de trennen, und in die Arme ihres Gatten rükkehren mußte, der Marggraf versprach diese Ueberwindung hoch zu lohnen, und jubelte aufs neue, als die kleine Prinzessin durch den Abschied der Mutter nicht bekümmert schien, sondern munter und fröhlich zu seinen Füssen spielte. Er ordnete ihr itzt einen vollkomme- nen Hofstaat, ernennte eine der verehrungs- würdigsten Damen seines Landes zur Obrist- hofmeisterinn der kleinen Prinzessin, und über- ließ es ihr, die übrigen Diener und Dienerin- nen nach Gefallen zu wählen.
Diese Dame sah bei ihrer Wahl vorzüg- lich auf Treue und Redlichkeit. Sophie war unter denen, welche sie zum Kammermädgen der Prinzessin bestimmte. Dieser neue Dienst brachte ihr viel höhern Lohn und Gewinn, aber die Pflicht, stets bei der Prinzessin, oft so gar ihre Führerin zu sein, verhinderte sie, ihren geliebten Wilhelm zu sprechen und zu
de trennen, und in die Arme ihres Gatten ruͤkkehren mußte, der Marggraf verſprach dieſe Ueberwindung hoch zu lohnen, und jubelte aufs neue, als die kleine Prinzeſſin durch den Abſchied der Mutter nicht bekuͤmmert ſchien, ſondern munter und froͤhlich zu ſeinen Fuͤſſen ſpielte. Er ordnete ihr itzt einen vollkomme- nen Hofſtaat, ernennte eine der verehrungs- wuͤrdigſten Damen ſeines Landes zur Obriſt- hofmeiſterinn der kleinen Prinzeſſin, und uͤber- ließ es ihr, die uͤbrigen Diener und Dienerin- nen nach Gefallen zu waͤhlen.
Dieſe Dame ſah bei ihrer Wahl vorzuͤg- lich auf Treue und Redlichkeit. Sophie war unter denen, welche ſie zum Kammermaͤdgen der Prinzeſſin beſtimmte. Dieſer neue Dienſt brachte ihr viel hoͤhern Lohn und Gewinn, aber die Pflicht, ſtets bei der Prinzeſſin, oft ſo gar ihre Fuͤhrerin zu ſein, verhinderte ſie, ihren geliebten Wilhelm zu ſprechen und zu
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de trennen, und in die Arme ihres Gatten
ruͤkkehren mußte, der Marggraf verſprach dieſe
Ueberwindung hoch zu lohnen, und jubelte
aufs neue, als die kleine Prinzeſſin durch den
Abſchied der Mutter nicht bekuͤmmert ſchien,
ſondern munter und froͤhlich zu ſeinen Fuͤſſen
ſpielte. Er ordnete ihr itzt einen vollkomme-
nen Hofſtaat, ernennte eine der verehrungs-
wuͤrdigſten Damen ſeines Landes zur Obriſt-
hofmeiſterinn der kleinen Prinzeſſin, und uͤber-
ließ es ihr, die uͤbrigen Diener und Dienerin-
nen nach Gefallen zu waͤhlen.
Dieſe Dame ſah bei ihrer Wahl vorzuͤg-
lich auf Treue und Redlichkeit. Sophie war
unter denen, welche ſie zum Kammermaͤdgen
der Prinzeſſin beſtimmte. Dieſer neue Dienſt
brachte ihr viel hoͤhern Lohn und Gewinn,
aber die Pflicht, ſtets bei der Prinzeſſin, oft
ſo gar ihre Fuͤhrerin zu ſein, verhinderte ſie,
ihren geliebten Wilhelm zu ſprechen und zu
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/20>, abgerufen am 21.11.2024.
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