schaffend und ab- und zugehend, eines jener slavischen Volkslieder, deren süß-melodische Klage uns Wehmuth in's Herz und Thränen in die Augen lockt. Oswald saß da, den Kopf in die Hand gestützt und hörte und schaute zu, wie im Traum. Es war, als ob die nie zuvor gehörten, melancholischen Töne ganz neue Ge¬ fühle in ihm wach riefen, ein tiefes Mitleid mit seiner, mit aller Wesen Existenz und doch auch ein Sehnen und Schmachten nach einem unendlichen, namenlosen Glück.
Das Lied war zu Ende. Oswald fuhr empor. Er sah auf seine Uhr. Schon drei Stunden waren vergangen, seitdem er den Wald betreten; er durfte, wollte er noch heute Melitta sehen, keinen Augenblick länger zögern.
"Kann mich der Cziko den Weg nach Berkow führen?" sagte er, auf die Frau zutretend und ihr ein paar Geldstücke bietend. Die Zigeunerin strich das Geld aus der flachen Hand, als ob es ihr nur darauf an¬ komme, die Linien derselben genauer zu sehen, und sie an den Fingerspitzen fest haltend, schien sie eifrig darin zu lesen.
"Nun," sagte Oswald lächelnd, "da steht wohl nicht viel Gutes?"
ſchaffend und ab- und zugehend, eines jener ſlaviſchen Volkslieder, deren süß-melodiſche Klage uns Wehmuth in's Herz und Thränen in die Augen lockt. Oswald ſaß da, den Kopf in die Hand geſtützt und hörte und ſchaute zu, wie im Traum. Es war, als ob die nie zuvor gehörten, melancholiſchen Töne ganz neue Ge¬ fühle in ihm wach riefen, ein tiefes Mitleid mit ſeiner, mit aller Weſen Exiſtenz und doch auch ein Sehnen und Schmachten nach einem unendlichen, namenloſen Glück.
Das Lied war zu Ende. Oswald fuhr empor. Er ſah auf ſeine Uhr. Schon drei Stunden waren vergangen, ſeitdem er den Wald betreten; er durfte, wollte er noch heute Melitta ſehen, keinen Augenblick länger zögern.
„Kann mich der Cziko den Weg nach Berkow führen?“ ſagte er, auf die Frau zutretend und ihr ein paar Geldſtücke bietend. Die Zigeunerin ſtrich das Geld aus der flachen Hand, als ob es ihr nur darauf an¬ komme, die Linien derſelben genauer zu ſehen, und ſie an den Fingerſpitzen feſt haltend, ſchien ſie eifrig darin zu leſen.
„Nun,“ ſagte Oswald lächelnd, „da ſteht wohl nicht viel Gutes?“
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ſchaffend und ab- und zugehend, eines jener ſlaviſchen
Volkslieder, deren süß-melodiſche Klage uns Wehmuth
in's Herz und Thränen in die Augen lockt. Oswald
ſaß da, den Kopf in die Hand geſtützt und hörte und
ſchaute zu, wie im Traum. Es war, als ob die nie
zuvor gehörten, melancholiſchen Töne ganz neue Ge¬
fühle in ihm wach riefen, ein tiefes Mitleid mit ſeiner,
mit aller Weſen Exiſtenz und doch auch ein Sehnen
und Schmachten nach einem unendlichen, namenloſen
Glück.
Das Lied war zu Ende. Oswald fuhr empor.
Er ſah auf ſeine Uhr. Schon drei Stunden waren
vergangen, ſeitdem er den Wald betreten; er durfte,
wollte er noch heute Melitta ſehen, keinen Augenblick
länger zögern.
„Kann mich der Cziko den Weg nach Berkow führen?“
ſagte er, auf die Frau zutretend und ihr ein paar
Geldſtücke bietend. Die Zigeunerin ſtrich das Geld
aus der flachen Hand, als ob es ihr nur darauf an¬
komme, die Linien derſelben genauer zu ſehen, und
ſie an den Fingerſpitzen feſt haltend, ſchien ſie eifrig
darin zu leſen.
„Nun,“ ſagte Oswald lächelnd, „da ſteht wohl
nicht viel Gutes?“
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Spielhagen, Friedrich: Problematische Naturen. Bd. 1. Berlin, 1861, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spielhagen_problematische01_1861/150>, abgerufen am 24.11.2024.
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