warum
der Praͤſident einer ſo uralten, anſehnlichen
Familie die reiche Erbſchaft ab, und einer weit
geringern, weit ahnenaͤrmern Familie zuge-
ſprochen habe? trat ihr Bruder in den zahl-
reichen Zirkel, welcher ſich um ſie verſammelt
hatte. Aber ſagt mir nur, ſprach er im bra-
marbaſirenden Tone, ihr Herrn und Damen
insgeſamt: Ob denn keiner unter euch allen
den edlen Stolz beſaß, dieſe groſſe Beleidi-
gung zu ahnden und zu raͤchen.

Einige. Sollten, konnten wir gegen
den Willen des Fuͤrſten handeln?

Der Fremde. Nicht gegen dieſen, ſon-
dern gegen das Buͤrgermaͤdchen, welches ſich
ſo gewaltſam in eure geſchloßnen Geſellſchaf-
ten eindraͤngt, und jeden ehrliebenden Aus-

F 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0093" n="83"/>
Vaterlauds &#x017F;o etwas nicht dulden wu&#x0364;rde, als<lb/>
&#x017F;ie mit vielem Witze beigefu&#x0364;gt hatte, daß man<lb/>
nun wohl die Ur&#x017F;ache ein&#x017F;ehen ko&#x0364;nne: Warum<lb/>
der Pra&#x0364;&#x017F;ident einer &#x017F;o uralten, an&#x017F;ehnlichen<lb/>
Familie die reiche Erb&#x017F;chaft ab, und einer weit<lb/>
geringern, weit ahnena&#x0364;rmern Familie zuge-<lb/>
&#x017F;prochen habe? trat ihr Bruder in den zahl-<lb/>
reichen Zirkel, welcher &#x017F;ich um &#x017F;ie ver&#x017F;ammelt<lb/>
hatte. Aber &#x017F;agt mir nur, &#x017F;prach er im bra-<lb/>
marba&#x017F;irenden Tone, ihr Herrn und Damen<lb/>
insge&#x017F;amt: Ob denn keiner unter euch allen<lb/>
den edlen Stolz be&#x017F;aß, die&#x017F;e gro&#x017F;&#x017F;e Beleidi-<lb/>
gung zu ahnden und zu ra&#x0364;chen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Einige</hi>. Sollten, konnten wir gegen<lb/>
den Willen des Fu&#x0364;r&#x017F;ten handeln?</p><lb/>
        <p>Der <hi rendition="#g">Fremde</hi>. Nicht gegen die&#x017F;en, &#x017F;on-<lb/>
dern gegen das Bu&#x0364;rgerma&#x0364;dchen, welches &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;o gewalt&#x017F;am in eure ge&#x017F;chloßnen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaf-<lb/>
ten eindra&#x0364;ngt, und jeden ehrliebenden Aus-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0093] Vaterlauds ſo etwas nicht dulden wuͤrde, als ſie mit vielem Witze beigefuͤgt hatte, daß man nun wohl die Urſache einſehen koͤnne: Warum der Praͤſident einer ſo uralten, anſehnlichen Familie die reiche Erbſchaft ab, und einer weit geringern, weit ahnenaͤrmern Familie zuge- ſprochen habe? trat ihr Bruder in den zahl- reichen Zirkel, welcher ſich um ſie verſammelt hatte. Aber ſagt mir nur, ſprach er im bra- marbaſirenden Tone, ihr Herrn und Damen insgeſamt: Ob denn keiner unter euch allen den edlen Stolz beſaß, dieſe groſſe Beleidi- gung zu ahnden und zu raͤchen. Einige. Sollten, konnten wir gegen den Willen des Fuͤrſten handeln? Der Fremde. Nicht gegen dieſen, ſon- dern gegen das Buͤrgermaͤdchen, welches ſich ſo gewaltſam in eure geſchloßnen Geſellſchaf- ten eindraͤngt, und jeden ehrliebenden Aus- F 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/93
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/93>, abgerufen am 05.05.2024.