Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

Bild:
<< vorherige Seite

selbs nicht betriege/ welches unsers mensch-
lichen betrüglichen fleisches art ist/ daß es
auch die jenige dinge/ so ihm sonst zuwider
sind/ zu seinem vortheil verkehrt. Es ist ja
nichts gemeiner/ als daß an statt des heili-
gen feuers/ auch fremdes feuer/ welches
GOtt ein greuel ist/ in das heiligthum ge-
bracht werde/ und geschihet also offt/ daß
fleischlicher eyffer an statt des Göttlichen
entbrennet/ und dannoch von den unvor-
sichtigen vor diesen geachtet/ daher als et-
was heiliges angesehen wird. Wie aber
der Göttliche eyffer aus der Göttlichen lie-
be entstehet/ und von derselbigen zeuget/ al-
so hingegen entstehet der fleischliche eyffer
aus eigen-liebe/ und ist eine traurige anzeige
derselbigen. Weswegen es wiedrum eine
sorgfältige prüfung nötig hat/ die beyde ar-
ten des eiffers zu unterscheiden. Da möch-
ten wir nun sonderlich folgendes mercken:
1. Der Göttliche eiffer gehet ohne unter-
scheid der person gegen alles böse/ so wol
bey denen/ die wir sonsten lieben/ und die
uns angehören/ als welche uns fremde sind/
oder wol gar/ welche wir vor unsre feinde
achten: Wer unter solchen unrecht thut/
den/ oder vielmehr das üble an und von ihm

has-

ſelbs nicht betriege/ welches unſers menſch-
lichen betrüglichen fleiſches art iſt/ daß es
auch die jenige dinge/ ſo ihm ſonſt zuwider
ſind/ zu ſeinem vortheil verkehrt. Es iſt ja
nichts gemeiner/ als daß an ſtatt des heili-
gen feuers/ auch fremdes feuer/ welches
GOtt ein greuel iſt/ in das heiligthum ge-
bracht werde/ und geſchihet alſo offt/ daß
fleiſchlicher eyffer an ſtatt des Goͤttlichen
entbrennet/ und dannoch von den unvor-
ſichtigen vor dieſen geachtet/ daher als et-
was heiliges angeſehen wird. Wie aber
der Goͤttliche eyffer aus der Goͤttlichen lie-
be entſtehet/ und von derſelbigen zeuget/ al-
ſo hingegen entſtehet der fleiſchliche eyffer
aus eigen-liebe/ und iſt eine traurige anzeige
derſelbigen. Weswegen es wiedrum eine
ſorgfaͤltige prüfung noͤtig hat/ die beyde ar-
ten des eiffers zu unterſcheiden. Da moͤch-
ten wir nun ſonderlich folgendes mercken:
1. Der Goͤttliche eiffer gehet ohne unter-
ſcheid der perſon gegen alles boͤſe/ ſo wol
bey denen/ die wir ſonſten lieben/ und die
uns angehoͤren/ als welche uns fremde ſind/
oder wol gar/ welche wir vor unſre feinde
achten: Wer unter ſolchen unrecht thut/
den/ oder vielmehr das üble an und von ihm

haſ-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0152" n="90"/>
&#x017F;elbs nicht betriege/ welches un&#x017F;ers men&#x017F;ch-<lb/>
lichen betrüglichen flei&#x017F;ches art i&#x017F;t/ daß es<lb/>
auch die jenige dinge/ &#x017F;o ihm &#x017F;on&#x017F;t zuwider<lb/>
&#x017F;ind/ zu &#x017F;einem vortheil verkehrt. Es i&#x017F;t ja<lb/>
nichts gemeiner/ als daß an &#x017F;tatt des heili-<lb/>
gen feuers/ auch fremdes feuer/ welches<lb/>
GOtt ein greuel i&#x017F;t/ in das heiligthum ge-<lb/>
bracht werde/ und ge&#x017F;chihet al&#x017F;o offt/ daß<lb/>
flei&#x017F;chlicher eyffer an &#x017F;tatt des Go&#x0364;ttlichen<lb/>
entbrennet/ und dannoch von den unvor-<lb/>
&#x017F;ichtigen vor die&#x017F;en geachtet/ daher als et-<lb/>
was heiliges ange&#x017F;ehen wird. Wie aber<lb/>
der Go&#x0364;ttliche eyffer aus der Go&#x0364;ttlichen lie-<lb/>
be ent&#x017F;tehet/ und von der&#x017F;elbigen zeuget/ al-<lb/>
&#x017F;o hingegen ent&#x017F;tehet der flei&#x017F;chliche eyffer<lb/>
aus eigen-liebe/ und i&#x017F;t eine traurige anzeige<lb/>
der&#x017F;elbigen. Weswegen es wiedrum eine<lb/>
&#x017F;orgfa&#x0364;ltige prüfung no&#x0364;tig hat/ die beyde ar-<lb/>
ten des <hi rendition="#fr">eiffers</hi> zu unter&#x017F;cheiden. Da mo&#x0364;ch-<lb/>
ten wir nun &#x017F;onderlich folgendes mercken:<lb/>
1. Der Go&#x0364;ttliche eiffer gehet ohne unter-<lb/>
&#x017F;cheid der per&#x017F;on gegen alles bo&#x0364;&#x017F;e/ &#x017F;o wol<lb/>
bey denen/ die wir &#x017F;on&#x017F;ten lieben/ und die<lb/>
uns angeho&#x0364;ren/ als welche uns fremde &#x017F;ind/<lb/>
oder wol gar/ welche wir vor un&#x017F;re feinde<lb/>
achten: Wer unter &#x017F;olchen unrecht thut/<lb/>
den/ oder vielmehr das üble an und von ihm<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ha&#x017F;-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[90/0152] ſelbs nicht betriege/ welches unſers menſch- lichen betrüglichen fleiſches art iſt/ daß es auch die jenige dinge/ ſo ihm ſonſt zuwider ſind/ zu ſeinem vortheil verkehrt. Es iſt ja nichts gemeiner/ als daß an ſtatt des heili- gen feuers/ auch fremdes feuer/ welches GOtt ein greuel iſt/ in das heiligthum ge- bracht werde/ und geſchihet alſo offt/ daß fleiſchlicher eyffer an ſtatt des Goͤttlichen entbrennet/ und dannoch von den unvor- ſichtigen vor dieſen geachtet/ daher als et- was heiliges angeſehen wird. Wie aber der Goͤttliche eyffer aus der Goͤttlichen lie- be entſtehet/ und von derſelbigen zeuget/ al- ſo hingegen entſtehet der fleiſchliche eyffer aus eigen-liebe/ und iſt eine traurige anzeige derſelbigen. Weswegen es wiedrum eine ſorgfaͤltige prüfung noͤtig hat/ die beyde ar- ten des eiffers zu unterſcheiden. Da moͤch- ten wir nun ſonderlich folgendes mercken: 1. Der Goͤttliche eiffer gehet ohne unter- ſcheid der perſon gegen alles boͤſe/ ſo wol bey denen/ die wir ſonſten lieben/ und die uns angehoͤren/ als welche uns fremde ſind/ oder wol gar/ welche wir vor unſre feinde achten: Wer unter ſolchen unrecht thut/ den/ oder vielmehr das üble an und von ihm haſ-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/152
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/152>, abgerufen am 17.05.2024.