an der Seite der kleinen Erzieherin, gegenüber Os¬ wald und Melitta, in unmittelbarer Nähe von Cloten und Hortense Platz nehmend."
"Meine Damen und Herren," sagte er; ich hoffe, daß Sie mit mir in ein stilles begeistertes Hoch auf das Wohl des Mannes einstimmen werden, der Jedem von uns seinen Platz anwies, und der, während er nur das Gemeinwohl vor Augen zu haben schien, doch die geheimen Wünsche jedes Einzelnen zu erfüllen wußte. Ich gebe Ihnen zu bedenken, meine Damen und Herren, daß ein Mangel an Enthusiasmus in diesem feierlichen Augenblick nicht nur die Gefühle jenes Mannes schmerzlich berühren, sondern auch die Em¬ pfindungen eines Ihrer Nächsten auf's Tiefste verletzen würde, Ihres Nächsten, den mindestens wie sich selbst zu lieben, Sie schon die Religion der Liebe ver¬ pflichtet, zu der wir uns ja Alle ohne Ausnahme be¬ kennen. Meine Damen und Herren, trinken Sie mit mir auf das Wohl Ihres und meines besten Freundes, auf das Wohl Adalberts von Oldenburg."
Man kann sich denken, daß, so weit als des Barons mäßig erhobene Stimme schallte. Wenige Lust hatten und Niemand es wagte, sich von diesem ironischen Toast auszuschließen. Die krystallenen Gläser klangen aneinander, und bald flackerte die lebhafteste Unter¬
an der Seite der kleinen Erzieherin, gegenüber Os¬ wald und Melitta, in unmittelbarer Nähe von Cloten und Hortenſe Platz nehmend.“
„Meine Damen und Herren,“ ſagte er; ich hoffe, daß Sie mit mir in ein ſtilles begeiſtertes Hoch auf das Wohl des Mannes einſtimmen werden, der Jedem von uns ſeinen Platz anwies, und der, während er nur das Gemeinwohl vor Augen zu haben ſchien, doch die geheimen Wünſche jedes Einzelnen zu erfüllen wußte. Ich gebe Ihnen zu bedenken, meine Damen und Herren, daß ein Mangel an Enthuſiasmus in dieſem feierlichen Augenblick nicht nur die Gefühle jenes Mannes ſchmerzlich berühren, ſondern auch die Em¬ pfindungen eines Ihrer Nächſten auf's Tiefſte verletzen würde, Ihres Nächſten, den mindeſtens wie ſich ſelbſt zu lieben, Sie ſchon die Religion der Liebe ver¬ pflichtet, zu der wir uns ja Alle ohne Ausnahme be¬ kennen. Meine Damen und Herren, trinken Sie mit mir auf das Wohl Ihres und meines beſten Freundes, auf das Wohl Adalberts von Oldenburg.“
Man kann ſich denken, daß, ſo weit als des Barons mäßig erhobene Stimme ſchallte. Wenige Luſt hatten und Niemand es wagte, ſich von dieſem ironiſchen Toaſt auszuſchließen. Die kryſtallenen Gläſer klangen aneinander, und bald flackerte die lebhafteſte Unter¬
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an der Seite der kleinen Erzieherin, gegenüber Os¬
wald und Melitta, in unmittelbarer Nähe von Cloten
und Hortenſe Platz nehmend.“
„Meine Damen und Herren,“ ſagte er; ich hoffe,
daß Sie mit mir in ein ſtilles begeiſtertes Hoch auf das
Wohl des Mannes einſtimmen werden, der Jedem von
uns ſeinen Platz anwies, und der, während er nur
das Gemeinwohl vor Augen zu haben ſchien, doch die
geheimen Wünſche jedes Einzelnen zu erfüllen wußte.
Ich gebe Ihnen zu bedenken, meine Damen und
Herren, daß ein Mangel an Enthuſiasmus in dieſem
feierlichen Augenblick nicht nur die Gefühle jenes
Mannes ſchmerzlich berühren, ſondern auch die Em¬
pfindungen eines Ihrer Nächſten auf's Tiefſte verletzen
würde, Ihres Nächſten, den mindeſtens wie ſich ſelbſt
zu lieben, Sie ſchon die Religion der Liebe ver¬
pflichtet, zu der wir uns ja Alle ohne Ausnahme be¬
kennen. Meine Damen und Herren, trinken Sie mit
mir auf das Wohl Ihres und meines beſten Freundes,
auf das Wohl Adalberts von Oldenburg.“
Man kann ſich denken, daß, ſo weit als des Barons
mäßig erhobene Stimme ſchallte. Wenige Luſt hatten
und Niemand es wagte, ſich von dieſem ironiſchen
Toaſt auszuſchließen. Die kryſtallenen Gläſer klangen
aneinander, und bald flackerte die lebhafteſte Unter¬
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/81>, abgerufen am 17.02.2025.
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