Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.funden hatte. Wir waren jetzt oft beisammen, denn Eines Abends, als die Herren wieder einmal zu funden hatte. Wir waren jetzt oft beiſammen, denn Eines Abends, als die Herren wieder einmal zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0257" n="247"/> funden hatte. Wir waren jetzt oft beiſammen, denn<lb/> ſeit jener Nacht kümmerte ſich Harald nicht mehr viel<lb/> um Fräulein Marie. Er ritt alle Tage aus, und nun<lb/> kamen auch die Herren wieder auf's Schloß, wie ſonſt,<lb/> und das alte Leben fing wieder an. Ob Harald ſeine<lb/> Gewiſſensbiſſe zum Schweigen bringen, ob er die ver¬<lb/> lorene Zeit nachholen wollte, er war jetzt wilder und<lb/> unbändiger, als ich ihn je geſehen hatte, und die Leute<lb/> gingen ihm aus dem Wege, wo ſie konnten.</p><lb/> <p>Eines Abends, als die Herren wieder einmal zu<lb/> Beſuch auf dem Schloſſe waren, — es war gegen<lb/> ſieben und ſie hatten ſeit drei Uhr bei Tiſche ge¬<lb/> ſeſſen — Fräulein Marie war bei mir auf dem Zim¬<lb/> mer, wo ſie jetzt die meiſte Zeit zubrachte — kam<lb/> Harald plötzlich zur Thür herein. Ich ſah auf den<lb/> erſten Blick, daß er betrunken war. Sein Geſicht<lb/> glühte und ſeine Augen funkelten, wie die einer wilden<lb/> Katze. Als er Marie erblickte, die im Fenſter geſeſſen<lb/> hatte und bei ſeinem Eintritt voller Schrecken auf¬<lb/> geſprungen war, lachte er und ſagte: „Treffe ich Dich<lb/> hier, mein Täubchen? ich habe das ganze Schloß nach<lb/> Dir durchſucht. Komm, Schatz, ich will Dich den<lb/> Herren vorſtellen; einen davon kennſt Du ſchon —<lb/> Du mußt aber hübſch artig und freundlich ſein, hörſt<lb/> Du?“ —</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [247/0257]
funden hatte. Wir waren jetzt oft beiſammen, denn
ſeit jener Nacht kümmerte ſich Harald nicht mehr viel
um Fräulein Marie. Er ritt alle Tage aus, und nun
kamen auch die Herren wieder auf's Schloß, wie ſonſt,
und das alte Leben fing wieder an. Ob Harald ſeine
Gewiſſensbiſſe zum Schweigen bringen, ob er die ver¬
lorene Zeit nachholen wollte, er war jetzt wilder und
unbändiger, als ich ihn je geſehen hatte, und die Leute
gingen ihm aus dem Wege, wo ſie konnten.
Eines Abends, als die Herren wieder einmal zu
Beſuch auf dem Schloſſe waren, — es war gegen
ſieben und ſie hatten ſeit drei Uhr bei Tiſche ge¬
ſeſſen — Fräulein Marie war bei mir auf dem Zim¬
mer, wo ſie jetzt die meiſte Zeit zubrachte — kam
Harald plötzlich zur Thür herein. Ich ſah auf den
erſten Blick, daß er betrunken war. Sein Geſicht
glühte und ſeine Augen funkelten, wie die einer wilden
Katze. Als er Marie erblickte, die im Fenſter geſeſſen
hatte und bei ſeinem Eintritt voller Schrecken auf¬
geſprungen war, lachte er und ſagte: „Treffe ich Dich
hier, mein Täubchen? ich habe das ganze Schloß nach
Dir durchſucht. Komm, Schatz, ich will Dich den
Herren vorſtellen; einen davon kennſt Du ſchon —
Du mußt aber hübſch artig und freundlich ſein, hörſt
Du?“ —
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