gen erneuern wollen; und hättest Du nicht -- was ich nie habe begreifen können und nie begreifen werde, -- damals ohne alle Noth die enormen Schul¬ den Harald's übernommen, deren Abtragung Alles verschlang, was Deine und später unsere Sparsamkeit von unsern Renten erübrigen konnte."
Dem alten Baron schien das von seiner Gemahlin angeschlagene Thema nicht besonders angenehm: er nahm, während sie sprach, eine Prise über die andere und antwortete, als sie jetzt schwieg, nicht ohne einige Lebhaftigkeit:
"Ich kann Dir nicht ganz Unrecht geben, liebe Anna-Maria, aber auch nicht ganz Recht. Die alten Contracte sind allerdings den Pächtern sehr günstig, aber die Zeiten waren damals auch andere; das Geld war nach dem Kriege äußerst knapp, die Güter im Allgemeinen standen sehr niedrig im Werth, und unsere Güter waren, allerdings durch Harald's Schuld, in Grund und Boden gewirthschaftet. Die Pächter hatten wahrlich im Anfang ihre liebe Noth, und wenn sie jetzt mit der Zeit reich und unverschämt geworden sind, so bin ich an dem einen so wenig Schuld, als an dem andern. Ich habe es gut mit ihnen gemeint, das weiß der liebe Gott. Was aber mein Benehmen Harald's Gläubigern gegenüber anbetrifft, so weiß ich
gen erneuern wollen; und hätteſt Du nicht — was ich nie habe begreifen können und nie begreifen werde, — damals ohne alle Noth die enormen Schul¬ den Harald's übernommen, deren Abtragung Alles verſchlang, was Deine und ſpäter unſere Sparſamkeit von unſern Renten erübrigen konnte.“
Dem alten Baron ſchien das von ſeiner Gemahlin angeſchlagene Thema nicht beſonders angenehm: er nahm, während ſie ſprach, eine Priſe über die andere und antwortete, als ſie jetzt ſchwieg, nicht ohne einige Lebhaftigkeit:
„Ich kann Dir nicht ganz Unrecht geben, liebe Anna-Maria, aber auch nicht ganz Recht. Die alten Contracte ſind allerdings den Pächtern ſehr günſtig, aber die Zeiten waren damals auch andere; das Geld war nach dem Kriege äußerſt knapp, die Güter im Allgemeinen ſtanden ſehr niedrig im Werth, und unſere Güter waren, allerdings durch Harald's Schuld, in Grund und Boden gewirthſchaftet. Die Pächter hatten wahrlich im Anfang ihre liebe Noth, und wenn ſie jetzt mit der Zeit reich und unverſchämt geworden ſind, ſo bin ich an dem einen ſo wenig Schuld, als an dem andern. Ich habe es gut mit ihnen gemeint, das weiß der liebe Gott. Was aber mein Benehmen Harald's Gläubigern gegenüber anbetrifft, ſo weiß ich
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gen erneuern wollen; und hätteſt Du nicht — was
ich nie habe begreifen können und nie begreifen
werde, — damals ohne alle Noth die enormen Schul¬
den Harald's übernommen, deren Abtragung Alles
verſchlang, was Deine und ſpäter unſere Sparſamkeit
von unſern Renten erübrigen konnte.“
Dem alten Baron ſchien das von ſeiner Gemahlin
angeſchlagene Thema nicht beſonders angenehm: er
nahm, während ſie ſprach, eine Priſe über die andere
und antwortete, als ſie jetzt ſchwieg, nicht ohne einige
Lebhaftigkeit:
„Ich kann Dir nicht ganz Unrecht geben, liebe
Anna-Maria, aber auch nicht ganz Recht. Die alten
Contracte ſind allerdings den Pächtern ſehr günſtig,
aber die Zeiten waren damals auch andere; das Geld
war nach dem Kriege äußerſt knapp, die Güter im
Allgemeinen ſtanden ſehr niedrig im Werth, und unſere
Güter waren, allerdings durch Harald's Schuld, in
Grund und Boden gewirthſchaftet. Die Pächter hatten
wahrlich im Anfang ihre liebe Noth, und wenn ſie
jetzt mit der Zeit reich und unverſchämt geworden
ſind, ſo bin ich an dem einen ſo wenig Schuld, als
an dem andern. Ich habe es gut mit ihnen gemeint,
das weiß der liebe Gott. Was aber mein Benehmen
Harald's Gläubigern gegenüber anbetrifft, ſo weiß ich
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/147>, abgerufen am 16.02.2025.
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