ihre Angelegenheiten unterhielten und zankten, als ob das Baronenschloß ihnen nicht mehr Achtung ab¬ nöthigte, als eine Bauernscheune. Und wem es trotz alledem zu einsam und öde im Schlosse wurde, der konnte in den Garten hinabgehen, wo die Blumen in noch viel schöneren und vor allem frischeren Farben prangten, als die Tapeten und die Stühle nur Sophas drinnen in den Prunkzimmern, wo über den bunten Blumen sich bunte Schmetterlinge wiegten, wo die Vögel jubilirten, die Bienen geschäftig summten und für den, welcher Augen hatte, zu sehen, und Ohren, zu hören, allüberall ein wundersames, still geschäftiges, an Leiden und Freuden reiches Leben herrschte.
Das war nun Alles anders an Regentagen. Da konnten sich die Bilder an der Wand ohne Furcht vor dem neugierigen Sonnenschein mit den Stühlen und Sophas alte, gemeinsam erlebte Geschichten erzählen, so viel sie wollten; da ließen selbst die Spatzen ihre ewigen Streitigkeiten für den Augenblick ruhen, oder bissen sich in aller Stille um die besten und trockensten Plätze; und in dem Garten ließen die Blumen die regenschweren Köpfchen hängen; und all' das bunte, reiche Leben schien erstorben. In den nassen Gängen und über die Beete weg spielten die Winde Haschens und zerzausten dabei mitleidlos die armen Blumen,
ihre Angelegenheiten unterhielten und zankten, als ob das Baronenſchloß ihnen nicht mehr Achtung ab¬ nöthigte, als eine Bauernſcheune. Und wem es trotz alledem zu einſam und öde im Schloſſe wurde, der konnte in den Garten hinabgehen, wo die Blumen in noch viel ſchöneren und vor allem friſcheren Farben prangten, als die Tapeten und die Stühle nur Sophas drinnen in den Prunkzimmern, wo über den bunten Blumen ſich bunte Schmetterlinge wiegten, wo die Vögel jubilirten, die Bienen geſchäftig ſummten und für den, welcher Augen hatte, zu ſehen, und Ohren, zu hören, allüberall ein wunderſames, ſtill geſchäftiges, an Leiden und Freuden reiches Leben herrſchte.
Das war nun Alles anders an Regentagen. Da konnten ſich die Bilder an der Wand ohne Furcht vor dem neugierigen Sonnenſchein mit den Stühlen und Sophas alte, gemeinſam erlebte Geſchichten erzählen, ſo viel ſie wollten; da ließen ſelbſt die Spatzen ihre ewigen Streitigkeiten für den Augenblick ruhen, oder biſſen ſich in aller Stille um die beſten und trockenſten Plätze; und in dem Garten ließen die Blumen die regenſchweren Köpfchen hängen; und all' das bunte, reiche Leben ſchien erſtorben. In den naſſen Gängen und über die Beete weg ſpielten die Winde Haſchens und zerzauſten dabei mitleidlos die armen Blumen,
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ihre Angelegenheiten unterhielten und zankten, als ob
das Baronenſchloß ihnen nicht mehr Achtung ab¬
nöthigte, als eine Bauernſcheune. Und wem es trotz
alledem zu einſam und öde im Schloſſe wurde, der
konnte in den Garten hinabgehen, wo die Blumen in
noch viel ſchöneren und vor allem friſcheren Farben
prangten, als die Tapeten und die Stühle nur Sophas
drinnen in den Prunkzimmern, wo über den bunten
Blumen ſich bunte Schmetterlinge wiegten, wo die
Vögel jubilirten, die Bienen geſchäftig ſummten und
für den, welcher Augen hatte, zu ſehen, und Ohren,
zu hören, allüberall ein wunderſames, ſtill geſchäftiges,
an Leiden und Freuden reiches Leben herrſchte.
Das war nun Alles anders an Regentagen. Da
konnten ſich die Bilder an der Wand ohne Furcht vor
dem neugierigen Sonnenſchein mit den Stühlen und
Sophas alte, gemeinſam erlebte Geſchichten erzählen,
ſo viel ſie wollten; da ließen ſelbſt die Spatzen ihre
ewigen Streitigkeiten für den Augenblick ruhen, oder
biſſen ſich in aller Stille um die beſten und trockenſten
Plätze; und in dem Garten ließen die Blumen die
regenſchweren Köpfchen hängen; und all' das bunte,
reiche Leben ſchien erſtorben. In den naſſen Gängen
und über die Beete weg ſpielten die Winde Haſchens
und zerzauſten dabei mitleidlos die armen Blumen,
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/207>, abgerufen am 23.11.2024.
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