Rocke hängen blieb, oder sie ihm den Kuß verweigerte, weil er leicht eben so flatterhaft wie ein gewöhnlicher Soldat werden könne, denn diese standen schon dazumal in dem Ru- fe, daß sie mit jedem Standquartiere auch ihr Mädchen verwechselten.
Als er seine Sophie über diesen Gegen- stand vollkommen beruhigt, ihr ewige Treue geschworen, sie nach Verlauf seiner Dienstzeit zu heurathen gelobt hatte, langte am Hofe des Marggrafen die einzige Tochter desselben zum Besuche an. Sie hatte den Erbprinzen von K -- geheurathet, lebte mit diesem in der glücklichsten Ehe, und führte die Frucht derselben eine dreijährige Prinzessinn an der mütterlichen Hand, als ihr der entzückte Va- ter zum frohen Willkomme entgegen eilte.
Der Marggraf war ein grosser Kinder- freund, wenn er auf seinen Spaziergängen
Rocke haͤngen blieb, oder ſie ihm den Kuß verweigerte, weil er leicht eben ſo flatterhaft wie ein gewoͤhnlicher Soldat werden koͤnne, denn dieſe ſtanden ſchon dazumal in dem Ru- fe, daß ſie mit jedem Standquartiere auch ihr Maͤdchen verwechſelten.
Als er ſeine Sophie uͤber dieſen Gegen- ſtand vollkommen beruhigt, ihr ewige Treue geſchworen, ſie nach Verlauf ſeiner Dienſtzeit zu heurathen gelobt hatte, langte am Hofe des Marggrafen die einzige Tochter deſſelben zum Beſuche an. Sie hatte den Erbprinzen von K — geheurathet, lebte mit dieſem in der gluͤcklichſten Ehe, und fuͤhrte die Frucht derſelben eine dreijaͤhrige Prinzeſſinn an der muͤtterlichen Hand, als ihr der entzuͤckte Va- ter zum frohen Willkomme entgegen eilte.
Der Marggraf war ein groſſer Kinder- freund, wenn er auf ſeinen Spaziergaͤngen
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Rocke haͤngen blieb, oder ſie ihm den Kuß
verweigerte, weil er leicht eben ſo flatterhaft
wie ein gewoͤhnlicher Soldat werden koͤnne,
denn dieſe ſtanden ſchon dazumal in dem Ru-
fe, daß ſie mit jedem Standquartiere auch ihr
Maͤdchen verwechſelten.
Als er ſeine Sophie uͤber dieſen Gegen-
ſtand vollkommen beruhigt, ihr ewige Treue
geſchworen, ſie nach Verlauf ſeiner Dienſtzeit
zu heurathen gelobt hatte, langte am Hofe
des Marggrafen die einzige Tochter deſſelben
zum Beſuche an. Sie hatte den Erbprinzen
von K — geheurathet, lebte mit dieſem in
der gluͤcklichſten Ehe, und fuͤhrte die Frucht
derſelben eine dreijaͤhrige Prinzeſſinn an der
muͤtterlichen Hand, als ihr der entzuͤckte Va-
ter zum frohen Willkomme entgegen eilte.
Der Marggraf war ein groſſer Kinder-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 4. Leipzig, 1796, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien04_1796/18>, abgerufen am 26.04.2024.
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