Gatte drang vorwärts, ich sah Schwerdter über seinem Haupte glänzen, und sah ihn nie mehr, denn ich sank ohnmächtig zu Boden. Wie ich wieder erwachte, stand die Veste schon in hellen Flammen, verwundete Knech- te und Diener winselten unfern von mir. Viele Reiter umgaben mich, bedeckten mich mit einem Mantel, und hoben mich auf ein Roß. Ich jammerte schrecklich, einer dersel- ben war so barmherzig mir dich, meine Kle- ta, aufs Roß zu reichen, du klammertest deine Hände um meinen Nakken, und ich hiel- te mich mit aller Gewalt aufrecht, um dich nicht sinken zu lassen. Der Zug begann nun eilend und schnell, ich mußte in ihrer Mitte traben. Meine Augen suchten in der Finster- niß meinen geliebten Gatten, und fanden ihn nicht. Ich glaubte, daß dies Rache des nur verstellten aber nicht versöhnten Vaters sey, und wähnte, daß man mich aus seinen Ar- men gerissen habe, um mich ewig einzuker-
Gatte drang vorwaͤrts, ich ſah Schwerdter uͤber ſeinem Haupte glaͤnzen, und ſah ihn nie mehr, denn ich ſank ohnmaͤchtig zu Boden. Wie ich wieder erwachte, ſtand die Veſte ſchon in hellen Flammen, verwundete Knech- te und Diener winſelten unfern von mir. Viele Reiter umgaben mich, bedeckten mich mit einem Mantel, und hoben mich auf ein Roß. Ich jammerte ſchrecklich, einer derſel- ben war ſo barmherzig mir dich, meine Kle- ta, aufs Roß zu reichen, du klammerteſt deine Haͤnde um meinen Nakken, und ich hiel- te mich mit aller Gewalt aufrecht, um dich nicht ſinken zu laſſen. Der Zug begann nun eilend und ſchnell, ich mußte in ihrer Mitte traben. Meine Augen ſuchten in der Finſter- niß meinen geliebten Gatten, und fanden ihn nicht. Ich glaubte, daß dies Rache des nur verſtellten aber nicht verſoͤhnten Vaters ſey, und waͤhnte, daß man mich aus ſeinen Ar- men geriſſen habe, um mich ewig einzuker-
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Gatte drang vorwaͤrts, ich ſah Schwerdter
uͤber ſeinem Haupte glaͤnzen, und ſah ihn nie
mehr, denn ich ſank ohnmaͤchtig zu Boden.
Wie ich wieder erwachte, ſtand die Veſte
ſchon in hellen Flammen, verwundete Knech-
te und Diener winſelten unfern von mir.
Viele Reiter umgaben mich, bedeckten mich
mit einem Mantel, und hoben mich auf ein
Roß. Ich jammerte ſchrecklich, einer derſel-
ben war ſo barmherzig mir dich, meine Kle-
ta, aufs Roß zu reichen, du klammerteſt
deine Haͤnde um meinen Nakken, und ich hiel-
te mich mit aller Gewalt aufrecht, um dich
nicht ſinken zu laſſen. Der Zug begann nun
eilend und ſchnell, ich mußte in ihrer Mitte
traben. Meine Augen ſuchten in der Finſter-
niß meinen geliebten Gatten, und fanden ihn
nicht. Ich glaubte, daß dies Rache des nur
verſtellten aber nicht verſoͤhnten Vaters ſey,
und waͤhnte, daß man mich aus ſeinen Ar-
men geriſſen habe, um mich ewig einzuker-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/275>, abgerufen am 22.11.2024.
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