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Spener, Philipp Jakob: Der innerliche und geistliche Friede. Frankfurt (Main), 1686.

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halten lässet/ daß sie nichts als schrecken
an statt trostes/ an statt friedens lauter un-
ruhe fühlen/ und der HERR ihnen also
die empfindlichkeit solches vortrefflichen gu-
tes entzeucht/ daß sie kaum jemahl oder
eine lange zeit nichts von demselben empfin-
den/ nachdem er ihre schwachheit kennet/
wie sie dessen/ (als er dorten von seinem
Paulo über seine offenbahrungen auch vor-
gesehen hatte/ und deßwegen eine artzeney
ihm dagegen verordnet/ zu welcher auch
zimlicher unfriede in seiner seele mag gehöret
haben/) zu ihrer eigenen gefahr mißbrau-
chen möchten. Wie kan aber friede in der
seele seyn/ da sie ihn nicht empfindet? Da
doch solche empfindlichkeit selbsten zu der
natur deß friedens zugehören scheinet. Wir
haben zumercken/ es verhalte sich mit den
Göttlichen würckungen bey unserer seele
nicht gleichermassen/ wie bey den jenigen
dingen/ die natürlicher weise derselben einge-
trucket sind. Von diesen dingen mögen wir
wol meistens sagen/ daß wo dero empfind-
ligkeit nicht ist/ die sache auch selbs nicht seye:
als welche ordentlich allein in die kräfften der
seelen eingetrucket sind/ wo sie empfunden
werden/ aber nicht tieffer eintringen. Was

aber

halten laͤſſet/ daß ſie nichts als ſchrecken
an ſtatt troſtes/ an ſtatt friedens lauter un-
ruhe fuͤhlen/ und der HERR ihnen alſo
die empfindlichkeit ſolches vortrefflichen gu-
tes entzeucht/ daß ſie kaum jemahl oder
eine lange zeit nichts von demſelben empfin-
den/ nachdem er ihre ſchwachheit kennet/
wie ſie deſſen/ (als er dorten von ſeinem
Paulo uͤber ſeine offenbahrungen auch vor-
geſehen hatte/ und deßwegen eine artzeney
ihm dagegen verordnet/ zu welcher auch
zimlicher unfriede in ſeiner ſeele mag gehoͤret
haben/) zu ihrer eigenen gefahr mißbrau-
chen moͤchten. Wie kan aber friede in der
ſeele ſeyn/ da ſie ihn nicht empfindet? Da
doch ſolche empfindlichkeit ſelbſten zu der
natur deß friedens zugehoͤren ſcheinet. Wir
haben zumercken/ es verhalte ſich mit den
Goͤttlichen wuͤrckungen bey unſerer ſeele
nicht gleichermaſſen/ wie bey den jenigen
dingen/ die natuͤrlicher weiſe derſelben einge-
trucket ſind. Von dieſen dingen moͤgen wir
wol meiſtens ſagen/ daß wo dero empfind-
ligkeit nicht iſt/ die ſache auch ſelbs nicht ſeye:
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[104/0116] halten laͤſſet/ daß ſie nichts als ſchrecken an ſtatt troſtes/ an ſtatt friedens lauter un- ruhe fuͤhlen/ und der HERR ihnen alſo die empfindlichkeit ſolches vortrefflichen gu- tes entzeucht/ daß ſie kaum jemahl oder eine lange zeit nichts von demſelben empfin- den/ nachdem er ihre ſchwachheit kennet/ wie ſie deſſen/ (als er dorten von ſeinem Paulo uͤber ſeine offenbahrungen auch vor- geſehen hatte/ und deßwegen eine artzeney ihm dagegen verordnet/ zu welcher auch zimlicher unfriede in ſeiner ſeele mag gehoͤret haben/) zu ihrer eigenen gefahr mißbrau- chen moͤchten. Wie kan aber friede in der ſeele ſeyn/ da ſie ihn nicht empfindet? Da doch ſolche empfindlichkeit ſelbſten zu der natur deß friedens zugehoͤren ſcheinet. Wir haben zumercken/ es verhalte ſich mit den Goͤttlichen wuͤrckungen bey unſerer ſeele nicht gleichermaſſen/ wie bey den jenigen dingen/ die natuͤrlicher weiſe derſelben einge- trucket ſind. Von dieſen dingen moͤgen wir wol meiſtens ſagen/ daß wo dero empfind- ligkeit nicht iſt/ die ſache auch ſelbs nicht ſeye: als welche ordentlich allein in die kraͤfften der ſeelen eingetrucket ſind/ wo ſie empfunden werden/ aber nicht tieffer eintringen. Was aber

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Der innerliche und geistliche Friede. Frankfurt (Main), 1686, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_friede_1686/116>, abgerufen am 12.05.2024.