wilde Bestie in der Menagerie aufbrüllt und sofort schweigt, wenn der Blick oder die Peitsche des Herrn sie trifft. "Dieser Mann übt eine magische Gewalt über die Andern aus," sagte Oswald bei sich, während er die lange Gestalt des Barons neben dem um einen Kopf kleineren Barnewitz, wie das personificirte böse Gewissen neben einem armen Sünder, hin- und her¬ schreiten sah -- "ich selbst verspüre schon seine Ein¬ wirkung. Es ist ein Dämon in dem Manne, ein Dämon, den man entweder lieben oder hassen, oder vielmehr lieben und hassen muß, denn ich möchte diesen Menschen gern hassen und kann es nicht. Und was hat er Dir denn schließlich auch gethan? Wenn er Melitta noch immer liebt, wie ich glaube, so bin ich für ihn ein schlimmerer Feind, als er für mich. Aber warum hat mir Melitta nicht gesagt, wie ihr Verhältniß mit dem langen Gespenst dort war und ist? ich hätte sie heute nicht gekränkt. Arme Melitta! wie sie mich ansah -- und was würde sie sagen, wenn sie die Scene in der Fensternische gesehen hätte? . . . Das süße, herzige Mädchen! -- und auch ihre Augen waren voll Thränen, als sie im Wagen saß und mich so unverwandt anblickte. O! wer könnte so grausam sein, die Liebe dieses holden Geschöpfes zurückzuweisen? Und dennoch:
wilde Beſtie in der Menagerie aufbrüllt und ſofort ſchweigt, wenn der Blick oder die Peitſche des Herrn ſie trifft. „Dieſer Mann übt eine magiſche Gewalt über die Andern aus,“ ſagte Oswald bei ſich, während er die lange Geſtalt des Barons neben dem um einen Kopf kleineren Barnewitz, wie das perſonificirte böſe Gewiſſen neben einem armen Sünder, hin- und her¬ ſchreiten ſah — „ich ſelbſt verſpüre ſchon ſeine Ein¬ wirkung. Es iſt ein Dämon in dem Manne, ein Dämon, den man entweder lieben oder haſſen, oder vielmehr lieben und haſſen muß, denn ich möchte dieſen Menſchen gern haſſen und kann es nicht. Und was hat er Dir denn ſchließlich auch gethan? Wenn er Melitta noch immer liebt, wie ich glaube, ſo bin ich für ihn ein ſchlimmerer Feind, als er für mich. Aber warum hat mir Melitta nicht geſagt, wie ihr Verhältniß mit dem langen Geſpenſt dort war und iſt? ich hätte ſie heute nicht gekränkt. Arme Melitta! wie ſie mich anſah — und was würde ſie ſagen, wenn ſie die Scene in der Fenſterniſche geſehen hätte? . . . Das ſüße, herzige Mädchen! — und auch ihre Augen waren voll Thränen, als ſie im Wagen ſaß und mich ſo unverwandt anblickte. O! wer könnte ſo grauſam ſein, die Liebe dieſes holden Geſchöpfes zurückzuweiſen? Und dennoch:
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wilde Beſtie in der Menagerie aufbrüllt und ſofort
ſchweigt, wenn der Blick oder die Peitſche des Herrn
ſie trifft. „Dieſer Mann übt eine magiſche Gewalt
über die Andern aus,“ ſagte Oswald bei ſich, während
er die lange Geſtalt des Barons neben dem um einen
Kopf kleineren Barnewitz, wie das perſonificirte böſe
Gewiſſen neben einem armen Sünder, hin- und her¬
ſchreiten ſah — „ich ſelbſt verſpüre ſchon ſeine Ein¬
wirkung. Es iſt ein Dämon in dem Manne, ein
Dämon, den man entweder lieben oder haſſen, oder
vielmehr lieben und haſſen muß, denn ich möchte
dieſen Menſchen gern haſſen und kann es nicht. Und
was hat er Dir denn ſchließlich auch gethan? Wenn
er Melitta noch immer liebt, wie ich glaube, ſo bin
ich für ihn ein ſchlimmerer Feind, als er für mich.
Aber warum hat mir Melitta nicht geſagt, wie ihr
Verhältniß mit dem langen Geſpenſt dort war und
iſt? ich hätte ſie heute nicht gekränkt. Arme Melitta!
wie ſie mich anſah — und was würde ſie ſagen, wenn
ſie die Scene in der Fenſterniſche geſehen hätte? . . .
Das ſüße, herzige Mädchen! — und auch ihre Augen
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 2. Berlin, 1861, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische02_1861/120>, abgerufen am 28.12.2024.
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