Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861.die er für jedes sterbliche Auge undurchdringlich hielt. Der alte Diener that, wie ihm geheißen; füllte sich "Zuerst auf Ihr Wohl, gnädige Frau! denn das So sprach er und leerte langsam das Glas, den die er für jedes ſterbliche Auge undurchdringlich hielt. Der alte Diener that, wie ihm geheißen; füllte ſich „Zuerſt auf Ihr Wohl, gnädige Frau! denn das So ſprach er und leerte langſam das Glas, den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0195" n="185"/> die er für jedes ſterbliche Auge undurchdringlich hielt.<lb/> Mit kunſtgerechter Hand die Flaſche entkorkend, füllte<lb/> er den perlenden Wein in die langen zierlichen Kelche,<lb/> die er vom Büffet genommen, und ſchaute wohlgefällig<lb/> lächelnd zu, wie ſeine Herrin faſt gierig den ſüßen<lb/> Trank ſchlürfte und ihm das geleerte Glas hinhaltend<lb/> rief: <hi rendition="#aq">„Encore</hi>, Baumann! und ſchenke Er ſich auch<lb/> ein Glas ein, und trinke Er es auf das Wohl unſeres<lb/> Gaſtes!“</p><lb/> <p>Der alte Diener that, wie ihm geheißen; füllte ſich<lb/> am Büffet ein Glas, und dann, auf zwei Schritt an<lb/> den Tiſch herantretend, rief er:</p><lb/> <p>„Zuerſt auf Ihr Wohl, gnädige Frau! denn das<lb/> geht mir doch über Alles. Und möge der liebe Gott<lb/> Ihre Augen allzeit ſo fröhlich blicken laſſen, wie zu<lb/> dieſer Stunde! Und ſodann auf Ihr Wohl, junger<lb/> Herr! und möge der Himmel Ihren Eingang in dieſes<lb/> Haus geſegnen, daß nichts als Frieden und Freude<lb/> daraus komme. Und das wünſcht Ihnen der alte<lb/> Baumann!“</p><lb/> <p>So ſprach er und leerte langſam das Glas, den<lb/> Kopf zurückbiegend, bis ſein Auge auf den pausbackigen<lb/> Engelskopf in der Stuckatur der Decke gerade über<lb/> ſeinem Scheitel traf; und das geleerte Glas dann<lb/> wieder auf das Buffet ſetzend, trat er an's Fenſter,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [185/0195]
die er für jedes ſterbliche Auge undurchdringlich hielt.
Mit kunſtgerechter Hand die Flaſche entkorkend, füllte
er den perlenden Wein in die langen zierlichen Kelche,
die er vom Büffet genommen, und ſchaute wohlgefällig
lächelnd zu, wie ſeine Herrin faſt gierig den ſüßen
Trank ſchlürfte und ihm das geleerte Glas hinhaltend
rief: „Encore, Baumann! und ſchenke Er ſich auch
ein Glas ein, und trinke Er es auf das Wohl unſeres
Gaſtes!“
Der alte Diener that, wie ihm geheißen; füllte ſich
am Büffet ein Glas, und dann, auf zwei Schritt an
den Tiſch herantretend, rief er:
„Zuerſt auf Ihr Wohl, gnädige Frau! denn das
geht mir doch über Alles. Und möge der liebe Gott
Ihre Augen allzeit ſo fröhlich blicken laſſen, wie zu
dieſer Stunde! Und ſodann auf Ihr Wohl, junger
Herr! und möge der Himmel Ihren Eingang in dieſes
Haus geſegnen, daß nichts als Frieden und Freude
daraus komme. Und das wünſcht Ihnen der alte
Baumann!“
So ſprach er und leerte langſam das Glas, den
Kopf zurückbiegend, bis ſein Auge auf den pausbackigen
Engelskopf in der Stuckatur der Decke gerade über
ſeinem Scheitel traf; und das geleerte Glas dann
wieder auf das Buffet ſetzend, trat er an's Fenſter,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |