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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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lieben/ an welchen wir nicht allein nichts se-
hen und finden/ welches bey uns eine beson-
dere liebe erwecken könte/ sondern gar das
jenige/ was widerwillen und haß verursa-
chet: nemlich wenn wir lieben auch die bö-
se
und unsre feinde. Was böse und gott-
lose anlangt/ haben wir bereits §. 30. gehö-
ret/ wie die Göttliche liebe gegen dieselbe ei-
nen heiligen eiffer erfordere/ damit wir ge-
gen sie oder vielmehr gegen das böse/ das sie
an sich haben/ brennen müssen: Wir haben
aber §. 33 vernommen/ wie solcher eiffer
die liebe gegen solche armselige nicht ausle-
schen müsse. Wo wir dann bey uns befin-
den/ daß wir zwar einen ernstlichen haß ge-
gen alle boßheit haben/ und aus demselben
den jenigen bey welchen wir sie finden/ nach
vermögen/ solte es auch mit unserm schaden
geschehen/ wider stehen/ hingegen unsre
freundschafft mit ihnen des wegen abreissen/
aber gleichwol dabey fühlen/ daß wir ein
hertzliches erbarmen über sie tragen/ vor sie
beten/ und wenn es uns möglich wäre/ sie zu
bessern/ es hertzlich gern thun/ und ungeach-
tet alles vorhergegangenen uns daruber
freuen wolten: so zeiget sich die Göttliche
warheit unserer liebe gegen solche auch böse

leu-
F 6

lieben/ an welchen wir nicht allein nichts ſe-
hen und finden/ welches bey uns eine beſon-
dere liebe erwecken koͤnte/ ſondern gar das
jenige/ was widerwillen und haß verurſa-
chet: nemlich wenn wir lieben auch die boͤ-
ſe
und unſre feinde. Was boͤſe und gott-
loſe anlangt/ haben wir bereits §. 30. gehoͤ-
ret/ wie die Goͤttliche liebe gegen dieſelbe ei-
nen heiligen eiffer erfordere/ damit wir ge-
gen ſie oder vielmehr gegen das boͤſe/ das ſie
an ſich haben/ brennen müſſen: Wir haben
aber §. 33 vernommen/ wie ſolcher eiffer
die liebe gegen ſolche armſelige nicht ausle-
ſchen müſſe. Wo wir dann bey uns befin-
den/ daß wir zwar einen ernſtlichen haß ge-
gen alle boßheit haben/ und aus demſelben
den jenigen bey welchen wir ſie finden/ nach
vermoͤgen/ ſolte es auch mit unſerm ſchaden
geſchehen/ wider ſtehen/ hingegen unſre
freundſchafft mit ihnen des wegen abreiſſen/
aber gleichwol dabey fühlen/ daß wir ein
hertzliches erbarmen über ſie tragen/ vor ſie
beten/ und wenn es uns moͤglich waͤre/ ſie zu
beſſern/ es hertzlich gern thun/ und ungeach-
tet alles vorhergegangenen uns daruber
freuen wolten: ſo zeiget ſich die Goͤttliche
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[131/0193] lieben/ an welchen wir nicht allein nichts ſe- hen und finden/ welches bey uns eine beſon- dere liebe erwecken koͤnte/ ſondern gar das jenige/ was widerwillen und haß verurſa- chet: nemlich wenn wir lieben auch die boͤ- ſe und unſre feinde. Was boͤſe und gott- loſe anlangt/ haben wir bereits §. 30. gehoͤ- ret/ wie die Goͤttliche liebe gegen dieſelbe ei- nen heiligen eiffer erfordere/ damit wir ge- gen ſie oder vielmehr gegen das boͤſe/ das ſie an ſich haben/ brennen müſſen: Wir haben aber §. 33 vernommen/ wie ſolcher eiffer die liebe gegen ſolche armſelige nicht ausle- ſchen müſſe. Wo wir dann bey uns befin- den/ daß wir zwar einen ernſtlichen haß ge- gen alle boßheit haben/ und aus demſelben den jenigen bey welchen wir ſie finden/ nach vermoͤgen/ ſolte es auch mit unſerm ſchaden geſchehen/ wider ſtehen/ hingegen unſre freundſchafft mit ihnen des wegen abreiſſen/ aber gleichwol dabey fühlen/ daß wir ein hertzliches erbarmen über ſie tragen/ vor ſie beten/ und wenn es uns moͤglich waͤre/ ſie zu beſſern/ es hertzlich gern thun/ und ungeach- tet alles vorhergegangenen uns daruber freuen wolten: ſo zeiget ſich die Goͤttliche warheit unſerer liebe gegen ſolche auch boͤſe leu- F 6

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/193>, abgerufen am 17.05.2024.