Alles eins! alles eins, sprach der Wahn- sinnige, indem er an meinen Stiefeln umher maaß, ich mache Stiefeln und Schuhe, wie man sie fordert! Habe zwar sehr viel Arbeit, muß eben für ein ganzes Regiment neue Schuhe verfertigen, aber mit Gottes Hülfe werde ich doch auch fertig werden! Wenn man ein krankes Weib und sieben Kinder zu ernähren hat, muß man keine Kundschaft verachten. Ihr Diener, mein Herr, ihr Die- ner! Morgen um diese Zeit kann ihr Be- dienter anfragen, sie werden wohlfeil und gut bedient werden.
(er sezte sich wieder zu seiner Ar- beit rufend): Anne, gieb dem Herrn ei- nen Stuhl, und laß mir die Kinder nicht so schreien, gieb jedem ein Stück Brod, ich habe ja heute vollanf gekauft. Weine nicht im- mer, hast's nicht Ursache! So lange mir Gott Gesundheit und Arbeit giebt, hat's mit
Biogr. d. W. 3. B. S
Alles eins! alles eins, ſprach der Wahn- ſinnige, indem er an meinen Stiefeln umher maaß, ich mache Stiefeln und Schuhe, wie man ſie fordert! Habe zwar ſehr viel Arbeit, muß eben fuͤr ein ganzes Regiment neue Schuhe verfertigen, aber mit Gottes Huͤlfe werde ich doch auch fertig werden! Wenn man ein krankes Weib und ſieben Kinder zu ernaͤhren hat, muß man keine Kundſchaft verachten. Ihr Diener, mein Herr, ihr Die- ner! Morgen um dieſe Zeit kann ihr Be- dienter anfragen, ſie werden wohlfeil und gut bedient werden.
(er ſezte ſich wieder zu ſeiner Ar- beit rufend): Anne, gieb dem Herrn ei- nen Stuhl, und laß mir die Kinder nicht ſo ſchreien, gieb jedem ein Stuͤck Brod, ich habe ja heute vollanf gekauft. Weine nicht im- mer, haſt's nicht Urſache! So lange mir Gott Geſundheit und Arbeit giebt, hat's mit
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Alles eins! alles eins, ſprach der Wahn-
ſinnige, indem er an meinen Stiefeln umher
maaß, ich mache Stiefeln und Schuhe, wie
man ſie fordert! Habe zwar ſehr viel Arbeit,
muß eben fuͤr ein ganzes Regiment neue
Schuhe verfertigen, aber mit Gottes Huͤlfe
werde ich doch auch fertig werden! Wenn
man ein krankes Weib und ſieben Kinder zu
ernaͤhren hat, muß man keine Kundſchaft
verachten. Ihr Diener, mein Herr, ihr Die-
ner! Morgen um dieſe Zeit kann ihr Be-
dienter anfragen, ſie werden wohlfeil und
gut bedient werden.
(er ſezte ſich wieder zu ſeiner Ar-
beit rufend): Anne, gieb dem Herrn ei-
nen Stuhl, und laß mir die Kinder nicht ſo
ſchreien, gieb jedem ein Stuͤck Brod, ich
habe ja heute vollanf gekauft. Weine nicht im-
mer, haſt's nicht Urſache! So lange mir
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/287>, abgerufen am 25.11.2024.
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