Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 42.

Damit wir aber die rechte Gött-
liche liebe des nechsten erkennen lernen/ ha-
ben wir sie auch an ihren kennzeichen war-
zuuehmen. Da ist nun 1. dieses das vor-
nehmste/ daß wir warhafftig bey uns ein sol-
ches hertz haben/ worinn die liebe gepflan-
tzet seye/ und es sich also so zu reden ohn müh-
sames bereiten und antreiben zu der liebe
schon selbsten gegen alle menschen/ ihnen gu-
tes zu gönnen/ zu wollen und zu thun/ neige/
daß also nach mal alle eusserliche wolthaten
gegen den nechsten warhafftig von innen
heraus gehen. Welches heisset die war-
heit/
wie Johannes sagt/ daß wir nicht nur
lieben sollen mit der that/ daß wir thätlich
dem nechsten gutes erzeigen/ sondern auch
mit der warheit/ daß unser hertz in sich also
gesinnet seye/ wie es gegen dem nechsten
freundlich redet/ und äusserlich ihme thut/
was ihm gut ist. Daher auch GOtt sein
gebot bedencklich also gegeben hat/ nicht/
wir sollen dem nechsten gutes thun/ welches
zwar freylich auch von nöthen ist/ sondern
wir sollen ihn lieben/ daß wir also sehen/ al-
les übrige/ so äusserlich geschehe/ würde oh-
ne die innerliche liebe GOtt nicht gefällig/
sondern nur eine heucheley seyn. Zwar ist

nicht
§. 42.

Damit wir aber die rechte Goͤtt-
liche liebe des nechſten erkennen lernen/ ha-
ben wir ſie auch an ihren kennzeichen war-
zuuehmen. Da iſt nun 1. dieſes das vor-
nehmſte/ daß wir warhafftig bey uns ein ſol-
ches hertz haben/ worinn die liebe gepflan-
tzet ſeye/ und es ſich alſo ſo zu reden ohn müh-
ſames bereiten und antreiben zu der liebe
ſchon ſelbſten gegen alle menſchen/ ihnen gu-
tes zu goͤnnen/ zu wollen und zu thun/ neige/
daß alſo nach mal alle euſſerliche wolthaten
gegen den nechſten warhafftig von innen
heraus gehen. Welches heiſſet die war-
heit/
wie Johannes ſagt/ daß wir nicht nur
lieben ſollen mit der that/ daß wir thaͤtlich
dem nechſten gutes erzeigen/ ſondern auch
mit der warheit/ daß unſer hertz in ſich alſo
geſinnet ſeye/ wie es gegen dem nechſten
freundlich redet/ und aͤuſſerlich ihme thut/
was ihm gut iſt. Daher auch GOtt ſein
gebot bedencklich alſo gegeben hat/ nicht/
wir ſollen dem nechſten gutes thun/ welches
zwar freylich auch von noͤthen iſt/ ſondern
wir ſollen ihn lieben/ daß wir alſo ſehen/ al-
les übrige/ ſo aͤuſſerlich geſchehe/ würde oh-
ne die innerliche liebe GOtt nicht gefaͤllig/
ſondern nur eine heucheley ſeyn. Zwar iſt

nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0188" n="126"/>
        <div n="2">
          <head>§. 42.</head>
          <p>Damit wir aber die rechte Go&#x0364;tt-<lb/>
liche liebe des nech&#x017F;ten erkennen lernen/ ha-<lb/>
ben wir &#x017F;ie auch an ihren kennzeichen war-<lb/>
zuuehmen. Da i&#x017F;t nun 1. die&#x017F;es das vor-<lb/>
nehm&#x017F;te/ daß wir warhafftig bey uns ein &#x017F;ol-<lb/>
ches hertz haben/ worinn die liebe gepflan-<lb/>
tzet &#x017F;eye/ und es &#x017F;ich al&#x017F;o &#x017F;o zu reden ohn müh-<lb/>
&#x017F;ames bereiten und antreiben zu der liebe<lb/>
&#x017F;chon &#x017F;elb&#x017F;ten gegen alle men&#x017F;chen/ ihnen gu-<lb/>
tes zu go&#x0364;nnen/ zu wollen und zu thun/ neige/<lb/>
daß al&#x017F;o nach mal alle eu&#x017F;&#x017F;erliche wolthaten<lb/>
gegen den nech&#x017F;ten warhafftig von innen<lb/>
heraus gehen. Welches hei&#x017F;&#x017F;et die <hi rendition="#fr">war-<lb/>
heit/</hi> wie Johannes &#x017F;agt/ daß wir nicht nur<lb/>
lieben &#x017F;ollen mit der that/ daß wir tha&#x0364;tlich<lb/>
dem nech&#x017F;ten gutes erzeigen/ &#x017F;ondern auch<lb/>
mit der warheit/ daß un&#x017F;er hertz in &#x017F;ich al&#x017F;o<lb/>
ge&#x017F;innet &#x017F;eye/ wie es gegen dem nech&#x017F;ten<lb/>
freundlich redet/ und a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich ihme thut/<lb/>
was ihm gut i&#x017F;t. Daher auch GOtt &#x017F;ein<lb/>
gebot bedencklich al&#x017F;o gegeben hat/ nicht/<lb/>
wir &#x017F;ollen dem nech&#x017F;ten gutes thun/ welches<lb/>
zwar freylich auch von no&#x0364;then i&#x017F;t/ &#x017F;ondern<lb/>
wir &#x017F;ollen ihn <hi rendition="#fr">lieben/</hi> daß wir al&#x017F;o &#x017F;ehen/ al-<lb/>
les übrige/ &#x017F;o a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erlich ge&#x017F;chehe/ würde oh-<lb/>
ne die innerliche liebe GOtt nicht gefa&#x0364;llig/<lb/>
&#x017F;ondern nur eine heucheley &#x017F;eyn. Zwar i&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nicht</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[126/0188] §. 42. Damit wir aber die rechte Goͤtt- liche liebe des nechſten erkennen lernen/ ha- ben wir ſie auch an ihren kennzeichen war- zuuehmen. Da iſt nun 1. dieſes das vor- nehmſte/ daß wir warhafftig bey uns ein ſol- ches hertz haben/ worinn die liebe gepflan- tzet ſeye/ und es ſich alſo ſo zu reden ohn müh- ſames bereiten und antreiben zu der liebe ſchon ſelbſten gegen alle menſchen/ ihnen gu- tes zu goͤnnen/ zu wollen und zu thun/ neige/ daß alſo nach mal alle euſſerliche wolthaten gegen den nechſten warhafftig von innen heraus gehen. Welches heiſſet die war- heit/ wie Johannes ſagt/ daß wir nicht nur lieben ſollen mit der that/ daß wir thaͤtlich dem nechſten gutes erzeigen/ ſondern auch mit der warheit/ daß unſer hertz in ſich alſo geſinnet ſeye/ wie es gegen dem nechſten freundlich redet/ und aͤuſſerlich ihme thut/ was ihm gut iſt. Daher auch GOtt ſein gebot bedencklich alſo gegeben hat/ nicht/ wir ſollen dem nechſten gutes thun/ welches zwar freylich auch von noͤthen iſt/ ſondern wir ſollen ihn lieben/ daß wir alſo ſehen/ al- les übrige/ ſo aͤuſſerlich geſchehe/ würde oh- ne die innerliche liebe GOtt nicht gefaͤllig/ ſondern nur eine heucheley ſeyn. Zwar iſt nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/188
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/188>, abgerufen am 19.05.2024.