Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

der, welche gesund und munter heranwuch-
sen, und den zärtlichen Vater manche Freu-
de gewährten, wenn er nach vollbrachten
Dienststunden in die Arme seiner Familie zu-
rückkehrte. Er lebte nicht sparsam, aber
häußlich; konnte zwar bei so zahlreichen Kin-
dern nicht sammlen, aber er gab auch nie
mehr aus, als er einnahm. Er liebte Ord-
nung und Richtigkeit im äussersten Grade,
trieb sie oft bis zur Aengstlichkeit, aber nie-
mand verdachte ihm dies, weil er jährlich Mil-
lionen einzunehmen und auszugeben hatte,
und bei so großen Summen äusserste Auf-
merksamkeit erfordert wurde. Seine Kasse muß-
te jährlich viermal untersucht werden, man
kannte seine Redlichkeit und Treue, wollte
aus dieser Rücksicht ihn oftmals den Abschluß
ersparen, aber er war nie zu bewegen, diese
Wohlthat anzunehmen, und bat dringend,
daß man das Gesetz streng an ihm erfüllen
möge.


der, welche geſund und munter heranwuch-
ſen, und den zaͤrtlichen Vater manche Freu-
de gewaͤhrten, wenn er nach vollbrachten
Dienſtſtunden in die Arme ſeiner Familie zu-
ruͤckkehrte. Er lebte nicht ſparſam, aber
haͤußlich; konnte zwar bei ſo zahlreichen Kin-
dern nicht ſammlen, aber er gab auch nie
mehr aus, als er einnahm. Er liebte Ord-
nung und Richtigkeit im aͤuſſerſten Grade,
trieb ſie oft bis zur Aengſtlichkeit, aber nie-
mand verdachte ihm dies, weil er jaͤhrlich Mil-
lionen einzunehmen und auszugeben hatte,
und bei ſo großen Summen aͤuſſerſte Auf-
merkſamkeit erfordert wurde. Seine Kaſſe muß-
te jaͤhrlich viermal unterſucht werden, man
kannte ſeine Redlichkeit und Treue, wollte
aus dieſer Ruͤckſicht ihn oftmals den Abſchluß
erſparen, aber er war nie zu bewegen, dieſe
Wohlthat anzunehmen, und bat dringend,
daß man das Geſetz ſtreng an ihm erfuͤllen
moͤge.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0250" n="236"/>
der, welche ge&#x017F;und und munter heranwuch-<lb/>
&#x017F;en, und den za&#x0364;rtlichen Vater manche Freu-<lb/>
de gewa&#x0364;hrten, wenn er nach vollbrachten<lb/>
Dien&#x017F;t&#x017F;tunden in die Arme &#x017F;einer Familie zu-<lb/>
ru&#x0364;ckkehrte. Er lebte nicht &#x017F;par&#x017F;am, aber<lb/>
ha&#x0364;ußlich; konnte zwar bei &#x017F;o zahlreichen Kin-<lb/>
dern nicht &#x017F;ammlen, aber er gab auch nie<lb/>
mehr aus, als er einnahm. Er liebte Ord-<lb/>
nung und Richtigkeit im a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ten Grade,<lb/>
trieb &#x017F;ie oft bis zur Aeng&#x017F;tlichkeit, aber nie-<lb/>
mand verdachte ihm dies, weil er ja&#x0364;hrlich Mil-<lb/>
lionen einzunehmen und auszugeben hatte,<lb/>
und bei &#x017F;o großen Summen a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;er&#x017F;te Auf-<lb/>
merk&#x017F;amkeit erfordert wurde. Seine Ka&#x017F;&#x017F;e muß-<lb/>
te ja&#x0364;hrlich viermal unter&#x017F;ucht werden, man<lb/>
kannte &#x017F;eine Redlichkeit und Treue, wollte<lb/>
aus die&#x017F;er Ru&#x0364;ck&#x017F;icht ihn oftmals den Ab&#x017F;chluß<lb/>
er&#x017F;paren, aber er war nie zu bewegen, die&#x017F;e<lb/>
Wohlthat anzunehmen, und bat dringend,<lb/>
daß man das Ge&#x017F;etz &#x017F;treng an ihm erfu&#x0364;llen<lb/>
mo&#x0364;ge.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[236/0250] der, welche geſund und munter heranwuch- ſen, und den zaͤrtlichen Vater manche Freu- de gewaͤhrten, wenn er nach vollbrachten Dienſtſtunden in die Arme ſeiner Familie zu- ruͤckkehrte. Er lebte nicht ſparſam, aber haͤußlich; konnte zwar bei ſo zahlreichen Kin- dern nicht ſammlen, aber er gab auch nie mehr aus, als er einnahm. Er liebte Ord- nung und Richtigkeit im aͤuſſerſten Grade, trieb ſie oft bis zur Aengſtlichkeit, aber nie- mand verdachte ihm dies, weil er jaͤhrlich Mil- lionen einzunehmen und auszugeben hatte, und bei ſo großen Summen aͤuſſerſte Auf- merkſamkeit erfordert wurde. Seine Kaſſe muß- te jaͤhrlich viermal unterſucht werden, man kannte ſeine Redlichkeit und Treue, wollte aus dieſer Ruͤckſicht ihn oftmals den Abſchluß erſparen, aber er war nie zu bewegen, dieſe Wohlthat anzunehmen, und bat dringend, daß man das Geſetz ſtreng an ihm erfuͤllen moͤge.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/250
Zitationshilfe: Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/250>, abgerufen am 24.11.2024.