volle Herz wird beistimmen müssen, daß das Leiden der Gräfin unter der unzählbaren Zahl das größte und stärkste war. Wer hier nicht die Gewißheit eines ewigen Lohns über- zeugend fühlt, der verdient zu leiden wie sie, und ohne Aussicht, ohne Hofnung eines Lohns verzweifelnd zu sterben.
Ich müßte das Herz meiner Leser nur mit grösserer Trauer füllen, wenn ich fortfahren wollte, so umständlich zu erzählen, ich will mich daher so kurz als möglich fassen: Da der Anblick der Gräfin und ihrer Kinder dem wahn- sinnigen Grafen nur Quaal und Pein verur- sachte, so mußte man ihn im zweiten Wagen allein fahren lassen. Immer hofte man da- mals noch auf Besserung, versuchte stets neue Mittel zur Ueberzeugung, aber vergebens. Der Unglückliche ließ sich zwar willig nach sei- nem Schlosse führen, aber der Anblick dessel- ben, der Willkomm seiner treuen Diener und
Bauern
volle Herz wird beiſtimmen muͤſſen, daß das Leiden der Graͤfin unter der unzaͤhlbaren Zahl das groͤßte und ſtaͤrkſte war. Wer hier nicht die Gewißheit eines ewigen Lohns uͤber- zeugend fuͤhlt, der verdient zu leiden wie ſie, und ohne Ausſicht, ohne Hofnung eines Lohns verzweifelnd zu ſterben.
Ich muͤßte das Herz meiner Leſer nur mit groͤſſerer Trauer fuͤllen, wenn ich fortfahren wollte, ſo umſtaͤndlich zu erzaͤhlen, ich will mich daher ſo kurz als moͤglich faſſen: Da der Anblick der Graͤfin und ihrer Kinder dem wahn- ſinnigen Grafen nur Quaal und Pein verur- ſachte, ſo mußte man ihn im zweiten Wagen allein fahren laſſen. Immer hofte man da- mals noch auf Beſſerung, verſuchte ſtets neue Mittel zur Ueberzeugung, aber vergebens. Der Ungluͤckliche ließ ſich zwar willig nach ſei- nem Schloſſe fuͤhren, aber der Anblick deſſel- ben, der Willkomm ſeiner treuen Diener und
Bauern
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volle Herz wird beiſtimmen muͤſſen, daß
das Leiden der Graͤfin unter der unzaͤhlbaren
Zahl das groͤßte und ſtaͤrkſte war. Wer hier
nicht die Gewißheit eines ewigen Lohns uͤber-
zeugend fuͤhlt, der verdient zu leiden wie ſie,
und ohne Ausſicht, ohne Hofnung eines Lohns
verzweifelnd zu ſterben.
Ich muͤßte das Herz meiner Leſer nur mit
groͤſſerer Trauer fuͤllen, wenn ich fortfahren
wollte, ſo umſtaͤndlich zu erzaͤhlen, ich will
mich daher ſo kurz als moͤglich faſſen: Da der
Anblick der Graͤfin und ihrer Kinder dem wahn-
ſinnigen Grafen nur Quaal und Pein verur-
ſachte, ſo mußte man ihn im zweiten Wagen
allein fahren laſſen. Immer hofte man da-
mals noch auf Beſſerung, verſuchte ſtets neue
Mittel zur Ueberzeugung, aber vergebens.
Der Ungluͤckliche ließ ſich zwar willig nach ſei-
nem Schloſſe fuͤhren, aber der Anblick deſſel-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/186>, abgerufen am 22.11.2024.
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