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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. IV. SECTIO XXVII.
auf alle weise suche zu hindern/ von deme er einigen schaden sorget/ welches
lauter dergleichen dinge sind/ die uns betrüben oder verunruhigen können/ so sehe ich
doch durch dieses alles hindurch/ und betrachte den rath dessen/ ohn dem uns
nichts begegnen kan/ ist mir auch lieb/ daß derselbe selbs bezeuget/ es seye des
HERRN wille/ ihn wacker zu exerciren und zu prüffen. Und so ists auch
in der wahrheit. Der HERR hat ihn mit gutem ingenio begabet/ auch einen
feinen schatz der erudition samlen lassen/ so dann einen hertzlichen willen in
ihme erwecket/ künfftig dem HErrn treulich zu dienen: nun zu diesem zweck
will er selbst/ der uns und was uns fehle innerst kennet/ ihn mehr und mehr
bereiten und tüchtig machen/ auf daß er ein auserwehlter und von GOTT ge-
lehrter theologus und rüstzeug werde/ um dermaleins vielen nutzen zu schaf-
fen. Er weiß/ wie unser liebe Lutherus dem studio theologico diesen me-
thodum
vorgeschrieben/ daß dazu gehöre/ meditatio, oratio, tentatio, An
der meditation wird es bisher nicht gemangelt haben/ wozu insgesamt die
studia ziehe/ jedoch bitte ich selbs zu gedencken/ ob die meditation allemal
auch mit einem solchen absehen auf sich selbsten/ und wie man jegliche der gött-
lichen wahrheit auch bey sich und in seinem hertzen finde/ geschehen seye/ wie
die eigne erbauung erfordert: massen unser studiren selbst in den heiligen stu-
diis
niemals allein um geschickter/ sondern auch allemal um besser zu werden/
angestellet werden muß. Das gebet anlangende/ will nicht zweiflen/ daß
auch vorher solche christliche pflicht nicht eben schläffrich beobachtet worden:
doch wird derselbe auch nicht in abrede seyn/ daß dieselbe begegnüß ihn desto
tieffer in das gebet treibe. An der tentation hat es noch bis daher geman-
gelt/ diese schicket also nunmehr der HERR/ gewißlich aus heilsamen rath und
seligem zweck. Lasset uns nur in solche göttliche ordnung uns recht schicken/
und seinem rath platz geben/ so soll einmal nicht reuen/ in diese anfechtung
gerathen zu seyn, Wie insgemein die anfechtung unserer gemüther von man-
cher vorhin unerkanter eitelkeit der welt/ eigensinn/ einbildung und derglei-
chen/ was uns sonsten an dem dienste unsers GOttes hinderlich seyn würde/
zu reinigen pflegen: daher wir nach verspührter solcher frucht zu seiner zeit sei-
ne treue güte zu preisen ursach gnug finden. Nun auf das schreiben abson-
derlich von stück zu stück zu kommen: will ich mir die macht nicht nehmen/
diejenige und dero ursachen/ welche und warum sie bis daher deßen beförde-
rung sich opponiret/ vermessentlich zu urtheilen/ nachdem ich sie selbs nicht
kenne. Jst mir doch leid/ daß ich durch so viel exempel erfahren muß/ wie so
gar nicht alle diejenige/ die an andern seelen arbeiten/ der welt und ihren eigenen
affecten/ wie es billich seyn solle/ abzusterben beflissen seyn. Herr. NN. allein
kenne ich/ und wünschte hertzlich/ daß ich ihn so kennete/ oder dergleichen noch

von

ARTIC. IV. SECTIO XXVII.
auf alle weiſe ſuche zu hindern/ von deme er einigen ſchaden ſorget/ welches
lauter dergleichen dinge ſind/ die uns betruͤben oder verunruhigen koͤnnen/ ſo ſehe ich
doch durch dieſes alles hindurch/ und betrachte den rath deſſen/ ohn dem uns
nichts begegnen kan/ iſt mir auch lieb/ daß derſelbe ſelbs bezeuget/ es ſeye des
HERRN wille/ ihn wacker zu exerciren und zu pruͤffen. Und ſo iſts auch
in der wahrheit. Der HERR hat ihn mit gutem ingenio begabet/ auch einen
feinen ſchatz der erudition ſamlen laſſen/ ſo dann einen hertzlichen willen in
ihme erwecket/ kuͤnfftig dem HErrn treulich zu dienen: nun zu dieſem zweck
will er ſelbſt/ der uns und was uns fehle innerſt kennet/ ihn mehr und mehr
bereiten und tuͤchtig machen/ auf daß er ein auserwehlter und von GOTT ge-
lehrter theologus und ruͤſtzeug werde/ um dermaleins vielen nutzen zu ſchaf-
fen. Er weiß/ wie unſer liebe Lutherus dem ſtudio theologico dieſen me-
thodum
vorgeſchrieben/ daß dazu gehoͤre/ meditatio, oratio, tentatio, An
der meditation wird es bisher nicht gemangelt haben/ wozu insgeſamt die
ſtudia ziehe/ jedoch bitte ich ſelbs zu gedencken/ ob die meditation allemal
auch mit einem ſolchen abſehen auf ſich ſelbſten/ und wie man jegliche der goͤtt-
lichen wahrheit auch bey ſich und in ſeinem hertzen finde/ geſchehen ſeye/ wie
die eigne erbauung erfordert: maſſen unſer ſtudiren ſelbſt in den heiligen ſtu-
diis
niemals allein um geſchickter/ ſondern auch allemal um beſſer zu werden/
angeſtellet werden muß. Das gebet anlangende/ will nicht zweiflen/ daß
auch vorher ſolche chriſtliche pflicht nicht eben ſchlaͤffrich beobachtet worden:
doch wird derſelbe auch nicht in abrede ſeyn/ daß dieſelbe begegnuͤß ihn deſto
tieffer in das gebet treibe. An der tentation hat es noch bis daher geman-
gelt/ dieſe ſchicket alſo nunmehr der HERR/ gewißlich aus heilſamen rath und
ſeligem zweck. Laſſet uns nur in ſolche goͤttliche ordnung uns recht ſchicken/
und ſeinem rath platz geben/ ſo ſoll einmal nicht reuen/ in dieſe anfechtung
gerathen zu ſeyn, Wie insgemein die anfechtung unſerer gemuͤther von man-
cher vorhin unerkanter eitelkeit der welt/ eigenſinn/ einbildung und derglei-
chen/ was uns ſonſten an dem dienſte unſers GOttes hinderlich ſeyn wuͤrde/
zu reinigen pflegen: daher wir nach verſpuͤhrter ſolcher frucht zu ſeiner zeit ſei-
ne treue guͤte zu preiſen urſach gnug finden. Nun auf das ſchreiben abſon-
derlich von ſtuͤck zu ſtuͤck zu kommen: will ich mir die macht nicht nehmen/
diejenige und dero urſachen/ welche und warum ſie bis daher deßen befoͤrde-
rung ſich opponiret/ vermeſſentlich zu urtheilen/ nachdem ich ſie ſelbs nicht
kenne. Jſt mir doch leid/ daß ich durch ſo viel exempel erfahren muß/ wie ſo
gar nicht alle diejenige/ die an andern ſeelen arbeiten/ der welt und ihren eigenen
affecten/ wie es billich ſeyn ſolle/ abzuſterben befliſſen ſeyn. Herr. NN. allein
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[479/0491] ARTIC. IV. SECTIO XXVII. auf alle weiſe ſuche zu hindern/ von deme er einigen ſchaden ſorget/ welches lauter dergleichen dinge ſind/ die uns betruͤben oder verunruhigen koͤnnen/ ſo ſehe ich doch durch dieſes alles hindurch/ und betrachte den rath deſſen/ ohn dem uns nichts begegnen kan/ iſt mir auch lieb/ daß derſelbe ſelbs bezeuget/ es ſeye des HERRN wille/ ihn wacker zu exerciren und zu pruͤffen. Und ſo iſts auch in der wahrheit. Der HERR hat ihn mit gutem ingenio begabet/ auch einen feinen ſchatz der erudition ſamlen laſſen/ ſo dann einen hertzlichen willen in ihme erwecket/ kuͤnfftig dem HErrn treulich zu dienen: nun zu dieſem zweck will er ſelbſt/ der uns und was uns fehle innerſt kennet/ ihn mehr und mehr bereiten und tuͤchtig machen/ auf daß er ein auserwehlter und von GOTT ge- lehrter theologus und ruͤſtzeug werde/ um dermaleins vielen nutzen zu ſchaf- fen. Er weiß/ wie unſer liebe Lutherus dem ſtudio theologico dieſen me- thodum vorgeſchrieben/ daß dazu gehoͤre/ meditatio, oratio, tentatio, An der meditation wird es bisher nicht gemangelt haben/ wozu insgeſamt die ſtudia ziehe/ jedoch bitte ich ſelbs zu gedencken/ ob die meditation allemal auch mit einem ſolchen abſehen auf ſich ſelbſten/ und wie man jegliche der goͤtt- lichen wahrheit auch bey ſich und in ſeinem hertzen finde/ geſchehen ſeye/ wie die eigne erbauung erfordert: maſſen unſer ſtudiren ſelbſt in den heiligen ſtu- diis niemals allein um geſchickter/ ſondern auch allemal um beſſer zu werden/ angeſtellet werden muß. Das gebet anlangende/ will nicht zweiflen/ daß auch vorher ſolche chriſtliche pflicht nicht eben ſchlaͤffrich beobachtet worden: doch wird derſelbe auch nicht in abrede ſeyn/ daß dieſelbe begegnuͤß ihn deſto tieffer in das gebet treibe. An der tentation hat es noch bis daher geman- gelt/ dieſe ſchicket alſo nunmehr der HERR/ gewißlich aus heilſamen rath und ſeligem zweck. Laſſet uns nur in ſolche goͤttliche ordnung uns recht ſchicken/ und ſeinem rath platz geben/ ſo ſoll einmal nicht reuen/ in dieſe anfechtung gerathen zu ſeyn, Wie insgemein die anfechtung unſerer gemuͤther von man- cher vorhin unerkanter eitelkeit der welt/ eigenſinn/ einbildung und derglei- chen/ was uns ſonſten an dem dienſte unſers GOttes hinderlich ſeyn wuͤrde/ zu reinigen pflegen: daher wir nach verſpuͤhrter ſolcher frucht zu ſeiner zeit ſei- ne treue guͤte zu preiſen urſach gnug finden. Nun auf das ſchreiben abſon- derlich von ſtuͤck zu ſtuͤck zu kommen: will ich mir die macht nicht nehmen/ diejenige und dero urſachen/ welche und warum ſie bis daher deßen befoͤrde- rung ſich opponiret/ vermeſſentlich zu urtheilen/ nachdem ich ſie ſelbs nicht kenne. Jſt mir doch leid/ daß ich durch ſo viel exempel erfahren muß/ wie ſo gar nicht alle diejenige/ die an andern ſeelen arbeiten/ der welt und ihren eigenen affecten/ wie es billich ſeyn ſolle/ abzuſterben befliſſen ſeyn. Herr. NN. allein kenne ich/ und wuͤnſchte hertzlich/ daß ich ihn ſo kennete/ oder dergleichen noch von

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/491>, abgerufen am 22.11.2024.