er, und weilte oft lange mit ihrem Blicke auf ihm. Dies war aber auch alles, was er durch volle zwei Monden, von welchem jeder Tag seine Liebe mehrte, gewinnen konnte. Die Ehrfurcht erlaubte es ihm nicht, die Mutter sammt der Tochter auf der Strasse oder in der Kirche anzureden, und wollte er es wagen, unter irgend einem erdichteten Vorwande in ihr Haus einzudringen, so ward er immer mit der Versicherung zurückgwiesen, daß keinem Ritter der Eingang offen stehe. Jeder, mit welchem er sprach, kannte die schöne Kleta, aber keiner unter allen hatte Zutritt in ihrem Hause, oder war fähig, ihm solchen zu bewür- ken.
Wie schon namenlose Liebe an seinem Her- zen nagte, er in mancher durchwachten Nacht hundert Plane entwarf, von welchen er am andern Tage keinen ausführbar fand, machte ihm der Kaiser kund, daß er zur Uebung sei-
er, und weilte oft lange mit ihrem Blicke auf ihm. Dies war aber auch alles, was er durch volle zwei Monden, von welchem jeder Tag ſeine Liebe mehrte, gewinnen konnte. Die Ehrfurcht erlaubte es ihm nicht, die Mutter ſammt der Tochter auf der Straſſe oder in der Kirche anzureden, und wollte er es wagen, unter irgend einem erdichteten Vorwande in ihr Haus einzudringen, ſo ward er immer mit der Verſicherung zuruͤckgwieſen, daß keinem Ritter der Eingang offen ſtehe. Jeder, mit welchem er ſprach, kannte die ſchoͤne Kleta, aber keiner unter allen hatte Zutritt in ihrem Hauſe, oder war faͤhig, ihm ſolchen zu bewuͤr- ken.
Wie ſchon namenloſe Liebe an ſeinem Her- zen nagte, er in mancher durchwachten Nacht hundert Plane entwarf, von welchen er am andern Tage keinen ausfuͤhrbar fand, machte ihm der Kaiſer kund, daß er zur Uebung ſei-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0342"n="328"/>
er, und weilte oft lange mit ihrem Blicke auf<lb/>
ihm. Dies war aber auch alles, was er durch<lb/>
volle zwei Monden, von welchem jeder Tag<lb/>ſeine Liebe mehrte, gewinnen konnte. Die<lb/>
Ehrfurcht erlaubte es ihm nicht, die Mutter<lb/>ſammt der Tochter auf der Straſſe oder in der<lb/>
Kirche anzureden, und wollte er es wagen,<lb/>
unter irgend einem erdichteten Vorwande in<lb/>
ihr Haus einzudringen, ſo ward er immer mit<lb/>
der Verſicherung zuruͤckgwieſen, daß keinem<lb/>
Ritter der Eingang offen ſtehe. Jeder, mit<lb/>
welchem er ſprach, kannte die ſchoͤne Kleta,<lb/>
aber keiner unter allen hatte Zutritt in ihrem<lb/>
Hauſe, oder war faͤhig, ihm ſolchen zu bewuͤr-<lb/>
ken.</p><lb/><p>Wie ſchon namenloſe Liebe an ſeinem Her-<lb/>
zen nagte, er in mancher durchwachten Nacht<lb/>
hundert Plane entwarf, von welchen er am<lb/>
andern Tage keinen ausfuͤhrbar fand, machte<lb/>
ihm der Kaiſer kund, daß er zur Uebung ſei-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[328/0342]
er, und weilte oft lange mit ihrem Blicke auf
ihm. Dies war aber auch alles, was er durch
volle zwei Monden, von welchem jeder Tag
ſeine Liebe mehrte, gewinnen konnte. Die
Ehrfurcht erlaubte es ihm nicht, die Mutter
ſammt der Tochter auf der Straſſe oder in der
Kirche anzureden, und wollte er es wagen,
unter irgend einem erdichteten Vorwande in
ihr Haus einzudringen, ſo ward er immer mit
der Verſicherung zuruͤckgwieſen, daß keinem
Ritter der Eingang offen ſtehe. Jeder, mit
welchem er ſprach, kannte die ſchoͤne Kleta,
aber keiner unter allen hatte Zutritt in ihrem
Hauſe, oder war faͤhig, ihm ſolchen zu bewuͤr-
ken.
Wie ſchon namenloſe Liebe an ſeinem Her-
zen nagte, er in mancher durchwachten Nacht
hundert Plane entwarf, von welchen er am
andern Tage keinen ausfuͤhrbar fand, machte
ihm der Kaiſer kund, daß er zur Uebung ſei-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/342>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.