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Spener, Philipp Jakob: Der innerliche und geistliche Friede. Frankfurt (Main), 1686.

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diesem eine maulschelle gebe/ daß er daumel-
te/ da er also darnach desto besser zuüberwin-
den wäre. So ist das leyden eine art ei-
ner artzeney/ damit unterschiedlichen
kranckheiten bey uns geholffen werden kan.
Wer hält es aber vor einen zorn und haß
deß medici, da derselbe in einer hart anse-
tzenden kranckheit/ eine ob zwar etwa har-
te/ schmertzliche und lange cur mit ihm vor-
nimmet? Man glaubet ja/ es seye solches
eine frucht seiner liebe und vorsorge/ ob es
auch biß an glieder abnehmen gehen
müßte. Jst nun dieses/ warum wolten
wir dann das jenige nicht eben sowol der lie-
be vielmehr als dem haß GOttes zuschrei-
ben/ da zwar seine artzeney-mittel zimlich
scharff beissen? um soviel mehr/ weil wir
uns zu seiner weißheit dessen versehen kön-
nen/ was wir von keinem leiblichen medico
hoffen dürffen/ sondern sehen/ wie manch-
mal dieselbe in ihren curen fehlen/ und die
patienten mit vergeblichen/ ja offters wie
der außgang gibet/ ob schon guter mey-
nung/ schädlichen artzeneymitteln martern.
Der HERR aber verstehet wahrhafftig
unsere kranckheit/ und wie deroselben zu
helffen/ er thut in den mitteln keinen miß-

griff/
J 5

dieſem eine maulſchelle gebe/ daß er daumel-
te/ da er alſo darnach deſto beſſer zuuͤberwin-
den waͤre. So iſt das leyden eine art ei-
ner artzeney/ damit unterſchiedlichen
kranckheiten bey uns geholffen werden kan.
Wer haͤlt es aber vor einen zorn und haß
deß medici, da derſelbe in einer hart anſe-
tzenden kranckheit/ eine ob zwar etwa har-
te/ ſchmertzliche und lange cur mit ihm vor-
nimmet? Man glaubet ja/ es ſeye ſolches
eine frucht ſeiner liebe und vorſorge/ ob es
auch biß an glieder abnehmen gehen
muͤßte. Jſt nun dieſes/ warum wolten
wir dann das jenige nicht eben ſowol der lie-
be vielmehr als dem haß GOttes zuſchrei-
ben/ da zwar ſeine artzeney-mittel zimlich
ſcharff beiſſen? um ſoviel mehr/ weil wir
uns zu ſeiner weißheit deſſen verſehen koͤn-
nen/ was wir von keinem leiblichen medico
hoffen duͤrffen/ ſondern ſehen/ wie manch-
mal dieſelbe in ihren curen fehlen/ und die
patienten mit vergeblichen/ ja offters wie
der außgang gibet/ ob ſchon guter mey-
nung/ ſchaͤdlichen artzeneymitteln martern.
Der HERR aber verſtehet wahrhafftig
unſere kranckheit/ und wie deroſelben zu
helffen/ er thut in den mitteln keinen miß-

griff/
J 5
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[201/0213] dieſem eine maulſchelle gebe/ daß er daumel- te/ da er alſo darnach deſto beſſer zuuͤberwin- den waͤre. So iſt das leyden eine art ei- ner artzeney/ damit unterſchiedlichen kranckheiten bey uns geholffen werden kan. Wer haͤlt es aber vor einen zorn und haß deß medici, da derſelbe in einer hart anſe- tzenden kranckheit/ eine ob zwar etwa har- te/ ſchmertzliche und lange cur mit ihm vor- nimmet? Man glaubet ja/ es ſeye ſolches eine frucht ſeiner liebe und vorſorge/ ob es auch biß an glieder abnehmen gehen muͤßte. Jſt nun dieſes/ warum wolten wir dann das jenige nicht eben ſowol der lie- be vielmehr als dem haß GOttes zuſchrei- ben/ da zwar ſeine artzeney-mittel zimlich ſcharff beiſſen? um ſoviel mehr/ weil wir uns zu ſeiner weißheit deſſen verſehen koͤn- nen/ was wir von keinem leiblichen medico hoffen duͤrffen/ ſondern ſehen/ wie manch- mal dieſelbe in ihren curen fehlen/ und die patienten mit vergeblichen/ ja offters wie der außgang gibet/ ob ſchon guter mey- nung/ ſchaͤdlichen artzeneymitteln martern. Der HERR aber verſtehet wahrhafftig unſere kranckheit/ und wie deroſelben zu helffen/ er thut in den mitteln keinen miß- griff/ J 5

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Der innerliche und geistliche Friede. Frankfurt (Main), 1686, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_friede_1686/213>, abgerufen am 02.05.2024.