Spiess, Christian Heinrich: Biographien der Wahnsinnigen. Bd. 2. Leipzig, 1796.Thränen löschten oft die Buchstaben, welche seine Karolinens Jammer war groß, ihre Trauer Durch dieß Versprechen getröstet, beschleunigte Thraͤnen loͤſchten oft die Buchſtaben, welche ſeine Karolinens Jammer war groß, ihre Trauer Durch dieß Verſprechen getroͤſtet, beſchleunigte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0146" n="138"/> Thraͤnen loͤſchten oft die Buchſtaben, welche ſeine<lb/> zitternde Hand ſchrieb. Am dritten Tage wurde<lb/> er mit den uͤbrigen Rekruten der Herrſchaft nach<lb/> einer nahen Stadt gefuͤhrt, in welcher das Regi-<lb/> ment lag, bei welchem ſie dienen ſollten. Nie-<lb/> mand wirds Konraden verdenken, daß er auch<lb/> hier mit Huͤlfe ſeiner Louisd'ors Entlaſſung ſuch-<lb/> te; aber der Offizier, welcher ihn uͤbernahm, war<lb/> zu gewiſſenhaft, um ſich durch den Schein des<lb/> Goldes blenden zu laſſen, Konrad mußte in kur-<lb/> zer Zeit zu der Fahne des Regiments ſchwoͤren,<lb/> und alle Hofnung, vor Ende des Kriegs befreit<lb/> zu werden, war nun verlohren.</p><lb/> <p>Karolinens Jammer war groß, ihre Trauer<lb/> unnennbar, als ſie das ungluͤckliche Schickſal ih-<lb/> res Theuern erfuhr, ſie hatte ihn ſchon jeden Tag<lb/> mit Sehnſucht erwartet, ſollte ihn jetzt lang miſ-<lb/> ſen, dieß war mehr, als ihr Herz zu ertragen<lb/> vermochte. Ihre Thraͤnen, ihr Flehen ruͤhrte den<lb/> Vater, er reiſte nach Boͤhmen, und nahm eine<lb/> große Summe Gelds mit ſich, um mit dieſer Kon-<lb/> rads Freiheit zu erkaufen. Er ward auf ſeiner<lb/> Reiſe mit einem Werboffizier bekannt, welchem<lb/> er ſeine Noth klagte, und von dieſem die Ver-<lb/> ſicherung erhielt, daß er ihm fuͤr baares Geld zwei<lb/> tuͤchtige Rekruten ſtellen wolle, wenn man ſolche,<lb/> wie er ſicher glaubte, fuͤr Konrads Entlaſſung<lb/> fordern wuͤrde.</p><lb/> <p>Durch dieß Verſprechen getroͤſtet, beſchleunigte<lb/> der Alte ſeine Reiſe, wie er aber in der Stadt,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [138/0146]
Thraͤnen loͤſchten oft die Buchſtaben, welche ſeine
zitternde Hand ſchrieb. Am dritten Tage wurde
er mit den uͤbrigen Rekruten der Herrſchaft nach
einer nahen Stadt gefuͤhrt, in welcher das Regi-
ment lag, bei welchem ſie dienen ſollten. Nie-
mand wirds Konraden verdenken, daß er auch
hier mit Huͤlfe ſeiner Louisd'ors Entlaſſung ſuch-
te; aber der Offizier, welcher ihn uͤbernahm, war
zu gewiſſenhaft, um ſich durch den Schein des
Goldes blenden zu laſſen, Konrad mußte in kur-
zer Zeit zu der Fahne des Regiments ſchwoͤren,
und alle Hofnung, vor Ende des Kriegs befreit
zu werden, war nun verlohren.
Karolinens Jammer war groß, ihre Trauer
unnennbar, als ſie das ungluͤckliche Schickſal ih-
res Theuern erfuhr, ſie hatte ihn ſchon jeden Tag
mit Sehnſucht erwartet, ſollte ihn jetzt lang miſ-
ſen, dieß war mehr, als ihr Herz zu ertragen
vermochte. Ihre Thraͤnen, ihr Flehen ruͤhrte den
Vater, er reiſte nach Boͤhmen, und nahm eine
große Summe Gelds mit ſich, um mit dieſer Kon-
rads Freiheit zu erkaufen. Er ward auf ſeiner
Reiſe mit einem Werboffizier bekannt, welchem
er ſeine Noth klagte, und von dieſem die Ver-
ſicherung erhielt, daß er ihm fuͤr baares Geld zwei
tuͤchtige Rekruten ſtellen wolle, wenn man ſolche,
wie er ſicher glaubte, fuͤr Konrads Entlaſſung
fordern wuͤrde.
Durch dieß Verſprechen getroͤſtet, beſchleunigte
der Alte ſeine Reiſe, wie er aber in der Stadt,
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