Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 3. Berlin, 1861.durch seine Leidenschaft gelegentlich herbeigeführt wur¬ Seine Freundschaft sollte bald eine traurige Ge¬ durch ſeine Leidenſchaft gelegentlich herbeigeführt wur¬ Seine Freundſchaft ſollte bald eine traurige Ge¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0079" n="69"/> durch ſeine Leidenſchaft gelegentlich herbeigeführt wur¬<lb/> den. Wie er mir früher alle hübſchen Muſcheln,<lb/> Steine und Blumen, die er am Strande, zwiſchen den<lb/> Klippen, auf den Wieſen gefunden hatte, zutrug, ſo<lb/> theilte er mir jetzt alles mit, was er Intereſſantes<lb/> auf den vielen Feldern des Wiſſens, auf denen ſich<lb/> ſein unerſättlicher und unermüdlicher Geiſt umhertrieb,<lb/> entdecken konnte: bald ein ſchönes Gedicht, bald eine<lb/> tiefſinnige Sentenz, — und er empfand es jetzt nicht<lb/> weniger ſchmerzlich, daß ich mit den geiſtigen Schätzen<lb/> nicht haushälteriſcher umging, als mit den Blumen,<lb/> die ich vertrocknen ließ, und den Steinen und Muſcheln,<lb/> die ich wegwarf. Ich wußte, daß ich keinen treueren<lb/> Freund hatte, als ihn, und er, daß ſich in das Ge¬<lb/> fühl, welches ich für ihn empfand, auch nicht die min¬<lb/> deſte Liebe miſchte; um ſo uneigennütziger war ſeine<lb/> Freundſchaft, und um ſo unverantwortlicher die Lau¬<lb/> nenhaftigkeit, mit der ich ihn behandelte.</p><lb/> <p>Seine Freundſchaft ſollte bald eine traurige Ge¬<lb/> legenheit finden, ſich zu bethätigen. Die Schwermuth,<lb/> in die Carlo kurz nach Julius Geburt gefallen war,<lb/> nahm einen immer krankhafteren Charakter an. Aus¬<lb/> brüche einer unberechenbaren Laune, die Vorboten der<lb/> letzten fürchterlichen Kataſtrophe, wurden immer häu¬<lb/> figer. Er wollte jetzt Niemand um ſich haben, als<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [69/0079]
durch ſeine Leidenſchaft gelegentlich herbeigeführt wur¬
den. Wie er mir früher alle hübſchen Muſcheln,
Steine und Blumen, die er am Strande, zwiſchen den
Klippen, auf den Wieſen gefunden hatte, zutrug, ſo
theilte er mir jetzt alles mit, was er Intereſſantes
auf den vielen Feldern des Wiſſens, auf denen ſich
ſein unerſättlicher und unermüdlicher Geiſt umhertrieb,
entdecken konnte: bald ein ſchönes Gedicht, bald eine
tiefſinnige Sentenz, — und er empfand es jetzt nicht
weniger ſchmerzlich, daß ich mit den geiſtigen Schätzen
nicht haushälteriſcher umging, als mit den Blumen,
die ich vertrocknen ließ, und den Steinen und Muſcheln,
die ich wegwarf. Ich wußte, daß ich keinen treueren
Freund hatte, als ihn, und er, daß ſich in das Ge¬
fühl, welches ich für ihn empfand, auch nicht die min¬
deſte Liebe miſchte; um ſo uneigennütziger war ſeine
Freundſchaft, und um ſo unverantwortlicher die Lau¬
nenhaftigkeit, mit der ich ihn behandelte.
Seine Freundſchaft ſollte bald eine traurige Ge¬
legenheit finden, ſich zu bethätigen. Die Schwermuth,
in die Carlo kurz nach Julius Geburt gefallen war,
nahm einen immer krankhafteren Charakter an. Aus¬
brüche einer unberechenbaren Laune, die Vorboten der
letzten fürchterlichen Kataſtrophe, wurden immer häu¬
figer. Er wollte jetzt Niemand um ſich haben, als
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