Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861.Du bist mir nur das geliebte angebetete Weib, die "Sieh, Oswald," sagte Melitta, und ihre Augen Du biſt mir nur das geliebte angebetete Weib, die „Sieh, Oswald,“ ſagte Melitta, und ihre Augen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0014" n="4"/> Du biſt mir nur das geliebte angebetete Weib, die<lb/> Krone der Schöpfung, biſt, was Du mir auch im Ge¬<lb/> wande der Bettlerin ſein würdeſt — dort aber im<lb/> kerzenerhellten Saale, umgeben von Deinen Granden,<lb/> von Allen gehuldigt und gefeiert, kann ich meine Augen<lb/> vor dem Glanze nicht verſchließen, und werde ſchmerz¬<lb/> lich daran erinnert werden, daß ich aus meiner Nie¬<lb/> drigkeit nicht hätte wagen ſollen, ſie zu ſolcher Höhe<lb/> zu erheben.“</p><lb/> <p>„Sieh, Oswald,“ ſagte Melitta, und ihre Augen<lb/> ruhten feſt in den ſeinen; „iſt das nun gut von Dir?<lb/> Spotteſt Du nicht meiner, indem Du ſo ſprichſt?<lb/> Höre ich es nicht in dem herben Ton Deiner Stimme,<lb/> ſehe ich es nicht an dem unruhigen Blitzen Deiner<lb/> Augen, das ſo ſeltſam mit ihrem ſonſtigen tiefen, klaren<lb/> Licht contraſtirt, daß Du recht wohl fühlſt, wie Du<lb/> traft Deines Geiſtes, kraft Deiner ſtolzen männlichen<lb/> Schönheit und Stärke unter uns Anderen einher¬<lb/> ſchreiteſt, wie der geborene Herrſcher? — Ich habe<lb/> mich Dir ergeben mit Leib und Seele, Du biſt mein<lb/> Herr und Gebieter, ich würde mich ſelbſt Deiner<lb/> tollſten Laune willig fügen, ich würde von Dir das<lb/> Bitterſte ertragen, von Deiner Hand würde mir der<lb/> Tod nicht grauſig ſein — aber weshalb auch nur<lb/> einen Tropfen Wermuth in den Kelch der Liebe miſchen,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [4/0014]
Du biſt mir nur das geliebte angebetete Weib, die
Krone der Schöpfung, biſt, was Du mir auch im Ge¬
wande der Bettlerin ſein würdeſt — dort aber im
kerzenerhellten Saale, umgeben von Deinen Granden,
von Allen gehuldigt und gefeiert, kann ich meine Augen
vor dem Glanze nicht verſchließen, und werde ſchmerz¬
lich daran erinnert werden, daß ich aus meiner Nie¬
drigkeit nicht hätte wagen ſollen, ſie zu ſolcher Höhe
zu erheben.“
„Sieh, Oswald,“ ſagte Melitta, und ihre Augen
ruhten feſt in den ſeinen; „iſt das nun gut von Dir?
Spotteſt Du nicht meiner, indem Du ſo ſprichſt?
Höre ich es nicht in dem herben Ton Deiner Stimme,
ſehe ich es nicht an dem unruhigen Blitzen Deiner
Augen, das ſo ſeltſam mit ihrem ſonſtigen tiefen, klaren
Licht contraſtirt, daß Du recht wohl fühlſt, wie Du
traft Deines Geiſtes, kraft Deiner ſtolzen männlichen
Schönheit und Stärke unter uns Anderen einher¬
ſchreiteſt, wie der geborene Herrſcher? — Ich habe
mich Dir ergeben mit Leib und Seele, Du biſt mein
Herr und Gebieter, ich würde mich ſelbſt Deiner
tollſten Laune willig fügen, ich würde von Dir das
Bitterſte ertragen, von Deiner Hand würde mir der
Tod nicht grauſig ſein — aber weshalb auch nur
einen Tropfen Wermuth in den Kelch der Liebe miſchen,
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