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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. I. SECTIO VIII.
welches zu einer zeit geschehen soll, wann auch GOtt seine rache an den
gottlosen üben wird. 2. Thess. 1, 6. 7. 8. 9. Welche ort alle meines erach-
tens so klar find, daß ein einfältiger und der warheit begieriger in denselben
deutlich findet, womit er zufrieden seyn, und seinen glauben gründen kan.
Was nun anlangt diejenige ort, welche dieser lehr solten scheinen entgegen
zu stehen, hoffe ich, wo sie in der furcht des HERREN und mit gegenhal-
tung der jetzt angezogenen deutlichen stellen erwogen werden, werde sichs
gnugsam zeigen, daß auch dieselbige damit überein kommen. 1. Was be-
trifft den ort 1. Cor. 15, 23. 24. So bemercke ich (1.) billich dieses. daß
der liebe Apostel eigenlich in dem gantzen capitul handele nicht von der
auferstehung insgemein, sondern von der auferstehung zu dem ewigen le-
ben, von dero es heissen mag zoopoiethesontai. wie auch die Hebräer eini-
gen unterscheid machen unter tqvmh, die auferstehung, welche allen
menschen gemein ist, und darinnen bestehet, daß seel und leib wieder mit ein-
ander vereiniget werden, und tkhyyh die lebendigmachung, welche allein
den frommen zukommet, die eine auferstehung des lebens geheissen hat.
Joh. 5, 29. Die erste ist nicht eigentlich eine frucht des verdienstes CHri-
sti, dann sie würde ein werck göttlicher gerechtigkeit gewesen seyn, ob
schon Christus nicht gekommen wäre; Diese aber ist eine wirckung der
auferstehung Christi, und gehet also allein die gläubigen an, und machet, daß
die auferstehung ihnen selig und erfreulich seye. Nun redet Paulus von der
auferstehung, die wir in Christo dem neuen stamm-vater, wie er dem
ersten Adam entgegen stehet, haben. v. 21. 22. (wo sich einer an dem wort
alle stossen wolte, so halte man dagegen Rom. 5, 18.) daher auch in den
folgenden worten v. 41. 42. u. f. siehet man, er rede von einer solchen aufer-
stehung, dabey lauter verklärte leiber seyen. Daß also gantz hell vor au-
gen stehet, es seye die meinung in dem gantzen capitel zu handlen von der
auferstehung der frommen, die denselben zum trost dienen könte. (2.) begeh-
re ich nichts zu ändern in der ordnung des Apostels, sondern es bleibet da-
bey (1.) ist der erstling Christus. (2.) darnach die Christum angehören, ob
schon nicht in einer von den gottlosen der zeit nach abgesonderten auferste-
hung (welches Paulus nicht saget, und andern orten entgegen wäre) je-
doch in solcher allgemeinen auferstehung, in dero jetzo ihrer allein meldung
geschihet nach der intention die Paulus gehabt hat. Dann Paulus ma-
chet einen gegensatz in der ordnung, nicht zwischen denen die CHRJSTO
und die ihm nicht angehören, als davon er nicht reden wolte, sondern zwischen
Christo und denen die ihm angehören: Da folgt freylich dieser, der Chri-
sten und der glieder, auferstehung nach jener. (3.) Folgt das ende, da er

das
e 2

ARTIC. I. SECTIO VIII.
welches zu einer zeit geſchehen ſoll, wann auch GOtt ſeine rache an den
gottloſen uͤben wird. 2. Theſſ. 1, 6. 7. 8. 9. Welche ort alle meines erach-
tens ſo klar find, daß ein einfaͤltiger und der warheit begieriger in denſelben
deutlich findet, womit er zufrieden ſeyn, und ſeinen glauben gruͤnden kan.
Was nun anlangt diejenige ort, welche dieſer lehr ſolten ſcheinen entgegen
zu ſtehen, hoffe ich, wo ſie in der furcht des HERREN und mit gegenhal-
tung der jetzt angezogenen deutlichen ſtellen erwogen werden, werde ſichs
gnugſam zeigen, daß auch dieſelbige damit uͤberein kommen. 1. Was be-
trifft den ort 1. Cor. 15, 23. 24. So bemercke ich (1.) billich dieſes. daß
der liebe Apoſtel eigenlich in dem gantzen capitul handele nicht von der
auferſtehung insgemein, ſondern von der auferſtehung zu dem ewigen le-
ben, von dero es heiſſen mag ζωοποιηϑήσονται. wie auch die Hebraͤer eini-
gen unterſcheid machen unter תקומה, die auferſtehung, welche allen
menſchen gemein iſt, und darinnen beſtehet, daß ſeel und leib wieder mit ein-
ander vereiniget werden, und תחייה die lebendigmachung, welche allein
den frommen zukommet, die eine auferſtehung des lebens geheiſſen hat.
Joh. 5, 29. Die erſte iſt nicht eigentlich eine frucht des verdienſtes CHri-
ſti, dann ſie wuͤrde ein werck goͤttlicher gerechtigkeit geweſen ſeyn, ob
ſchon Chriſtus nicht gekommen waͤre; Dieſe aber iſt eine wirckung der
auferſtehung Chriſti, und gehet alſo allein die glaͤubigen an, und machet, daß
die auferſtehung ihnen ſelig und erfreulich ſeye. Nun redet Paulus von der
auferſtehung, die wir in Chriſto dem neuen ſtamm-vater, wie er dem
erſten Adam entgegen ſtehet, haben. v. 21. 22. (wo ſich einer an dem wort
alle ſtoſſen wolte, ſo halte man dagegen Rom. 5, 18.) daher auch in den
folgenden worten v. 41. 42. u. f. ſiehet man, er rede von einer ſolchen aufer-
ſtehung, dabey lauter verklaͤrte leiber ſeyen. Daß alſo gantz hell vor au-
gen ſtehet, es ſeye die meinung in dem gantzen capitel zu handlen von der
auferſtehung der frommen, die denſelben zum troſt dienen koͤnte. (2.) begeh-
re ich nichts zu aͤndern in der ordnung des Apoſtels, ſondern es bleibet da-
bey (1.) iſt der erſtling Chriſtus. (2.) darnach die Chriſtum angehoͤren, ob
ſchon nicht in einer von den gottloſen der zeit nach abgeſonderten auferſte-
hung (welches Paulus nicht ſaget, und andern orten entgegen waͤre) je-
doch in ſolcher allgemeinen auferſtehung, in dero jetzo ihrer allein meldung
geſchihet nach der intention die Paulus gehabt hat. Dann Paulus ma-
chet einen gegenſatz in der ordnung, nicht zwiſchen denen die CHRJSTO
und die ihm nicht angehoͤren, als davon er nicht reden wolte, ſondern zwiſchen
Chriſto und denen die ihm angehoͤren: Da folgt freylich dieſer, der Chri-
ſten und der glieder, auferſtehung nach jener. (3.) Folgt das ende, da er

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[35/0047] ARTIC. I. SECTIO VIII. welches zu einer zeit geſchehen ſoll, wann auch GOtt ſeine rache an den gottloſen uͤben wird. 2. Theſſ. 1, 6. 7. 8. 9. Welche ort alle meines erach- tens ſo klar find, daß ein einfaͤltiger und der warheit begieriger in denſelben deutlich findet, womit er zufrieden ſeyn, und ſeinen glauben gruͤnden kan. Was nun anlangt diejenige ort, welche dieſer lehr ſolten ſcheinen entgegen zu ſtehen, hoffe ich, wo ſie in der furcht des HERREN und mit gegenhal- tung der jetzt angezogenen deutlichen ſtellen erwogen werden, werde ſichs gnugſam zeigen, daß auch dieſelbige damit uͤberein kommen. 1. Was be- trifft den ort 1. Cor. 15, 23. 24. So bemercke ich (1.) billich dieſes. daß der liebe Apoſtel eigenlich in dem gantzen capitul handele nicht von der auferſtehung insgemein, ſondern von der auferſtehung zu dem ewigen le- ben, von dero es heiſſen mag ζωοποιηϑήσονται. wie auch die Hebraͤer eini- gen unterſcheid machen unter תקומה, die auferſtehung, welche allen menſchen gemein iſt, und darinnen beſtehet, daß ſeel und leib wieder mit ein- ander vereiniget werden, und תחייה die lebendigmachung, welche allein den frommen zukommet, die eine auferſtehung des lebens geheiſſen hat. Joh. 5, 29. Die erſte iſt nicht eigentlich eine frucht des verdienſtes CHri- ſti, dann ſie wuͤrde ein werck goͤttlicher gerechtigkeit geweſen ſeyn, ob ſchon Chriſtus nicht gekommen waͤre; Dieſe aber iſt eine wirckung der auferſtehung Chriſti, und gehet alſo allein die glaͤubigen an, und machet, daß die auferſtehung ihnen ſelig und erfreulich ſeye. Nun redet Paulus von der auferſtehung, die wir in Chriſto dem neuen ſtamm-vater, wie er dem erſten Adam entgegen ſtehet, haben. v. 21. 22. (wo ſich einer an dem wort alle ſtoſſen wolte, ſo halte man dagegen Rom. 5, 18.) daher auch in den folgenden worten v. 41. 42. u. f. ſiehet man, er rede von einer ſolchen aufer- ſtehung, dabey lauter verklaͤrte leiber ſeyen. Daß alſo gantz hell vor au- gen ſtehet, es ſeye die meinung in dem gantzen capitel zu handlen von der auferſtehung der frommen, die denſelben zum troſt dienen koͤnte. (2.) begeh- re ich nichts zu aͤndern in der ordnung des Apoſtels, ſondern es bleibet da- bey (1.) iſt der erſtling Chriſtus. (2.) darnach die Chriſtum angehoͤren, ob ſchon nicht in einer von den gottloſen der zeit nach abgeſonderten auferſte- hung (welches Paulus nicht ſaget, und andern orten entgegen waͤre) je- doch in ſolcher allgemeinen auferſtehung, in dero jetzo ihrer allein meldung geſchihet nach der intention die Paulus gehabt hat. Dann Paulus ma- chet einen gegenſatz in der ordnung, nicht zwiſchen denen die CHRJSTO und die ihm nicht angehoͤren, als davon er nicht reden wolte, ſondern zwiſchen Chriſto und denen die ihm angehoͤren: Da folgt freylich dieſer, der Chri- ſten und der glieder, auferſtehung nach jener. (3.) Folgt das ende, da er das e 2

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/47>, abgerufen am 23.11.2024.