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Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687.

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ist/ und der mensch desto mehr darinnen zu
wachsen trachten solle: Daher haben wir
uns bey allen wercken auch nach diesem
stück zu prüfen/ wie weit wir in der liebe zu-
genommen haben/ oder wie schwach wir
darinnen sind. Wir haben auch immer
darnach zu streben/ daß wir in der liebe wei-
ter zunehmen/ und gleichsam eine staffel
nach der andern darinnen auffsteigen: in
deme/ ob wol alle warhaffte liebe ein zeug-
niß der gnaden-würckung ist/ doch solches
zeugniß immer so viel kräfftiger wird/ als
wir einen weitern grad erlangen/ dabey wir
uns auch wol zu hüten haben/ daß wir nach
unserem maaß andere nicht messen sollen/
und etwa die jenige gnade/ welche wir nicht
erreichen/ vor unmüglich halten. Daher/
ob wir wol vor uns so weit nicht gekommen
sind/ haben wir doch nicht zu zweiffeln/ daß
eine seele/ die sich in der liebe GOttes treu-
lich geübet/ endlich durch des heil. Geistes
würckung so weit zu kommen vermöge/ daß
sie Göttlicher ehre die liebe dero eigenen see-
ligkeit dermassen nachsetze/ daß sie lieber ihr
eigen heil und genuß der himmlischen herr-
ligkeit entrathen wolte/ als daß etwas wider
Göttliche ehre geschehe: verstehe nemlich/

wo
D 2

iſt/ und der menſch deſto mehr darinnen zu
wachſen trachten ſolle: Daher haben wir
uns bey allen wercken auch nach dieſem
ſtück zu prüfen/ wie weit wir in der liebe zu-
genommen haben/ oder wie ſchwach wir
darinnen ſind. Wir haben auch immer
darnach zu ſtreben/ daß wir in der liebe wei-
ter zunehmen/ und gleichſam eine ſtaffel
nach der andern darinnen auffſteigen: in
deme/ ob wol alle warhaffte liebe ein zeug-
niß der gnaden-würckung iſt/ doch ſolches
zeugniß immer ſo viel kraͤfftiger wird/ als
wir einen weitern grad erlangen/ dabey wir
uns auch wol zu hüten haben/ daß wir nach
unſerem maaß andere nicht meſſen ſollen/
und etwa die jenige gnade/ welche wir nicht
erreichen/ vor unmüglich halten. Daher/
ob wir wol vor uns ſo weit nicht gekommen
ſind/ haben wir doch nicht zu zweiffeln/ daß
eine ſeele/ die ſich in der liebe GOttes treu-
lich geübet/ endlich durch des heil. Geiſtes
würckung ſo weit zu kommen vermoͤge/ daß
ſie Goͤttlicher ehre die liebe dero eigenen ſee-
ligkeit dermaſſen nachſetze/ daß ſie lieber ihr
eigen heil und genuß der himmliſchen herr-
ligkeit entrathen wolte/ als daß etwas wider
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wo
D 2
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[75/0137] iſt/ und der menſch deſto mehr darinnen zu wachſen trachten ſolle: Daher haben wir uns bey allen wercken auch nach dieſem ſtück zu prüfen/ wie weit wir in der liebe zu- genommen haben/ oder wie ſchwach wir darinnen ſind. Wir haben auch immer darnach zu ſtreben/ daß wir in der liebe wei- ter zunehmen/ und gleichſam eine ſtaffel nach der andern darinnen auffſteigen: in deme/ ob wol alle warhaffte liebe ein zeug- niß der gnaden-würckung iſt/ doch ſolches zeugniß immer ſo viel kraͤfftiger wird/ als wir einen weitern grad erlangen/ dabey wir uns auch wol zu hüten haben/ daß wir nach unſerem maaß andere nicht meſſen ſollen/ und etwa die jenige gnade/ welche wir nicht erreichen/ vor unmüglich halten. Daher/ ob wir wol vor uns ſo weit nicht gekommen ſind/ haben wir doch nicht zu zweiffeln/ daß eine ſeele/ die ſich in der liebe GOttes treu- lich geübet/ endlich durch des heil. Geiſtes würckung ſo weit zu kommen vermoͤge/ daß ſie Goͤttlicher ehre die liebe dero eigenen ſee- ligkeit dermaſſen nachſetze/ daß ſie lieber ihr eigen heil und genuß der himmliſchen herr- ligkeit entrathen wolte/ als daß etwas wider Goͤttliche ehre geſchehe: verſtehe nemlich/ wo D 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Natur und Gnade. Frankfurt (Main), 1687, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_natur_1687/137>, abgerufen am 28.11.2024.