Feuerwerk seines Witzes unterhielt, gründlich verhöhne und nasführe. Er wurde in diesem Verdachte um so mehr bestärkt, als Herr Timm, so bald er zu ihm sprach, stets einen andern Ton anschlug, als wollte er sagen: Dir darf ich mit solchen Narrenspossen nicht kommen, aber für den andern Pöbel sind sie gut genug.
Diesen Verdacht, auf den Oswald übrigens um so leichter verfallen mußte, als er selbst nur zu oft die Gesellschaft, gegen die er eine so gründliche Ver¬ achtung empfand, zum Besten hatte, schien von den Andern Niemand zu theilen, es hätte denn Bruno sein müssen, der heute noch düsterer und verschlossener wie gewöhnlich auf seinem Platze neben Oswald saß, und seinen stolzen Mund nicht ein einziges Mal zu einem Lächeln verzog, obwohl er Alle um sich her -- selbst Oswald nicht ausgenommen -- lachen sah, zu¬ mal als gegen das Ende der Mahlzeit Herr Albert Timm mit seiner Nachbarin, Mademoiselle Marguerite, eine Conversation begann, in welcher er französisch und deutsch auf die possirlichste Weise durcheinander mischte. Die hübsche scheue Genferin hatte sich die möglichste Mühe gegeben, Herrn Timm's Kreuz- und Quersprüngen in der Unterhaltung zu folgen, und sich alle Augenblicke mit einem rapiden: qu'est ce qu'il
Feuerwerk ſeines Witzes unterhielt, gründlich verhöhne und nasführe. Er wurde in dieſem Verdachte um ſo mehr beſtärkt, als Herr Timm, ſo bald er zu ihm ſprach, ſtets einen andern Ton anſchlug, als wollte er ſagen: Dir darf ich mit ſolchen Narrenspoſſen nicht kommen, aber für den andern Pöbel ſind ſie gut genug.
Dieſen Verdacht, auf den Oswald übrigens um ſo leichter verfallen mußte, als er ſelbſt nur zu oft die Geſellſchaft, gegen die er eine ſo gründliche Ver¬ achtung empfand, zum Beſten hatte, ſchien von den Andern Niemand zu theilen, es hätte denn Bruno ſein müſſen, der heute noch düſterer und verſchloſſener wie gewöhnlich auf ſeinem Platze neben Oswald ſaß, und ſeinen ſtolzen Mund nicht ein einziges Mal zu einem Lächeln verzog, obwohl er Alle um ſich her — ſelbſt Oswald nicht ausgenommen — lachen ſah, zu¬ mal als gegen das Ende der Mahlzeit Herr Albert Timm mit ſeiner Nachbarin, Mademoiſelle Marguerite, eine Converſation begann, in welcher er franzöſiſch und deutſch auf die poſſirlichſte Weiſe durcheinander miſchte. Die hübſche ſcheue Genferin hatte ſich die möglichſte Mühe gegeben, Herrn Timm's Kreuz- und Querſprüngen in der Unterhaltung zu folgen, und ſich alle Augenblicke mit einem rapiden: qu'est ce qu'il
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Feuerwerk ſeines Witzes unterhielt, gründlich verhöhne
und nasführe. Er wurde in dieſem Verdachte um ſo
mehr beſtärkt, als Herr Timm, ſo bald er zu ihm
ſprach, ſtets einen andern Ton anſchlug, als wollte
er ſagen: Dir darf ich mit ſolchen Narrenspoſſen
nicht kommen, aber für den andern Pöbel ſind ſie gut
genug.
Dieſen Verdacht, auf den Oswald übrigens um
ſo leichter verfallen mußte, als er ſelbſt nur zu oft
die Geſellſchaft, gegen die er eine ſo gründliche Ver¬
achtung empfand, zum Beſten hatte, ſchien von den
Andern Niemand zu theilen, es hätte denn Bruno
ſein müſſen, der heute noch düſterer und verſchloſſener
wie gewöhnlich auf ſeinem Platze neben Oswald ſaß,
und ſeinen ſtolzen Mund nicht ein einziges Mal zu
einem Lächeln verzog, obwohl er Alle um ſich her —
ſelbſt Oswald nicht ausgenommen — lachen ſah, zu¬
mal als gegen das Ende der Mahlzeit Herr Albert
Timm mit ſeiner Nachbarin, Mademoiſelle Marguerite,
eine Converſation begann, in welcher er franzöſiſch
und deutſch auf die poſſirlichſte Weiſe durcheinander
miſchte. Die hübſche ſcheue Genferin hatte ſich die
möglichſte Mühe gegeben, Herrn Timm's Kreuz- und
Querſprüngen in der Unterhaltung zu folgen, und ſich
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/176>, abgerufen am 16.02.2025.
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