zu können, und wundere mich izt sehr, daß weder ich noch er der so edlen Schreibekunst, die mir izt statt Worte dient, nicht gedachten, da er sie aber wahrscheinlich auch nicht verstand, so erinnerte er sich dieses Hülfsmittels nie, und behauptete immer, daß eben mein stum- mer und doch so beredter Blick sein Herz so fest und stark feßle. Erst ein halbes Jahr nach unsrer Ehe gestand er mir, daß sein Va- ter von dieser keine Kenntniß habe, daß er aber hoffe, er werde sie einst billigen, und ihm erlauben, mich im Triumphe nach Hofe zu führen. Wie ein Jahr verflossen war, ge- bahr ich ihm eine Tochter. -- Dies warst du, geliebte Kleta." -- -- --
Der Mönch hielte hier inne, er starrte nach Hugo und Kleta hin, die vereint laut auf- schrien, und voll Verzweiflung ihre Hände rangen. So schwindet endlich die lezte mei- ner Hofnungen, jammerte Hugo. Habe ichs
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zu koͤnnen, und wundere mich izt ſehr, daß weder ich noch er der ſo edlen Schreibekunſt, die mir izt ſtatt Worte dient, nicht gedachten, da er ſie aber wahrſcheinlich auch nicht verſtand, ſo erinnerte er ſich dieſes Huͤlfsmittels nie, und behauptete immer, daß eben mein ſtum- mer und doch ſo beredter Blick ſein Herz ſo feſt und ſtark feßle. Erſt ein halbes Jahr nach unſrer Ehe geſtand er mir, daß ſein Va- ter von dieſer keine Kenntniß habe, daß er aber hoffe, er werde ſie einſt billigen, und ihm erlauben, mich im Triumphe nach Hofe zu fuͤhren. Wie ein Jahr verfloſſen war, ge- bahr ich ihm eine Tochter. — Dies warſt du, geliebte Kleta.“ — — —
Der Moͤnch hielte hier inne, er ſtarrte nach Hugo und Kleta hin, die vereint laut auf- ſchrien, und voll Verzweiflung ihre Haͤnde rangen. So ſchwindet endlich die lezte mei- ner Hofnungen, jammerte Hugo. Habe ichs
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zu koͤnnen, und wundere mich izt ſehr, daß
weder ich noch er der ſo edlen Schreibekunſt,
die mir izt ſtatt Worte dient, nicht gedachten,
da er ſie aber wahrſcheinlich auch nicht verſtand,
ſo erinnerte er ſich dieſes Huͤlfsmittels nie,
und behauptete immer, daß eben mein ſtum-
mer und doch ſo beredter Blick ſein Herz ſo
feſt und ſtark feßle. Erſt ein halbes Jahr
nach unſrer Ehe geſtand er mir, daß ſein Va-
ter von dieſer keine Kenntniß habe, daß er
aber hoffe, er werde ſie einſt billigen, und
ihm erlauben, mich im Triumphe nach Hofe
zu fuͤhren. Wie ein Jahr verfloſſen war, ge-
bahr ich ihm eine Tochter. — Dies warſt
du, geliebte Kleta.“ — — —
Der Moͤnch hielte hier inne, er ſtarrte
nach Hugo und Kleta hin, die vereint laut auf-
ſchrien, und voll Verzweiflung ihre Haͤnde
rangen. So ſchwindet endlich die lezte mei-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/269>, abgerufen am 22.11.2024.
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