trug mit seinem Weibe häufigere Opfer nach dem Kloster, er betete mit ihr emsiger und anhaltender in der Kirche desselben, und hofte dadurch Gottes Zorn zu versöhnen, als aber im folgenden Sommer ein starker Wolkenbruch seine grasreichen Wiesen überschwemte, hoch mit Stein und Sand bedeckte, da glaubte er fest und ernstlich, daß die Fürbitte des belei- digten Klosters nicht würken könne, daß er stärkere und kräftigere suchen, und Gottes Zorn durch strengere Busse versöhnen müsse, wenn er Haus und Hof erhalten wolle.
Sein Beichtvater, ein einfältiger, dum- mer Mönch, dessen Rath er heischte, bestärk- te ihn in seinem falschen Glauben, und er- theilte ihm den heilsamen Rath, nach einem zwar entfernten, aber um so berühmtern Klo- ster zu wallfahrten, wo man Macht und Ge- walt habe, die größten Verbrechen zu versöh- nen, und den ruchlosesten Sünder so weiß zu
trug mit ſeinem Weibe haͤufigere Opfer nach dem Kloſter, er betete mit ihr emſiger und anhaltender in der Kirche deſſelben, und hofte dadurch Gottes Zorn zu verſoͤhnen, als aber im folgenden Sommer ein ſtarker Wolkenbruch ſeine grasreichen Wieſen uͤberſchwemte, hoch mit Stein und Sand bedeckte, da glaubte er feſt und ernſtlich, daß die Fuͤrbitte des belei- digten Kloſters nicht wuͤrken koͤnne, daß er ſtaͤrkere und kraͤftigere ſuchen, und Gottes Zorn durch ſtrengere Buſſe verſoͤhnen muͤſſe, wenn er Haus und Hof erhalten wolle.
Sein Beichtvater, ein einfaͤltiger, dum- mer Moͤnch, deſſen Rath er heiſchte, beſtaͤrk- te ihn in ſeinem falſchen Glauben, und er- theilte ihm den heilſamen Rath, nach einem zwar entfernten, aber um ſo beruͤhmtern Klo- ſter zu wallfahrten, wo man Macht und Ge- walt habe, die groͤßten Verbrechen zu verſoͤh- nen, und den ruchloſeſten Suͤnder ſo weiß zu
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0199"n="189"/>
trug mit ſeinem Weibe haͤufigere Opfer nach<lb/>
dem Kloſter, er betete mit ihr emſiger und<lb/>
anhaltender in der Kirche deſſelben, und hofte<lb/>
dadurch Gottes Zorn zu verſoͤhnen, als aber<lb/>
im folgenden Sommer ein ſtarker Wolkenbruch<lb/>ſeine grasreichen Wieſen uͤberſchwemte, hoch<lb/>
mit Stein und Sand bedeckte, da glaubte er<lb/>
feſt und ernſtlich, daß die Fuͤrbitte des belei-<lb/>
digten Kloſters nicht wuͤrken koͤnne, daß er<lb/>ſtaͤrkere und kraͤftigere ſuchen, und Gottes<lb/>
Zorn durch ſtrengere Buſſe verſoͤhnen muͤſſe,<lb/>
wenn er Haus und Hof erhalten wolle.</p><lb/><p>Sein Beichtvater, ein einfaͤltiger, dum-<lb/>
mer Moͤnch, deſſen Rath er heiſchte, beſtaͤrk-<lb/>
te ihn in ſeinem falſchen Glauben, und er-<lb/>
theilte ihm den heilſamen Rath, nach einem<lb/>
zwar entfernten, aber um ſo beruͤhmtern Klo-<lb/>ſter zu wallfahrten, wo man Macht und Ge-<lb/>
walt habe, die groͤßten Verbrechen zu verſoͤh-<lb/>
nen, und den ruchloſeſten Suͤnder ſo weiß zu<lb/></p></div></body></text></TEI>
[189/0199]
trug mit ſeinem Weibe haͤufigere Opfer nach
dem Kloſter, er betete mit ihr emſiger und
anhaltender in der Kirche deſſelben, und hofte
dadurch Gottes Zorn zu verſoͤhnen, als aber
im folgenden Sommer ein ſtarker Wolkenbruch
ſeine grasreichen Wieſen uͤberſchwemte, hoch
mit Stein und Sand bedeckte, da glaubte er
feſt und ernſtlich, daß die Fuͤrbitte des belei-
digten Kloſters nicht wuͤrken koͤnne, daß er
ſtaͤrkere und kraͤftigere ſuchen, und Gottes
Zorn durch ſtrengere Buſſe verſoͤhnen muͤſſe,
wenn er Haus und Hof erhalten wolle.
Sein Beichtvater, ein einfaͤltiger, dum-
mer Moͤnch, deſſen Rath er heiſchte, beſtaͤrk-
te ihn in ſeinem falſchen Glauben, und er-
theilte ihm den heilſamen Rath, nach einem
zwar entfernten, aber um ſo beruͤhmtern Klo-
ſter zu wallfahrten, wo man Macht und Ge-
walt habe, die groͤßten Verbrechen zu verſoͤh-
nen, und den ruchloſeſten Suͤnder ſo weiß zu
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/199>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.