Dich nicht mit Dingen, die Du nicht verstehst. Pistolen¬ schießen ist kein Kinderspiel."
So triftigen Gründen wußte selbst ein so geist¬ reicher Kopf, wie der des Pastors, nichts entgegen¬ zusetzen. Er ließ sich wieder in seinen Stuhl sinken und sagte, sich den Schweiß mit dem Taschentuch von der Stirn wischend:
"Sie sehen, Herr Baron: Ehestand ist Wehestand. Wenn Sie einmal erst verheiratet sind, wird der glän¬ zende Cavalier auch vor dem umsichtigen Hausvater zurücktreten müssen. Aber, wie ist mir denn: man darf ja wol gratuliren?"
Und der Pastor ließ den Kopf erst auf die rechte Schulter sinken, um die Baronin anzulächeln; sodann auf die linke, um Felix dieselbe Gunst zu erweisen.
"Fragen Sie in ein paar Tagen wieder nach;" erwiederte die Baronin ausweichend. "Was ich sagen wollte: so ist ja jetzt durch Ihre Ernennung der Ver¬ lust, welchen die Universität durch Berger erlitten hat, mehr wie ausgeglichen. Ihre Vocation steht doch mit jenem Ereigniß in keinem Zusammenhang?"
"In keinem directen wenigstens," sagte der Pastor, obgleich ich nicht in Abrede stellen will, daß Berger seinen Einfluß nicht zu meinen Gunsten angewendet
Dich nicht mit Dingen, die Du nicht verſtehſt. Piſtolen¬ ſchießen iſt kein Kinderſpiel.“
So triftigen Gründen wußte ſelbſt ein ſo geiſt¬ reicher Kopf, wie der des Paſtors, nichts entgegen¬ zuſetzen. Er ließ ſich wieder in ſeinen Stuhl ſinken und ſagte, ſich den Schweiß mit dem Taſchentuch von der Stirn wiſchend:
„Sie ſehen, Herr Baron: Eheſtand iſt Weheſtand. Wenn Sie einmal erſt verheiratet ſind, wird der glän¬ zende Cavalier auch vor dem umſichtigen Hausvater zurücktreten müſſen. Aber, wie iſt mir denn: man darf ja wol gratuliren?“
Und der Paſtor ließ den Kopf erſt auf die rechte Schulter ſinken, um die Baronin anzulächeln; ſodann auf die linke, um Felix dieſelbe Gunſt zu erweiſen.
„Fragen Sie in ein paar Tagen wieder nach;“ erwiederte die Baronin ausweichend. „Was ich ſagen wollte: ſo iſt ja jetzt durch Ihre Ernennung der Ver¬ luſt, welchen die Univerſität durch Berger erlitten hat, mehr wie ausgeglichen. Ihre Vocation ſteht doch mit jenem Ereigniß in keinem Zuſammenhang?“
„In keinem directen wenigſtens,“ ſagte der Paſtor, obgleich ich nicht in Abrede ſtellen will, daß Berger ſeinen Einfluß nicht zu meinen Gunſten angewendet
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Dich nicht mit Dingen, die Du nicht verſtehſt. Piſtolen¬
ſchießen iſt kein Kinderſpiel.“
So triftigen Gründen wußte ſelbſt ein ſo geiſt¬
reicher Kopf, wie der des Paſtors, nichts entgegen¬
zuſetzen. Er ließ ſich wieder in ſeinen Stuhl ſinken
und ſagte, ſich den Schweiß mit dem Taſchentuch von
der Stirn wiſchend:
„Sie ſehen, Herr Baron: Eheſtand iſt Weheſtand.
Wenn Sie einmal erſt verheiratet ſind, wird der glän¬
zende Cavalier auch vor dem umſichtigen Hausvater
zurücktreten müſſen. Aber, wie iſt mir denn: man
darf ja wol gratuliren?“
Und der Paſtor ließ den Kopf erſt auf die rechte
Schulter ſinken, um die Baronin anzulächeln; ſodann
auf die linke, um Felix dieſelbe Gunſt zu erweiſen.
„Fragen Sie in ein paar Tagen wieder nach;“
erwiederte die Baronin ausweichend. „Was ich ſagen
wollte: ſo iſt ja jetzt durch Ihre Ernennung der Ver¬
luſt, welchen die Univerſität durch Berger erlitten hat,
mehr wie ausgeglichen. Ihre Vocation ſteht doch mit
jenem Ereigniß in keinem Zuſammenhang?“
„In keinem directen wenigſtens,“ ſagte der Paſtor,
obgleich ich nicht in Abrede ſtellen will, daß Berger
ſeinen Einfluß nicht zu meinen Gunſten angewendet
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 4. Berlin, 1861, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische04_1861/178>, abgerufen am 16.07.2024.
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