Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

leben muß. Die Rache ist schrecklich, aber er
hat sie verdient, sein kühner Schritt beleidigte
die Gesezze der Natur, die ausdrücklich gebieten,
daß sich gleich und gleich verbinden soll, die Fol-
gen können nicht ausbleiben!

Ich ende das Geschwäz des stolzen Un-
sinns, ich eile zu wichtigern, und schönern Be-
gebenheiten: Der Graf erschien zur bestimmten
Zeit mit seiner schönen Gattin im Kabinete der
Fürstin. Sie war gnädig und gut, sie liebte
ihren Fürsten mit Leidenschaft und Wärme, er
hatte es ausdrücklich gefordert, und die Für-
stin eilte mit offnen Armen der jungen Gräfin
entgegen. Sie mußte Plaz an ihrer Toilette
nehmen, die bescheidne Art, mit welcher sie das
unerwartete Glück annahm, und zu verdienen
suchte, die Richtigkeit, mit welcher sie sprach,
die Wärme, mit welcher sie im Gespräche je-
de Wahrheit vertheidigte, die vielen Kennt-
nisse, welche sie in ihrem Gespräche verrieth,

leben muß. Die Rache iſt ſchrecklich, aber er
hat ſie verdient, ſein kuͤhner Schritt beleidigte
die Geſezze der Natur, die ausdruͤcklich gebieten,
daß ſich gleich und gleich verbinden ſoll, die Fol-
gen koͤnnen nicht ausbleiben!

Ich ende das Geſchwaͤz des ſtolzen Un-
ſinns, ich eile zu wichtigern, und ſchoͤnern Be-
gebenheiten: Der Graf erſchien zur beſtimmten
Zeit mit ſeiner ſchoͤnen Gattin im Kabinete der
Fuͤrſtin. Sie war gnaͤdig und gut, ſie liebte
ihren Fuͤrſten mit Leidenſchaft und Waͤrme, er
hatte es ausdruͤcklich gefordert, und die Fuͤr-
ſtin eilte mit offnen Armen der jungen Graͤfin
entgegen. Sie mußte Plaz an ihrer Toilette
nehmen, die beſcheidne Art, mit welcher ſie das
unerwartete Gluͤck annahm, und zu verdienen
ſuchte, die Richtigkeit, mit welcher ſie ſprach,
die Waͤrme, mit welcher ſie im Geſpraͤche je-
de Wahrheit vertheidigte, die vielen Kennt-
niſſe, welche ſie in ihrem Geſpraͤche verrieth,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0083" n="73"/>
leben muß. Die Rache i&#x017F;t &#x017F;chrecklich, aber er<lb/>
hat &#x017F;ie verdient, &#x017F;ein ku&#x0364;hner Schritt beleidigte<lb/>
die Ge&#x017F;ezze der Natur, die ausdru&#x0364;cklich gebieten,<lb/>
daß &#x017F;ich gleich und gleich verbinden &#x017F;oll, die Fol-<lb/>
gen ko&#x0364;nnen nicht ausbleiben!</p><lb/>
        <p>Ich ende das Ge&#x017F;chwa&#x0364;z des &#x017F;tolzen Un-<lb/>
&#x017F;inns, ich eile zu wichtigern, und &#x017F;cho&#x0364;nern Be-<lb/>
gebenheiten: Der Graf er&#x017F;chien zur be&#x017F;timmten<lb/>
Zeit mit &#x017F;einer &#x017F;cho&#x0364;nen Gattin im Kabinete der<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;tin. Sie war gna&#x0364;dig und gut, &#x017F;ie liebte<lb/>
ihren Fu&#x0364;r&#x017F;ten mit Leiden&#x017F;chaft und Wa&#x0364;rme, er<lb/>
hatte es ausdru&#x0364;cklich gefordert, und die Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;tin eilte mit offnen Armen der jungen Gra&#x0364;fin<lb/>
entgegen. Sie mußte Plaz an ihrer Toilette<lb/>
nehmen, die be&#x017F;cheidne Art, mit welcher &#x017F;ie das<lb/>
unerwartete Glu&#x0364;ck annahm, und zu verdienen<lb/>
&#x017F;uchte, die Richtigkeit, mit welcher &#x017F;ie &#x017F;prach,<lb/>
die Wa&#x0364;rme, mit welcher &#x017F;ie im Ge&#x017F;pra&#x0364;che je-<lb/>
de Wahrheit vertheidigte, die vielen Kennt-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;e, welche &#x017F;ie in ihrem Ge&#x017F;pra&#x0364;che verrieth,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0083] leben muß. Die Rache iſt ſchrecklich, aber er hat ſie verdient, ſein kuͤhner Schritt beleidigte die Geſezze der Natur, die ausdruͤcklich gebieten, daß ſich gleich und gleich verbinden ſoll, die Fol- gen koͤnnen nicht ausbleiben! Ich ende das Geſchwaͤz des ſtolzen Un- ſinns, ich eile zu wichtigern, und ſchoͤnern Be- gebenheiten: Der Graf erſchien zur beſtimmten Zeit mit ſeiner ſchoͤnen Gattin im Kabinete der Fuͤrſtin. Sie war gnaͤdig und gut, ſie liebte ihren Fuͤrſten mit Leidenſchaft und Waͤrme, er hatte es ausdruͤcklich gefordert, und die Fuͤr- ſtin eilte mit offnen Armen der jungen Graͤfin entgegen. Sie mußte Plaz an ihrer Toilette nehmen, die beſcheidne Art, mit welcher ſie das unerwartete Gluͤck annahm, und zu verdienen ſuchte, die Richtigkeit, mit welcher ſie ſprach, die Waͤrme, mit welcher ſie im Geſpraͤche je- de Wahrheit vertheidigte, die vielen Kennt- niſſe, welche ſie in ihrem Geſpraͤche verrieth,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/83
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/83>, abgerufen am 05.05.2024.