"nehmen, den Strich ihrer seidnen Hand füh- "len, den unnachahmlichen Blick ihres gro- "ßen Auges auffangen zu können; aber, "aber -- --"
Hier hatte zum größten Mißvergnügen der lesenden Amalie der unbekannte Schreiber ge- endet. Mit innigem, noch nie gefühlten Ver- gnügen wiederholte sie die lezten Zeilen, wenn sie aber bis ans Ende kam, da sank ihr Blick traurig zu Boden, das zweimal wiederholte Aber schien so ganz das angenehme Lob ver- nichten zu wollen. Daß sie es übrigens sei, von welcher der Unbekannte spräche, ward ihr um deswillen zur vollen Ueberzeugung, weil sie sich deutlich der ganzen Handlung erin- nerte, welche sie gestern an einem kleinen Bauernbuben geübt hatte.
Sie suchte endlich nach mehrern Lichte in der Schreibtafel umher, und fand in einer
„nehmen, den Strich ihrer ſeidnen Hand fuͤh- „len, den unnachahmlichen Blick ihres gro- „ßen Auges auffangen zu koͤnnen; aber, „aber — —“
Hier hatte zum groͤßten Mißvergnuͤgen der leſenden Amalie der unbekannte Schreiber ge- endet. Mit innigem, noch nie gefuͤhlten Ver- gnuͤgen wiederholte ſie die lezten Zeilen, wenn ſie aber bis ans Ende kam, da ſank ihr Blick traurig zu Boden, das zweimal wiederholte Aber ſchien ſo ganz das angenehme Lob ver- nichten zu wollen. Daß ſie es uͤbrigens ſei, von welcher der Unbekannte ſpraͤche, ward ihr um deswillen zur vollen Ueberzeugung, weil ſie ſich deutlich der ganzen Handlung erin- nerte, welche ſie geſtern an einem kleinen Bauernbuben geuͤbt hatte.
Sie ſuchte endlich nach mehrern Lichte in der Schreibtafel umher, und fand in einer
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0038"n="24"/>„nehmen, den Strich ihrer ſeidnen Hand fuͤh-<lb/>„len, den unnachahmlichen Blick ihres gro-<lb/>„ßen Auges auffangen zu koͤnnen; aber,<lb/>„aber ——“</p><lb/><p>Hier hatte zum groͤßten Mißvergnuͤgen der<lb/>
leſenden Amalie der unbekannte Schreiber ge-<lb/>
endet. Mit innigem, noch nie gefuͤhlten Ver-<lb/>
gnuͤgen wiederholte ſie die lezten Zeilen, wenn<lb/>ſie aber bis ans Ende kam, da ſank ihr Blick<lb/>
traurig zu Boden, das zweimal wiederholte<lb/><hirendition="#g">Aber</hi>ſchien ſo ganz das angenehme Lob ver-<lb/>
nichten zu wollen. Daß ſie es uͤbrigens ſei,<lb/>
von welcher der Unbekannte ſpraͤche, ward ihr<lb/>
um deswillen zur vollen Ueberzeugung, weil<lb/>ſie ſich deutlich der ganzen Handlung erin-<lb/>
nerte, welche ſie geſtern an einem kleinen<lb/>
Bauernbuben geuͤbt hatte.</p><lb/><p>Sie ſuchte endlich nach mehrern Lichte in<lb/>
der Schreibtafel umher, und fand in einer<lb/></p></div></body></text></TEI>
[24/0038]
„nehmen, den Strich ihrer ſeidnen Hand fuͤh-
„len, den unnachahmlichen Blick ihres gro-
„ßen Auges auffangen zu koͤnnen; aber,
„aber — —“
Hier hatte zum groͤßten Mißvergnuͤgen der
leſenden Amalie der unbekannte Schreiber ge-
endet. Mit innigem, noch nie gefuͤhlten Ver-
gnuͤgen wiederholte ſie die lezten Zeilen, wenn
ſie aber bis ans Ende kam, da ſank ihr Blick
traurig zu Boden, das zweimal wiederholte
Aber ſchien ſo ganz das angenehme Lob ver-
nichten zu wollen. Daß ſie es uͤbrigens ſei,
von welcher der Unbekannte ſpraͤche, ward ihr
um deswillen zur vollen Ueberzeugung, weil
ſie ſich deutlich der ganzen Handlung erin-
nerte, welche ſie geſtern an einem kleinen
Bauernbuben geuͤbt hatte.
Sie ſuchte endlich nach mehrern Lichte in
der Schreibtafel umher, und fand in einer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/38>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.