erfüllte sie gerne, weil ich mich nach meinem Vaterlande sehnte, und vorzüglich zu wissen wünschte: wie es dir ergehe? Ich sprach in Immenthals Veste ein, und erfuhr, daß er todt, sein geliebter Pflegsohn aber an des Kai- sers Hofe lebe, und sein Liebling sei. Eilend floh ich nach Regensburg, sah dich, in dir mein Auge, mein ganzes Gesicht, und fühlte zum erstenmale wieder reine Freude. Niemand kannte mich, ich lebte einsam in meinem Klo- ster, ging nur aus, wenn ich dich sehen konnte, und sättigte mich mit der Ueberzeugung, daß du ein edler, guter Sohn seist. Oft wollte ich mich dir nahen, oft dir es zuflüstern, daß dein Va- ter noch dulde und leide, aber ich zögerte im- mer und bald aus Vorsatz, weil ich dir die Freuden des nahen Turniers nicht verbittern wollte. Ich sah dich oft im Kampfe, und war auch zugegen, als die schönste, aber mir unbe- kannte Jungfrau, dir den Preiß reichte, und deine Wange küßte. Damals ahndete ich noch
erfuͤllte ſie gerne, weil ich mich nach meinem Vaterlande ſehnte, und vorzuͤglich zu wiſſen wuͤnſchte: wie es dir ergehe? Ich ſprach in Immenthals Veſte ein, und erfuhr, daß er todt, ſein geliebter Pflegſohn aber an des Kai- ſers Hofe lebe, und ſein Liebling ſei. Eilend floh ich nach Regensburg, ſah dich, in dir mein Auge, mein ganzes Geſicht, und fuͤhlte zum erſtenmale wieder reine Freude. Niemand kannte mich, ich lebte einſam in meinem Klo- ſter, ging nur aus, wenn ich dich ſehen konnte, und ſaͤttigte mich mit der Ueberzeugung, daß du ein edler, guter Sohn ſeiſt. Oft wollte ich mich dir nahen, oft dir es zufluͤſtern, daß dein Va- ter noch dulde und leide, aber ich zoͤgerte im- mer und bald aus Vorſatz, weil ich dir die Freuden des nahen Turniers nicht verbittern wollte. Ich ſah dich oft im Kampfe, und war auch zugegen, als die ſchoͤnſte, aber mir unbe- kannte Jungfrau, dir den Preiß reichte, und deine Wange kuͤßte. Damals ahndete ich noch
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erfuͤllte ſie gerne, weil ich mich nach meinem
Vaterlande ſehnte, und vorzuͤglich zu wiſſen
wuͤnſchte: wie es dir ergehe? Ich ſprach in
Immenthals Veſte ein, und erfuhr, daß er
todt, ſein geliebter Pflegſohn aber an des Kai-
ſers Hofe lebe, und ſein Liebling ſei. Eilend
floh ich nach Regensburg, ſah dich, in dir mein
Auge, mein ganzes Geſicht, und fuͤhlte zum
erſtenmale wieder reine Freude. Niemand
kannte mich, ich lebte einſam in meinem Klo-
ſter, ging nur aus, wenn ich dich ſehen konnte,
und ſaͤttigte mich mit der Ueberzeugung, daß du
ein edler, guter Sohn ſeiſt. Oft wollte ich mich
dir nahen, oft dir es zufluͤſtern, daß dein Va-
ter noch dulde und leide, aber ich zoͤgerte im-
mer und bald aus Vorſatz, weil ich dir die
Freuden des nahen Turniers nicht verbittern
wollte. Ich ſah dich oft im Kampfe, und war
auch zugegen, als die ſchoͤnſte, aber mir unbe-
kannte Jungfrau, dir den Preiß reichte, und
deine Wange kuͤßte. Damals ahndete ich noch
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/247>, abgerufen am 23.11.2024.
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