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Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676.

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umb wünsche und bemühe Jch mich/ auch
die laue und so heuchlerische Christen ein-
mahl dahin zu bringen/ daß sie an ihrer
Seligkeit anfangen zu zweifflen/ und sich
etwa mögen helffen lassen. Dann in
dem der Satan die meiste beredet/ es sey
der Glaub nur bloß die äusserliche bekannt-
nüß/ so muß man selben die Gefahr so viel
nachdencklicher vorstellen/ und wo sie
dieselbe erkennen und fühlen/ mit den
rechten gründlichen Evangelischen Lehren
auffhelffen/ und mit Trost/ der vor GOTT
wahrhafftig bestehet/ und nicht die Si-
cherheit häget/ begegnen. Daher wir
auch nicht sanffter preotgen/ und wie jene
begehren Esa. am 30. vers. 10. den Leu-
ten Küssen machen unter die Arme/ und
Pfülben zu den Häupten legen können;
Wir müssen bey verlust unserer Seligkeit
zeigen/ in was gefahr die Leute stehen/ da-
mit sie nicht auß unserer schuld in sicher-
heit untergehen/ und das Blut von unserer
hand gefordert werde. Solten sich aber
einige Phariseer oder Maulchristen an un-
serer Predigt ärgern/ ey/ wer fragt darnach?

Sind

umb wuͤnſche und bemuͤhe Jch mich/ auch
die laue und ſo heuchleriſche Chriſten ein-
mahl dahin zu bringen/ daß ſie an ihrer
Seligkeit anfangen zu zweifflen/ und ſich
etwa moͤgen helffen laſſen. Dann in
dem der Satan die meiſte beredet/ es ſey
der Glaub nur bloß die aͤuſſerliche bekannt-
nuͤß/ ſo muß man ſelben die Gefahr ſo viel
nachdencklicher vorſtellen/ und wo ſie
dieſelbe erkennen und fuͤhlen/ mit den
rechten gruͤndlichen Evangeliſchen Lehren
auffhelffen/ und mit Troſt/ der vor GOTT
wahrhafftig beſtehet/ und nicht die Si-
cherheit haͤget/ begegnen. Daher wir
auch nicht ſanffter preotgen/ und wie jene
begehren Eſa. am 30. verſ. 10. den Leu-
ten Kuͤſſen machen unter die Arme/ und
Pfuͤlben zu den Haͤupten legen koͤnnen;
Wir muͤſſen bey verluſt unſerer Seligkeit
zeigen/ in was gefahr die Leute ſtehen/ da-
mit ſie nicht auß unſerer ſchuld in ſicher-
heit untergehen/ und das Blut von unſerer
hand gefordert werde. Solten ſich aber
einige Phariſeer oder Maulchriſten an un-
ſerer Predigt aͤrgern/ ey/ wer fragt darnach?

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[235/0261] umb wuͤnſche und bemuͤhe Jch mich/ auch die laue und ſo heuchleriſche Chriſten ein- mahl dahin zu bringen/ daß ſie an ihrer Seligkeit anfangen zu zweifflen/ und ſich etwa moͤgen helffen laſſen. Dann in dem der Satan die meiſte beredet/ es ſey der Glaub nur bloß die aͤuſſerliche bekannt- nuͤß/ ſo muß man ſelben die Gefahr ſo viel nachdencklicher vorſtellen/ und wo ſie dieſelbe erkennen und fuͤhlen/ mit den rechten gruͤndlichen Evangeliſchen Lehren auffhelffen/ und mit Troſt/ der vor GOTT wahrhafftig beſtehet/ und nicht die Si- cherheit haͤget/ begegnen. Daher wir auch nicht ſanffter preotgen/ und wie jene begehren Eſa. am 30. verſ. 10. den Leu- ten Kuͤſſen machen unter die Arme/ und Pfuͤlben zu den Haͤupten legen koͤnnen; Wir muͤſſen bey verluſt unſerer Seligkeit zeigen/ in was gefahr die Leute ſtehen/ da- mit ſie nicht auß unſerer ſchuld in ſicher- heit untergehen/ und das Blut von unſerer hand gefordert werde. Solten ſich aber einige Phariſeer oder Maulchriſten an un- ſerer Predigt aͤrgern/ ey/ wer fragt darnach? Sind

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Pia Desideria. Frankfurt (Main), 1676, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_piadesideria_1676/261>, abgerufen am 05.05.2024.