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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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zu ihrem besten in hoffnung arbeitet/ und
von andern/ welche ihre hoffnung verlachen/
alles leiden vor wol angelegt achtende/ wo
nur ins künfftige der nechste möchte nach
vieler gedult gewonnen werden. Daher
heist es auch/ nach unserer dolmetschung
Lutheri/ (ob wol nicht ohn/ daß nach der
grund sprach es vielmehr lautet. Sie höre
nicht auf.) Die liebe wird nicht müde.

Nicht nur ins gemein hält sie nicht davor/
daß es gnug seye/ wo sie eine weil dem nech-
sten gutes gethan/ daß sie deswegen von
selbsten ohne ursach auffhören wolte/ son-
dern/ ob sie auch wol siehet/ wie manchmal
sie vergebens gearbeitet wie ihre gute absicht
fehl geschlagen/ oder wol das gegentheil ge-
folget ist/ wie sie vor das gute böses wieder
einnehmen müssen/ unterlässet sie doch das
gute nicht/ so offt sie wiederum gelegenheit
darzu findet. Das macht/ weil sie zu der
gutthatigkeit nicht durch die hoffnung ei-
niges ding es/ daß sie dabey suchte/ oder er-
wartung des andern danckbarkeit/ sich hat
bewegen lassen/ sondern weil sie selbs inner-
lich also gesinnet ist/ daß sie sich nicht viel
weniger von dem guts thun könte abhalten
lassen/ als das feuer sich nicht halten kan/

daß
G 6

zu ihrem beſten in hoffnung arbeitet/ und
von andern/ welche ihre hoffnung veꝛlachen/
alles leiden vor wol angelegt achtende/ wo
nur ins künfftige der nechſte moͤchte nach
vieler gedult gewonnen werden. Daher
heiſt es auch/ nach unſerer dolmetſchung
Lutheri/ (ob wol nicht ohn/ daß nach der
grund ſprach es vielmehr lautet. Sie hoͤre
nicht auf.) Die liebe wird nicht müde.

Nicht nur ins gemein haͤlt ſie nicht davor/
daß es gnug ſeye/ wo ſie eine weil dem nech-
ſten gutes gethan/ daß ſie deswegen von
ſelbſten ohne urſach auffhoͤren wolte/ ſon-
dern/ ob ſie auch wol ſiehet/ wie manchmal
ſie veꝛgebens gearbeitet wie ihre gute abſicht
fehl geſchlagen/ oder wol das gegentheil ge-
folget iſt/ wie ſie vor das gute boͤſes wieder
einnehmen müſſen/ unterlaͤſſet ſie doch das
gute nicht/ ſo offt ſie wiederum gelegenheit
darzu findet. Das macht/ weil ſie zu der
gutthatigkeit nicht durch die hoffnung ei-
niges ding es/ daß ſie dabey ſuchte/ oder er-
wartung des andern danckbarkeit/ ſich hat
bewegen laſſen/ ſondern weil ſie ſelbs inner-
lich alſo geſinnet iſt/ daß ſie ſich nicht viel
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daß
G 6
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[155/0217] zu ihrem beſten in hoffnung arbeitet/ und von andern/ welche ihre hoffnung veꝛlachen/ alles leiden vor wol angelegt achtende/ wo nur ins künfftige der nechſte moͤchte nach vieler gedult gewonnen werden. Daher heiſt es auch/ nach unſerer dolmetſchung Lutheri/ (ob wol nicht ohn/ daß nach der grund ſprach es vielmehr lautet. Sie hoͤre nicht auf.) Die liebe wird nicht müde. Nicht nur ins gemein haͤlt ſie nicht davor/ daß es gnug ſeye/ wo ſie eine weil dem nech- ſten gutes gethan/ daß ſie deswegen von ſelbſten ohne urſach auffhoͤren wolte/ ſon- dern/ ob ſie auch wol ſiehet/ wie manchmal ſie veꝛgebens gearbeitet wie ihre gute abſicht fehl geſchlagen/ oder wol das gegentheil ge- folget iſt/ wie ſie vor das gute boͤſes wieder einnehmen müſſen/ unterlaͤſſet ſie doch das gute nicht/ ſo offt ſie wiederum gelegenheit darzu findet. Das macht/ weil ſie zu der gutthatigkeit nicht durch die hoffnung ei- niges ding es/ daß ſie dabey ſuchte/ oder er- wartung des andern danckbarkeit/ ſich hat bewegen laſſen/ ſondern weil ſie ſelbs inner- lich alſo geſinnet iſt/ daß ſie ſich nicht viel weniger von dem guts thun koͤnte abhalten laſſen/ als das feuer ſich nicht halten kan/ daß G 6

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/217>, abgerufen am 17.05.2024.