lien vom schmähligen Tode gerettet, sie nicht eher, als bis die Einwohner des Dorfs zu ihrer Unterstützung herbei eilten, verlassen. Es war daher kein Wunder, daß die Gestalt des edlen und schönen Retters tiefen Ein- druck auf ihr Herz machte, es mit Wünschen füllte, die sie bisher noch nicht gekannt hatte.
Noch staunte sie dem Entflohenen in die weite Ferne nach, hofte vergebens, daß er rückkehren würde; als ein Greis ihr eine Schreibtafel überreichte, welche er in dem Gra- ben gefunden hatte. Sie war geöfnet, nicht unedle Neugierde des Weibes, sondern sehn- liches Verlangen, den Retter durch diesen glücklichen Zufall näher kennen zu lernen, ver- leitete Amalie, solche zu durchblättern. Sie war leer, nur zwei Seiten waren beschrieben, es schienen flüchtige Gedanken, welche der Verfasser eben entworfen hatte, als Amaliens ängstliches Geschrei ihn zu Hülfe rief. Ama-
lien vom ſchmaͤhligen Tode gerettet, ſie nicht eher, als bis die Einwohner des Dorfs zu ihrer Unterſtuͤtzung herbei eilten, verlaſſen. Es war daher kein Wunder, daß die Geſtalt des edlen und ſchoͤnen Retters tiefen Ein- druck auf ihr Herz machte, es mit Wuͤnſchen fuͤllte, die ſie bisher noch nicht gekannt hatte.
Noch ſtaunte ſie dem Entflohenen in die weite Ferne nach, hofte vergebens, daß er ruͤckkehren wuͤrde; als ein Greis ihr eine Schreibtafel uͤberreichte, welche er in dem Gra- ben gefunden hatte. Sie war geoͤfnet, nicht unedle Neugierde des Weibes, ſondern ſehn- liches Verlangen, den Retter durch dieſen gluͤcklichen Zufall naͤher kennen zu lernen, ver- leitete Amalie, ſolche zu durchblaͤttern. Sie war leer, nur zwei Seiten waren beſchrieben, es ſchienen fluͤchtige Gedanken, welche der Verfaſſer eben entworfen hatte, als Amaliens aͤngſtliches Geſchrei ihn zu Huͤlfe rief. Ama-
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lien vom ſchmaͤhligen Tode gerettet, ſie nicht
eher, als bis die Einwohner des Dorfs zu
ihrer Unterſtuͤtzung herbei eilten, verlaſſen.
Es war daher kein Wunder, daß die Geſtalt
des edlen und ſchoͤnen Retters tiefen Ein-
druck auf ihr Herz machte, es mit Wuͤnſchen
fuͤllte, die ſie bisher noch nicht gekannt hatte.
Noch ſtaunte ſie dem Entflohenen in die
weite Ferne nach, hofte vergebens, daß er
ruͤckkehren wuͤrde; als ein Greis ihr eine
Schreibtafel uͤberreichte, welche er in dem Gra-
ben gefunden hatte. Sie war geoͤfnet, nicht
unedle Neugierde des Weibes, ſondern ſehn-
liches Verlangen, den Retter durch dieſen
gluͤcklichen Zufall naͤher kennen zu lernen, ver-
leitete Amalie, ſolche zu durchblaͤttern. Sie
war leer, nur zwei Seiten waren beſchrieben,
es ſchienen fluͤchtige Gedanken, welche der
Verfaſſer eben entworfen hatte, als Amaliens
aͤngſtliches Geſchrei ihn zu Huͤlfe rief. Ama-
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/35>, abgerufen am 21.11.2024.
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