könne, wenn er ihn seine Geliebte wieder- schenke, und die Heurath mit ihr erlaube. Ehe ich Antwort von ihm erwarten konnte, erschien der redliche Alte selbst, und brachte die Geliebte seines unglücklichen Neffens mit sich.
Ich bereitete diesen auf beider Empfang vor, aber er schien meine Erzählung gar nicht zu achten, scherzte über andre Dinge, und war lustig und fröhlich. O bester Freund, vergessen will ich die rührende Szene nie, als ich endlich den guten Alten samt der Gelieb- ten an sein Bette führte. Sie war rührend und herzangreifend!
Der Alte wollte den längst entbehrten Liebling umarmen, aber der Unglückliche stieß ihn von sich, weil er ihn für den Teufel an- sah, der ihn zu holen käme. Seine Gelieb- te reichte ihm schluchzend die Hand, aber wir
koͤnne, wenn er ihn ſeine Geliebte wieder- ſchenke, und die Heurath mit ihr erlaube. Ehe ich Antwort von ihm erwarten konnte, erſchien der redliche Alte ſelbſt, und brachte die Geliebte ſeines ungluͤcklichen Neffens mit ſich.
Ich bereitete dieſen auf beider Empfang vor, aber er ſchien meine Erzaͤhlung gar nicht zu achten, ſcherzte uͤber andre Dinge, und war luſtig und froͤhlich. O beſter Freund, vergeſſen will ich die ruͤhrende Szene nie, als ich endlich den guten Alten ſamt der Gelieb- ten an ſein Bette fuͤhrte. Sie war ruͤhrend und herzangreifend!
Der Alte wollte den laͤngſt entbehrten Liebling umarmen, aber der Ungluͤckliche ſtieß ihn von ſich, weil er ihn fuͤr den Teufel an- ſah, der ihn zu holen kaͤme. Seine Gelieb- te reichte ihm ſchluchzend die Hand, aber wir
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koͤnne, wenn er ihn ſeine Geliebte wieder-
ſchenke, und die Heurath mit ihr erlaube.
Ehe ich Antwort von ihm erwarten konnte,
erſchien der redliche Alte ſelbſt, und brachte
die Geliebte ſeines ungluͤcklichen Neffens mit
ſich.
Ich bereitete dieſen auf beider Empfang
vor, aber er ſchien meine Erzaͤhlung gar
nicht zu achten, ſcherzte uͤber andre Dinge,
und war luſtig und froͤhlich. O beſter Freund,
vergeſſen will ich die ruͤhrende Szene nie, als
ich endlich den guten Alten ſamt der Gelieb-
ten an ſein Bette fuͤhrte. Sie war ruͤhrend
und herzangreifend!
Der Alte wollte den laͤngſt entbehrten
Liebling umarmen, aber der Ungluͤckliche ſtieß
ihn von ſich, weil er ihn fuͤr den Teufel an-
ſah, der ihn zu holen kaͤme. Seine Gelieb-
te reichte ihm ſchluchzend die Hand, aber wir
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Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spiess_biographien03_1796/244>, abgerufen am 24.11.2024.
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