Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.war, trotzdem sie an einem Stock ging und silbergraue Am Morgen des nächsten Tages ließ der Baron war, trotzdem ſie an einem Stock ging und ſilbergraue Am Morgen des nächſten Tages ließ der Baron <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0240" n="230"/> war, trotzdem ſie an einem Stock ging und ſilbergraue<lb/> Haare und Augenbrauen hatte. Harald war voller<lb/> Reſpect gegen ſie; er führte ſie an ſeinem Arm durch<lb/> alle Zimmer des Schloſſes und zeigte ihr Alles ganz<lb/> genau, beſonders die Familienbilder oben im großen<lb/> Saale, wo auch ihr eigenes hing, wie ſie als achtzehn¬<lb/> jähriges Mädchen geweſen war. Davor blieben ſie<lb/> ſtehen und wollten ſich todtlachen, und die Alte kriegte<lb/> den Huſten und Harald klopfte ſie derb in den Rücken.<lb/> Ich wußte nicht, weshalb ſie ſo lachten — ich glaubte,<lb/> weil aus dem ſchönen Mädchen ein ſo häßliches altes<lb/> Weib geworden war, denn damals ahnte ich noch nichts<lb/> von dem ſchändlichen Spiele.</p><lb/> <p>Am Morgen des nächſten Tages ließ der Baron<lb/> wieder anſpannen und die Tante ſetzte ſich zu ihm in<lb/> den Wagen. „Wir kommen heute Abend wieder,“ ſagte<lb/> er „wenn es auch ſpät werden ſollte. Wir bringen<lb/> noch eine junge Dame mit, die Geſellſchafterin bei<lb/> Tante Grenwitz iſt. Sie muß das Zimmer nebenan<lb/> haben, hörſt Du, Alte?“ „Aber Herr,“ ſagte ich „in<lb/> der rothen Stube iſt die Baronin geſtorben und es<lb/> liegt und ſteht noch Alles ſo darin, wie an ihrem<lb/> Todestage.“ „So laß Alles ausräumen,“ ſagte er,<lb/> „hörſt Du, Alles, und ſchaffe es in ein anderes Zimmer<lb/> und ſetze dafür andere Möbel hinein. Die junge<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [230/0240]
war, trotzdem ſie an einem Stock ging und ſilbergraue
Haare und Augenbrauen hatte. Harald war voller
Reſpect gegen ſie; er führte ſie an ſeinem Arm durch
alle Zimmer des Schloſſes und zeigte ihr Alles ganz
genau, beſonders die Familienbilder oben im großen
Saale, wo auch ihr eigenes hing, wie ſie als achtzehn¬
jähriges Mädchen geweſen war. Davor blieben ſie
ſtehen und wollten ſich todtlachen, und die Alte kriegte
den Huſten und Harald klopfte ſie derb in den Rücken.
Ich wußte nicht, weshalb ſie ſo lachten — ich glaubte,
weil aus dem ſchönen Mädchen ein ſo häßliches altes
Weib geworden war, denn damals ahnte ich noch nichts
von dem ſchändlichen Spiele.
Am Morgen des nächſten Tages ließ der Baron
wieder anſpannen und die Tante ſetzte ſich zu ihm in
den Wagen. „Wir kommen heute Abend wieder,“ ſagte
er „wenn es auch ſpät werden ſollte. Wir bringen
noch eine junge Dame mit, die Geſellſchafterin bei
Tante Grenwitz iſt. Sie muß das Zimmer nebenan
haben, hörſt Du, Alte?“ „Aber Herr,“ ſagte ich „in
der rothen Stube iſt die Baronin geſtorben und es
liegt und ſteht noch Alles ſo darin, wie an ihrem
Todestage.“ „So laß Alles ausräumen,“ ſagte er,
„hörſt Du, Alles, und ſchaffe es in ein anderes Zimmer
und ſetze dafür andere Möbel hinein. Die junge
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |