Graf. Wenn Euer Durchlaucht ausdrück- lich befehlen!
Fürst. Ja, ich befehle es! Bis dahin leben sie recht wohl!
Der Graf ging, und machte seiner Gattin den Befehl des Fürsten kund, er war ihr lästig, denn sie liebte Einsamkeit und Ruhe, und fürchtete Hohn und Verachtung der hoffärtigen Damen, doch fügte sie sich dem Willen des Gatten, dem Befehle des Fürsten. Indeß dieß alles geschah, war in allen Gesellschaften und Assembleen das Gespräch über die leere Ta- fel des Präsidenten in der Tagesordnung. Je- der Wizling, und dieß will ja stets jeder junge Kavalier seyn, erschöpfte sich an lustigen Ein- fällen. Alles lachte, wenn sie sprachen, sogar die ältesten Damen billigten vom ganzen Her- zen die Rache, welche man an dem Präsidenten übte, weil sonst das üble Beispiel leicht Fol-
Graf. Wenn Euer Durchlaucht ausdruͤck- lich befehlen!
Fuͤrſt. Ja, ich befehle es! Bis dahin leben ſie recht wohl!
Der Graf ging, und machte ſeiner Gattin den Befehl des Fuͤrſten kund, er war ihr laͤſtig, denn ſie liebte Einſamkeit und Ruhe, und fuͤrchtete Hohn und Verachtung der hoffaͤrtigen Damen, doch fuͤgte ſie ſich dem Willen des Gatten, dem Befehle des Fuͤrſten. Indeß dieß alles geſchah, war in allen Geſellſchaften und Aſſembleen das Geſpraͤch uͤber die leere Ta- fel des Praͤſidenten in der Tagesordnung. Je- der Wizling, und dieß will ja ſtets jeder junge Kavalier ſeyn, erſchoͤpfte ſich an luſtigen Ein- faͤllen. Alles lachte, wenn ſie ſprachen, ſogar die aͤlteſten Damen billigten vom ganzen Her- zen die Rache, welche man an dem Praͤſidenten uͤbte, weil ſonſt das uͤble Beiſpiel leicht Fol-
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Graf. Wenn Euer Durchlaucht ausdruͤck-
lich befehlen!
Fuͤrſt. Ja, ich befehle es! Bis dahin
leben ſie recht wohl!
Der Graf ging, und machte ſeiner Gattin
den Befehl des Fuͤrſten kund, er war ihr laͤſtig,
denn ſie liebte Einſamkeit und Ruhe, und
fuͤrchtete Hohn und Verachtung der hoffaͤrtigen
Damen, doch fuͤgte ſie ſich dem Willen des
Gatten, dem Befehle des Fuͤrſten. Indeß
dieß alles geſchah, war in allen Geſellſchaften
und Aſſembleen das Geſpraͤch uͤber die leere Ta-
fel des Praͤſidenten in der Tagesordnung. Je-
der Wizling, und dieß will ja ſtets jeder junge
Kavalier ſeyn, erſchoͤpfte ſich an luſtigen Ein-
faͤllen. Alles lachte, wenn ſie ſprachen, ſogar
die aͤlteſten Damen billigten vom ganzen Her-
zen die Rache, welche man an dem Praͤſidenten
uͤbte, weil ſonſt das uͤble Beiſpiel leicht Fol-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/80>, abgerufen am 16.02.2025.
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