uns auch anderer exempel, die treu erfunden werden, und dero arbeit der HERR segnet, dazu aufmuntern muß, dergleichen auch zu thun, und nach solchem segen zu trachten.
1683.
SECTIO XIV. Von der gemeinschafft mit irrigen religions- verwandten: ob auch solche selig werden können.
WAs das erste anlangt, worinnen vornemlich von der gemeinschafft mit den irrigen religions-verwandten gehandelt wurde, so will nur mit wenigem als es möglich ist, nochmal mich expectoriren. Jch achte freylich keinen irrthum geringe, sondern hingegen preise die gnade GOTTes, welche er unserer kirchen in der erkäntnüß der lautern war- heit gegeben hat. Jch erkenne auch die angeführte mehrere distinctio- nes gern, und weiß, daß nach dero unterschied unterschiedlicherley muß geurtheilet werden. Ad hypothesin aber zu gehen: So erkenne auch, daß durch das vertrauen auf einige wercke, als etwas dadurch unsere see- ligkeit erhalten würde, schlechterdings der glaube, und zwar fides quae credit, aufgehaben werde, daher mit demselben dieser nicht stehen könne. Jch weiß aber, daß mitten in der Päbstischen kirchen, ja selbst in clöstern eini- ge solche leute sind, welche von einigem vertrauen auf ihr oder anders men- schen werck nicht wissen wollen; Sondern im tod und leben allein auf der blossen gnade GOTTes und dem verdienst JESU CHristi stehen blei- ben, obs wol ihrer kirchen principiis schnur stracks entgegen ist: Sie blei- ben aber bey ihrem alten Taulero und andern von uns selbst erkennenden, von ihrer kirchen aber nicht verdammten, testibus veritatis, und sind denen nicht ungleich, die vor Luthero gelebt. Die Reformirte betreffend leug- ne ich nicht, daß ich einen horrorem vor der lehr des absoluti decreti ha- be, und dessen greuel nicht genug zu detestiren weiß. Jch dancke aber GOTT, dessen heilige güte und weißheit in der Reformirten kirchen den grössesten theil der zuhörer vor solchen irrthum verwahret, welche so gar gut Lutherisch in diesem articul sind, daß sie es vor eine grausame auflage hal- ten, wo man ihren lehrern dergleichen aufbürdet, als die ihr lebtag offt von der cantzel nicht ein wort davon gehört. Jch erinnere mich dabey eines vor- nehmen Edel- und Staatsmanns, den ich, da er Reformirt gewesen, und zu uns trat, informiren mußte, bey dem ich mühe hatte, und es ihm in ihren eigenen schrifften zeigen mußte, daß er sehe, was die seinige von sol- chem gläubten. Noch jüngsthin redete mit einem, so sonsten in glaubens-
sachen
i 2
ARTIC. I. SECT. XIV.
uns auch anderer exempel, die treu erfunden werden, und dero arbeit der HERR ſegnet, dazu aufmuntern muß, dergleichen auch zu thun, und nach ſolchem ſegen zu trachten.
1683.
SECTIO XIV. Von der gemeinſchafft mit irrigen religions- verwandten: ob auch ſolche ſelig werden koͤnnen.
WAs das erſte anlangt, worinnen vornemlich von der gemeinſchafft mit den irrigen religions-verwandten gehandelt wurde, ſo will nur mit wenigem als es moͤglich iſt, nochmal mich expectoriren. Jch achte freylich keinen irrthum geringe, ſondern hingegen preiſe die gnade GOTTes, welche er unſerer kirchen in der erkaͤntnuͤß der lautern war- heit gegeben hat. Jch erkenne auch die angefuͤhrte mehrere diſtinctio- nes gern, und weiß, daß nach dero unterſchied unterſchiedlicherley muß geurtheilet werden. Ad hypotheſin aber zu gehen: So erkenne auch, daß durch das vertrauen auf einige wercke, als etwas dadurch unſere ſee- ligkeit erhalten wuͤrde, ſchlechterdings der glaube, und zwar fides quæ credit, aufgehaben werde, daher mit demſelben dieſer nicht ſtehen koͤnne. Jch weiß aber, daß mitten in der Paͤbſtiſchen kirchen, ja ſelbſt in cloͤſtern eini- ge ſolche leute ſind, welche von einigem vertrauen auf ihr oder anders men- ſchen werck nicht wiſſen wollen; Sondern im tod und leben allein auf der bloſſen gnade GOTTes und dem verdienſt JESU CHriſti ſtehen blei- ben, obs wol ihrer kirchen principiis ſchnur ſtracks entgegen iſt: Sie blei- ben aber bey ihrem alten Taulero und andern von uns ſelbſt erkennenden, von ihrer kirchen aber nicht verdammten, teſtibus veritatis, und ſind denen nicht ungleich, die vor Luthero gelebt. Die Reformirte betreffend leug- ne ich nicht, daß ich einen horrorem vor der lehr des abſoluti decreti ha- be, und deſſen greuel nicht genug zu deteſtiren weiß. Jch dancke aber GOTT, deſſen heilige guͤte und weißheit in der Reformirten kirchen den groͤſſeſten theil der zuhoͤrer vor ſolchen irrthum verwahret, welche ſo gar gut Lutheriſch in dieſem articul ſind, daß ſie es vor eine grauſame auflage hal- ten, wo man ihren lehrern dergleichen aufbuͤrdet, als die ihr lebtag offt von der cantzel nicht ein wort davon gehoͤrt. Jch erinnere mich dabey eines vor- nehmen Edel- und Staatsmanns, den ich, da er Reformirt geweſen, und zu uns trat, informiren mußte, bey dem ich muͤhe hatte, und es ihm in ihren eigenen ſchrifften zeigen mußte, daß er ſehe, was die ſeinige von ſol- chem glaͤubten. Noch juͤngſthin redete mit einem, ſo ſonſten in glaubens-
ſachen
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ARTIC. I. SECT. XIV.
uns auch anderer exempel, die treu erfunden werden, und dero arbeit der
HERR ſegnet, dazu aufmuntern muß, dergleichen auch zu thun, und nach
ſolchem ſegen zu trachten.
1683.
SECTIO XIV.
Von der gemeinſchafft mit irrigen religions-
verwandten: ob auch ſolche ſelig werden
koͤnnen.
WAs das erſte anlangt, worinnen vornemlich von der gemeinſchafft
mit den irrigen religions-verwandten gehandelt wurde, ſo will nur
mit wenigem als es moͤglich iſt, nochmal mich expectoriren. Jch
achte freylich keinen irrthum geringe, ſondern hingegen preiſe die gnade
GOTTes, welche er unſerer kirchen in der erkaͤntnuͤß der lautern war-
heit gegeben hat. Jch erkenne auch die angefuͤhrte mehrere diſtinctio-
nes gern, und weiß, daß nach dero unterſchied unterſchiedlicherley muß
geurtheilet werden. Ad hypotheſin aber zu gehen: So erkenne auch,
daß durch das vertrauen auf einige wercke, als etwas dadurch unſere ſee-
ligkeit erhalten wuͤrde, ſchlechterdings der glaube, und zwar fides quæ
credit, aufgehaben werde, daher mit demſelben dieſer nicht ſtehen koͤnne.
Jch weiß aber, daß mitten in der Paͤbſtiſchen kirchen, ja ſelbſt in cloͤſtern eini-
ge ſolche leute ſind, welche von einigem vertrauen auf ihr oder anders men-
ſchen werck nicht wiſſen wollen; Sondern im tod und leben allein auf
der bloſſen gnade GOTTes und dem verdienſt JESU CHriſti ſtehen blei-
ben, obs wol ihrer kirchen principiis ſchnur ſtracks entgegen iſt: Sie blei-
ben aber bey ihrem alten Taulero und andern von uns ſelbſt erkennenden,
von ihrer kirchen aber nicht verdammten, teſtibus veritatis, und ſind denen
nicht ungleich, die vor Luthero gelebt. Die Reformirte betreffend leug-
ne ich nicht, daß ich einen horrorem vor der lehr des abſoluti decreti ha-
be, und deſſen greuel nicht genug zu deteſtiren weiß. Jch dancke aber
GOTT, deſſen heilige guͤte und weißheit in der Reformirten kirchen den
groͤſſeſten theil der zuhoͤrer vor ſolchen irrthum verwahret, welche ſo gar gut
Lutheriſch in dieſem articul ſind, daß ſie es vor eine grauſame auflage hal-
ten, wo man ihren lehrern dergleichen aufbuͤrdet, als die ihr lebtag offt von
der cantzel nicht ein wort davon gehoͤrt. Jch erinnere mich dabey eines vor-
nehmen Edel- und Staatsmanns, den ich, da er Reformirt geweſen,
und zu uns trat, informiren mußte, bey dem ich muͤhe hatte, und es ihm
in ihren eigenen ſchrifften zeigen mußte, daß er ſehe, was die ſeinige von ſol-
chem glaͤubten. Noch juͤngſthin redete mit einem, ſo ſonſten in glaubens-
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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/79>, abgerufen am 23.11.2024.
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