reitet, nach welcher die Hauslehrer ein Zeugniß des Pfarrers ihres betreffenden Kirchspiels über ihre Reli¬ giosität und Moralität beizubringen haben. Wir wollen es Herrn Dr. Stein schwer machen, ein solches beizubringen;" und der Pastor lächelte schlau.
"Wissen Sie schon das Neueste, meine Herrschaf¬ ten," rief Felix, ein Billet, das ihm so eben von dem Bedienten, welcher das Kaffeeservice in die Laube trug, übergeben war, in der Hand haltend; "Cloten hat sich mit der kleinen Breesen verlobt; hier schickt er mir, als seinem besten Freunde, die erste Karte; die Anderen kriegen erst morgen welche."
"Ich kann Ihnen ein Paroli biegen," sagte der Pastor. "Wer denken Sie, gnädige Frau, daß seit gestern Abend wieder hier ist?"
"Nun?"
"Frau von Berkow."
"Nicht möglich!"
"Ich weiß es ganz genau. Sie hat, einem in dem Testament geäußerten Wunsch ihres Gemals zu¬ folge die Leiche desselben von N. hierher schaffen lassen. Der Sarg kommt noch in dieser Nacht, um morgen von mir auf dem Faschwitzer Kirchhof eingesegnet zu werden."
reitet, nach welcher die Hauslehrer ein Zeugniß des Pfarrers ihres betreffenden Kirchſpiels über ihre Reli¬ gioſität und Moralität beizubringen haben. Wir wollen es Herrn Dr. Stein ſchwer machen, ein ſolches beizubringen;“ und der Paſtor lächelte ſchlau.
„Wiſſen Sie ſchon das Neueſte, meine Herrſchaf¬ ten,“ rief Felix, ein Billet, das ihm ſo eben von dem Bedienten, welcher das Kaffeeſervice in die Laube trug, übergeben war, in der Hand haltend; „Cloten hat ſich mit der kleinen Breeſen verlobt; hier ſchickt er mir, als ſeinem beſten Freunde, die erſte Karte; die Anderen kriegen erſt morgen welche.“
„Ich kann Ihnen ein Paroli biegen,“ ſagte der Paſtor. „Wer denken Sie, gnädige Frau, daß ſeit geſtern Abend wieder hier iſt?“
„Nun?“
„Frau von Berkow.“
„Nicht möglich!“
„Ich weiß es ganz genau. Sie hat, einem in dem Teſtament geäußerten Wunſch ihres Gemals zu¬ folge die Leiche deſſelben von N. hierher ſchaffen laſſen. Der Sarg kommt noch in dieſer Nacht, um morgen von mir auf dem Faſchwitzer Kirchhof eingeſegnet zu werden.“
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0181"n="171"/>
reitet, nach welcher die Hauslehrer ein Zeugniß des<lb/>
Pfarrers ihres betreffenden Kirchſpiels über ihre Reli¬<lb/>
gioſität und Moralität beizubringen haben. Wir<lb/>
wollen es Herrn <hirendition="#aq">Dr.</hi> Stein ſchwer machen, ein ſolches<lb/>
beizubringen;“ und der Paſtor lächelte ſchlau.</p><lb/><p>„Wiſſen Sie ſchon das Neueſte, meine Herrſchaf¬<lb/>
ten,“ rief Felix, ein Billet, das ihm ſo eben von dem<lb/>
Bedienten, welcher das Kaffeeſervice in die Laube trug,<lb/>
übergeben war, in der Hand haltend; „Cloten hat<lb/>ſich mit der kleinen Breeſen verlobt; hier ſchickt er<lb/>
mir, als ſeinem beſten Freunde, die erſte Karte; die<lb/>
Anderen kriegen erſt morgen welche.“</p><lb/><p>„Ich kann Ihnen ein Paroli biegen,“ſagte der<lb/>
Paſtor. „Wer denken Sie, gnädige Frau, daß ſeit<lb/>
geſtern Abend wieder hier iſt?“</p><lb/><p>„Nun?“</p><lb/><p>„Frau von Berkow.“</p><lb/><p>„Nicht möglich!“</p><lb/><p>„Ich weiß es ganz genau. Sie hat, einem in<lb/>
dem Teſtament geäußerten Wunſch ihres Gemals zu¬<lb/>
folge die Leiche deſſelben von N. hierher ſchaffen laſſen.<lb/>
Der Sarg kommt noch in dieſer Nacht, um morgen<lb/>
von mir auf dem Faſchwitzer Kirchhof eingeſegnet zu<lb/>
werden.“<lb/></p></div></body></text></TEI>
[171/0181]
reitet, nach welcher die Hauslehrer ein Zeugniß des
Pfarrers ihres betreffenden Kirchſpiels über ihre Reli¬
gioſität und Moralität beizubringen haben. Wir
wollen es Herrn Dr. Stein ſchwer machen, ein ſolches
beizubringen;“ und der Paſtor lächelte ſchlau.
„Wiſſen Sie ſchon das Neueſte, meine Herrſchaf¬
ten,“ rief Felix, ein Billet, das ihm ſo eben von dem
Bedienten, welcher das Kaffeeſervice in die Laube trug,
übergeben war, in der Hand haltend; „Cloten hat
ſich mit der kleinen Breeſen verlobt; hier ſchickt er
mir, als ſeinem beſten Freunde, die erſte Karte; die
Anderen kriegen erſt morgen welche.“
„Ich kann Ihnen ein Paroli biegen,“ ſagte der
Paſtor. „Wer denken Sie, gnädige Frau, daß ſeit
geſtern Abend wieder hier iſt?“
„Nun?“
„Frau von Berkow.“
„Nicht möglich!“
„Ich weiß es ganz genau. Sie hat, einem in
dem Teſtament geäußerten Wunſch ihres Gemals zu¬
folge die Leiche deſſelben von N. hierher ſchaffen laſſen.
Der Sarg kommt noch in dieſer Nacht, um morgen
von mir auf dem Faſchwitzer Kirchhof eingeſegnet zu
werden.“
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/181>, abgerufen am 04.01.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.