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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.

NAchdem ich diese stunden durch GOTTES gnade mich wiederum die fe-
der zu führen bequem finde/ habe die wider willen/ aus der von dem
HERRN zugesandten unpäßlichkeit verzögerte antwort/ so bald vor die
hand nehmen sollen. Da ich zum fördersten mit demselben den GOTT
des lebens hertzlich preise/ welcher ihren ehestand mit einem lieben töchterlein seg-
nen und erfreuen wollen/ dabey ich seine güte demüthig anruffe/ welche nicht
nur allein solches liebe kind bey guter gesundheit erhalten und zu völligem alter brin-
gen/ sondern vornehmlich das durch die heilige tauff in demselben gewirckte
gute in zeit und ewigkeit kräfftiglich erhalten wolle/ damit es gleichwie in stä-
tem genuß der einmal empfangenen vergebung der sünden zeit seines lebens
verbleibe/ also als ein glied an dem geistlichen leib JEsu CHristi von ihm dem hoch-
gelobten haupt täglich neue krafft des heiligen Geistes empfange zu einem geistlichen
wachsthum an dem innern menschen: daß es in beystand des mitgetheilten Geistes
dem satan und der welt/ durch das gantze leben durch/ kräfftig widerstand thue/
und sich ja nimmermehr (also stäts eingedenck des theuren gethanen verspruchs) von
demselben in das gemeine verderben/ welches wir fast aller orten vor augen sehen/
einflechten lasse/ worzu gewiß eine göttliche krafft gehöret: daß es auch in dem ange-
tretenen kampff gegen das eigene fleisch treulich zu seiner zeit fortfahre/ und seine
tauff in stäter mehrer ausziehung des alten und anziehung des neuen menschen/ das
gantze leben durch practisire: daß es ferner aus der krafft der empfangenen wieder-
geburt und geistes/ auch übriger göttlicher mittel/ welche es zu seiner zeit gebrauchen
wird/ als ein fruchtbarer rebe an dem weinstock JESU CHristo unzähliche früchte
das gantze leben durch bringe/ zu dem preiß des himmlischen Vaters/ des nech-
sten und der gesamten christlichen kirchen erbauung und versicherung seines ein-
mal erlangten heils: endlich daß es von den erlangten gütern der seligkeit so
viel hier in der zeit geniesse/ als der gegenwärtige zustand mit sich bringet/ bis es in
den vollkommenen und offenbaren genuß derselbigen in jener ewigkeit eingehe/ zu
welchem erbe es wiedergebohren ist. Zu desto leichter erhaltung solches alles/ weil
die elterliche treue erziehung ein grosses thut/ so wünsche nicht weniger/ daß der
HERR HERR sie/ geliebte eltern/ nicht nur allein solches ihres kindes wegen bey
langwirigem leben und gesunden wolwesen erhalte/ sondern auch dermassen mit sei-
nem H. Geist erfüllen und regieren wolle/ daß sie diese zarte ihnen anvertrauete see-
le treulich verwahren/ zu der erkäntnüß und furcht des HERRN klüglich auffer-
ziehen/ und davor sorge tragen mögen/ damit es nicht von dem allgemeinen
schwall der verderbnüß in der welt mit hingerissen/ vielmehr aber vermit-
tels göttlicher krafft unter ihrer aufsicht in der tauffgnade erhalten werde.
Dieses ist mein inniglicher wunsch und gebet vor das liebe götigen/ und

solle
Das ſiebende Capitel.

NAchdem ich dieſe ſtunden durch GOTTES gnade mich wiederum die fe-
der zu fuͤhren bequem finde/ habe die wider willen/ aus der von dem
HERRN zugeſandten unpaͤßlichkeit verzoͤgerte antwort/ ſo bald vor die
hand nehmen ſollen. Da ich zum foͤrderſten mit demſelben den GOTT
des lebens hertzlich preiſe/ welcher ihren eheſtand mit einem lieben toͤchterlein ſeg-
nen und erfreuen wollen/ dabey ich ſeine guͤte demuͤthig anruffe/ welche nicht
nur allein ſolches liebe kind bey guter geſundheit erhalten und zu voͤlligem alter brin-
gen/ ſondern vornehmlich das durch die heilige tauff in demſelben gewirckte
gute in zeit und ewigkeit kraͤfftiglich erhalten wolle/ damit es gleichwie in ſtaͤ-
tem genuß der einmal empfangenen vergebung der ſuͤnden zeit ſeines lebens
verbleibe/ alſo als ein glied an dem geiſtlichen leib JEſu CHriſti von ihm dem hoch-
gelobten haupt taͤglich neue krafft des heiligen Geiſtes empfange zu einem geiſtlichen
wachsthum an dem innern menſchen: daß es in beyſtand des mitgetheilten Geiſtes
dem ſatan und der welt/ durch das gantze leben durch/ kraͤfftig widerſtand thue/
und ſich ja nimmermehr (alſo ſtaͤts eingedenck des theuren gethanen verſpruchs) von
demſelben in das gemeine verderben/ welches wir faſt aller orten vor augen ſehen/
einflechten laſſe/ worzu gewiß eine goͤttliche krafft gehoͤret: daß es auch in dem ange-
tretenen kampff gegen das eigene fleiſch treulich zu ſeiner zeit fortfahre/ und ſeine
tauff in ſtaͤter mehrer ausziehung des alten und anziehung des neuen menſchen/ das
gantze leben durch practiſire: daß es ferner aus der krafft der empfangenen wieder-
geburt und geiſtes/ auch uͤbriger goͤttlicher mittel/ welche es zu ſeiner zeit gebrauchen
wird/ als ein fruchtbarer rebe an dem weinſtock JESU CHriſto unzaͤhliche fruͤchte
das gantze leben durch bringe/ zu dem preiß des himmliſchen Vaters/ des nech-
ſten und der geſamten chriſtlichen kirchen erbauung und verſicherung ſeines ein-
mal erlangten heils: endlich daß es von den erlangten guͤtern der ſeligkeit ſo
viel hier in der zeit genieſſe/ als der gegenwaͤrtige zuſtand mit ſich bringet/ bis es in
den vollkommenen und offenbaren genuß derſelbigen in jener ewigkeit eingehe/ zu
welchem erbe es wiedergebohren iſt. Zu deſto leichter erhaltung ſolches alles/ weil
die elterliche treue erziehung ein groſſes thut/ ſo wuͤnſche nicht weniger/ daß der
HERR HERR ſie/ geliebte eltern/ nicht nur allein ſolches ihres kindes wegen bey
langwirigem leben und geſunden wolweſen erhalte/ ſondern auch dermaſſen mit ſei-
nem H. Geiſt erfuͤllen und regieren wolle/ daß ſie dieſe zarte ihnen anvertrauete ſee-
le treulich verwahren/ zu der erkaͤntnuͤß und furcht des HERRN kluͤglich auffer-
ziehen/ und davor ſorge tragen moͤgen/ damit es nicht von dem allgemeinen
ſchwall der verderbnuͤß in der welt mit hingeriſſen/ vielmehr aber vermit-
tels goͤttlicher krafft unter ihrer aufſicht in der tauffgnade erhalten werde.
Dieſes iſt mein inniglicher wunſch und gebet vor das liebe goͤtigen/ und

ſolle
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[476/0488] Das ſiebende Capitel. NAchdem ich dieſe ſtunden durch GOTTES gnade mich wiederum die fe- der zu fuͤhren bequem finde/ habe die wider willen/ aus der von dem HERRN zugeſandten unpaͤßlichkeit verzoͤgerte antwort/ ſo bald vor die hand nehmen ſollen. Da ich zum foͤrderſten mit demſelben den GOTT des lebens hertzlich preiſe/ welcher ihren eheſtand mit einem lieben toͤchterlein ſeg- nen und erfreuen wollen/ dabey ich ſeine guͤte demuͤthig anruffe/ welche nicht nur allein ſolches liebe kind bey guter geſundheit erhalten und zu voͤlligem alter brin- gen/ ſondern vornehmlich das durch die heilige tauff in demſelben gewirckte gute in zeit und ewigkeit kraͤfftiglich erhalten wolle/ damit es gleichwie in ſtaͤ- tem genuß der einmal empfangenen vergebung der ſuͤnden zeit ſeines lebens verbleibe/ alſo als ein glied an dem geiſtlichen leib JEſu CHriſti von ihm dem hoch- gelobten haupt taͤglich neue krafft des heiligen Geiſtes empfange zu einem geiſtlichen wachsthum an dem innern menſchen: daß es in beyſtand des mitgetheilten Geiſtes dem ſatan und der welt/ durch das gantze leben durch/ kraͤfftig widerſtand thue/ und ſich ja nimmermehr (alſo ſtaͤts eingedenck des theuren gethanen verſpruchs) von demſelben in das gemeine verderben/ welches wir faſt aller orten vor augen ſehen/ einflechten laſſe/ worzu gewiß eine goͤttliche krafft gehoͤret: daß es auch in dem ange- tretenen kampff gegen das eigene fleiſch treulich zu ſeiner zeit fortfahre/ und ſeine tauff in ſtaͤter mehrer ausziehung des alten und anziehung des neuen menſchen/ das gantze leben durch practiſire: daß es ferner aus der krafft der empfangenen wieder- geburt und geiſtes/ auch uͤbriger goͤttlicher mittel/ welche es zu ſeiner zeit gebrauchen wird/ als ein fruchtbarer rebe an dem weinſtock JESU CHriſto unzaͤhliche fruͤchte das gantze leben durch bringe/ zu dem preiß des himmliſchen Vaters/ des nech- ſten und der geſamten chriſtlichen kirchen erbauung und verſicherung ſeines ein- mal erlangten heils: endlich daß es von den erlangten guͤtern der ſeligkeit ſo viel hier in der zeit genieſſe/ als der gegenwaͤrtige zuſtand mit ſich bringet/ bis es in den vollkommenen und offenbaren genuß derſelbigen in jener ewigkeit eingehe/ zu welchem erbe es wiedergebohren iſt. Zu deſto leichter erhaltung ſolches alles/ weil die elterliche treue erziehung ein groſſes thut/ ſo wuͤnſche nicht weniger/ daß der HERR HERR ſie/ geliebte eltern/ nicht nur allein ſolches ihres kindes wegen bey langwirigem leben und geſunden wolweſen erhalte/ ſondern auch dermaſſen mit ſei- nem H. Geiſt erfuͤllen und regieren wolle/ daß ſie dieſe zarte ihnen anvertrauete ſee- le treulich verwahren/ zu der erkaͤntnuͤß und furcht des HERRN kluͤglich auffer- ziehen/ und davor ſorge tragen moͤgen/ damit es nicht von dem allgemeinen ſchwall der verderbnuͤß in der welt mit hingeriſſen/ vielmehr aber vermit- tels goͤttlicher krafft unter ihrer aufſicht in der tauffgnade erhalten werde. Dieſes iſt mein inniglicher wunſch und gebet vor das liebe goͤtigen/ und ſolle

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/488>, abgerufen am 22.11.2024.