Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

Bild:
<< vorherige Seite

ARTIC. III. SECTIO XII.
pige ergötzlichkeiten in dem trincken zu suchen: Wir schliessen diese frage billich mit
denen worten des alten Syrischen kirchenvaters Ephrem. (Serm, de festis) Festi-
vitates dominicas honorate, studiose contendite celebrantes eas non pa-
negyrice sed divine; non mundane sed spiritualiter; non instar gentilium
sed instar cristianorum: quare non portarum frontes coronemus, non
choreas ducamus, non chorum exornemus, non tibiis & citharis auditum
effaeminemus, non mollibus vestibus induamus, non cingulis auro radi-
antibus cingamus, non comessationibus & ebrietatibus dediti simus: ve-
rum ista relinquamus iis, quorum Deus venter est, & gloria in ipsorum
confusione.
Welche letzte wort sonderlich nachdrücklich sind/ da er von denen
jenigen/ die auf den Sonntag den zächen und sauffen sich ergeben aus Phil. 3/ 19.
saget/ der bauch sey ihr GOTT, und ihre ehre werde zu schanden.
So
möchten wir auch von denenselben sagen/ was jener saget/ daß ihrer viel die gantze
woche der welt mit allen sorgen und arbeit/ den sonntag aber gar dem teufel mit
unmäßigkeit/ dienen. GOtt laffe ja nicht zu/ daß solches unter uns Christen wei-
ter gesaget müsse werden.

SECTIO XII.
Als ein medicus geistliche schrifften/ darzu er
nicht geschickt/ ausgab/ warnung
schreiben.

DJe beyde mitgesandte schrifften habe mit flüchtigen augen/ weil die zeit nicht
mehr zugab/ überlauffen. Sihe daraus/ daß derselbe zu geist- und gött-
lichen dingen belieben trage/ auch wol viele warheiten aus GOttes wort er-
kennen mag. Finde aber auch/ daß demselben die gabe nicht gegeben seyn muß/
seine gedancken und concept so deutlich als bedächtlich und unanstößig auszudru-
cken/ als welches auch eine sonderbare gabe GOttes ist. Wie ich dann densel-
ben versichere/ daß nicht nur lieblose censores viel zu tadeln in den schrifften fin-
den werden/ sondern wo man auch mit aller liebe die sache ansihet/ dörfften einige
dinge sich schwerlich entschuldigen lassen/ sehr viele aber nicht anders als mit weit-
läufftigen entschuldigungen passiren können. Daher wo ich einen christlichen rath
in liebe zu geben habe/ wird es wohl dieser seyn/ daß zwar vor seine person das reich
GOttes und seine gerechtigkeit zu suchen/ also aus göttlichem wort seinen glauben
jemehr und mehr zu bevestigen/ und dessen früchten zu bringen/ billich so seine als
aller menschen vornehmste sorge seyn solle/ wie dann so fern das geistliche den vor-
zug behält. Was aber dasjenige anlangt/ wormit derselbe seinem nechsten nach
GOttes willen zu dienen habe/ achte ich seye das haupt-werck sein ordinar beruff/

mit

ARTIC. III. SECTIO XII.
pige ergoͤtzlichkeiten in dem trincken zu ſuchen: Wir ſchlieſſen dieſe frage billich mit
denen worten des alten Syriſchen kirchenvaters Ephrem. (Serm, de feſtis) Feſti-
vitates dominicas honorate, ſtudioſe contendite celebrantes eas non pa-
negyrice ſed divine; non mundane ſed ſpiritualiter; non inſtar gentilium
ſed inſtar criſtianorum: quare non portarum frontes coronemus, non
choreas ducamus, non chorum exornemus, non tibiis & citharis auditum
effæminemus, non mollibus veſtibus induamus, non cingulis auro radi-
antibus cingamus, non comesſationibus & ebrietatibus dediti ſimus: ve-
rum iſta relinquamus iis, quorum Deus venter eſt, & gloria in ipſorum
confuſione.
Welche letzte wort ſonderlich nachdruͤcklich ſind/ da er von denen
jenigen/ die auf den Sonntag den zaͤchen und ſauffen ſich ergeben aus Phil. 3/ 19.
ſaget/ der bauch ſey ihr GOTT, und ihre ehre werde zu ſchanden.
So
moͤchten wir auch von denenſelben ſagen/ was jener ſaget/ daß ihrer viel die gantze
woche der welt mit allen ſorgen und arbeit/ den ſonntag aber gar dem teufel mit
unmaͤßigkeit/ dienen. GOtt laffe ja nicht zu/ daß ſolches unter uns Chriſten wei-
ter geſaget muͤſſe werden.

SECTIO XII.
Als ein medicus geiſtliche ſchrifften/ darzu er
nicht geſchickt/ ausgab/ warnung
ſchreiben.

DJe beyde mitgeſandte ſchrifften habe mit fluͤchtigen augen/ weil die zeit nicht
mehr zugab/ uͤberlauffen. Sihe daraus/ daß derſelbe zu geiſt- und goͤtt-
lichen dingen belieben trage/ auch wol viele warheiten aus GOttes wort er-
kennen mag. Finde aber auch/ daß demſelben die gabe nicht gegeben ſeyn muß/
ſeine gedancken und concept ſo deutlich als bedaͤchtlich und unanſtoͤßig auszudru-
cken/ als welches auch eine ſonderbare gabe GOttes iſt. Wie ich dann denſel-
ben verſichere/ daß nicht nur liebloſe cenſores viel zu tadeln in den ſchrifften fin-
den werden/ ſondern wo man auch mit aller liebe die ſache anſihet/ doͤrfften einige
dinge ſich ſchwerlich entſchuldigen laſſen/ ſehr viele aber nicht anders als mit weit-
laͤufftigen entſchuldigungen paſſiren koͤnnen. Daher wo ich einen chriſtlichen rath
in liebe zu geben habe/ wird es wohl dieſer ſeyn/ daß zwar vor ſeine perſon das reich
GOttes und ſeine gerechtigkeit zu ſuchen/ alſo aus goͤttlichem wort ſeinen glauben
jemehr und mehꝛ zu beveſtigen/ und deſſen fruͤchten zu bringen/ billich ſo ſeine als
aller menſchen vornehmſte ſorge ſeyn ſolle/ wie dann ſo fern das geiſtliche den vor-
zug behaͤlt. Was aber dasjenige anlangt/ wormit derſelbe ſeinem nechſten nach
GOttes willen zu dienen habe/ achte ich ſeye das haupt-werck ſein ordinar beruff/

mit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0395" n="383"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">ARTIC. III. SECTIO XII.</hi></hi></fw><lb/>
pige ergo&#x0364;tzlichkeiten in dem trincken zu &#x017F;uchen: Wir &#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en die&#x017F;e frage billich mit<lb/>
denen worten des alten Syri&#x017F;chen kirchenvaters Ephrem. <hi rendition="#aq">(Serm, de fe&#x017F;tis) Fe&#x017F;ti-<lb/>
vitates dominicas honorate, &#x017F;tudio&#x017F;e contendite celebrantes eas non pa-<lb/>
negyrice &#x017F;ed divine; non mundane &#x017F;ed &#x017F;piritualiter; non in&#x017F;tar gentilium<lb/>
&#x017F;ed in&#x017F;tar cri&#x017F;tianorum: quare non portarum frontes coronemus, non<lb/>
choreas ducamus, non chorum exornemus, non tibiis &amp; citharis auditum<lb/>
effæminemus, non mollibus ve&#x017F;tibus induamus, non cingulis auro radi-<lb/>
antibus cingamus, non comes&#x017F;ationibus &amp; ebrietatibus dediti &#x017F;imus: ve-<lb/>
rum i&#x017F;ta relinquamus iis, quorum Deus venter e&#x017F;t, &amp; gloria in ip&#x017F;orum<lb/>
confu&#x017F;ione.</hi> Welche letzte wort &#x017F;onderlich nachdru&#x0364;cklich &#x017F;ind/ da er von denen<lb/>
jenigen/ die auf den Sonntag den za&#x0364;chen und &#x017F;auffen &#x017F;ich ergeben aus <hi rendition="#fr">Phil. 3/ 19.<lb/>
&#x017F;aget/ der bauch &#x017F;ey ihr GOTT, und ihre ehre werde zu &#x017F;chanden.</hi> So<lb/>
mo&#x0364;chten wir auch von denen&#x017F;elben &#x017F;agen/ was jener &#x017F;aget/ daß ihrer viel die gantze<lb/>
woche der welt mit allen &#x017F;orgen und arbeit/ den &#x017F;onntag aber gar dem teufel mit<lb/>
unma&#x0364;ßigkeit/ dienen. GOtt laffe ja nicht zu/ daß &#x017F;olches unter uns Chri&#x017F;ten wei-<lb/>
ter ge&#x017F;aget mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e werden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">SECTIO XII.</hi><lb/>
Als ein <hi rendition="#aq">medicus</hi> gei&#x017F;tliche &#x017F;chrifften/ darzu er<lb/>
nicht ge&#x017F;chickt/ ausgab/ warnung<lb/>
&#x017F;chreiben.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>Je beyde mitge&#x017F;andte &#x017F;chrifften habe mit flu&#x0364;chtigen augen/ weil die zeit nicht<lb/>
mehr zugab/ u&#x0364;berlauffen. Sihe daraus/ daß der&#x017F;elbe zu gei&#x017F;t- und go&#x0364;tt-<lb/>
lichen dingen belieben trage/ auch wol viele warheiten aus GOttes wort er-<lb/>
kennen mag. Finde aber auch/ daß dem&#x017F;elben die gabe nicht gegeben &#x017F;eyn muß/<lb/>
&#x017F;eine gedancken und <hi rendition="#aq">concept</hi> &#x017F;o deutlich als beda&#x0364;chtlich und unan&#x017F;to&#x0364;ßig auszudru-<lb/>
cken/ als welches auch eine &#x017F;onderbare gabe GOttes i&#x017F;t. Wie ich dann den&#x017F;el-<lb/>
ben ver&#x017F;ichere/ daß nicht nur lieblo&#x017F;e <hi rendition="#aq">cen&#x017F;ores</hi> viel zu tadeln in den &#x017F;chrifften fin-<lb/>
den werden/ &#x017F;ondern wo man auch mit aller liebe die &#x017F;ache an&#x017F;ihet/ do&#x0364;rfften einige<lb/>
dinge &#x017F;ich &#x017F;chwerlich ent&#x017F;chuldigen la&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;ehr viele aber nicht anders als mit weit-<lb/>
la&#x0364;ufftigen ent&#x017F;chuldigungen <hi rendition="#aq">pa&#x017F;&#x017F;i</hi>ren ko&#x0364;nnen. Daher wo ich einen chri&#x017F;tlichen rath<lb/>
in liebe zu geben habe/ wird es wohl die&#x017F;er &#x017F;eyn/ daß zwar vor &#x017F;eine per&#x017F;on das reich<lb/>
GOttes und &#x017F;eine gerechtigkeit zu &#x017F;uchen/ al&#x017F;o aus go&#x0364;ttlichem wort &#x017F;einen glauben<lb/>
jemehr und meh&#xA75B; zu beve&#x017F;tigen/ und de&#x017F;&#x017F;en fru&#x0364;chten zu bringen/ billich &#x017F;o &#x017F;eine als<lb/>
aller men&#x017F;chen vornehm&#x017F;te &#x017F;orge &#x017F;eyn &#x017F;olle/ wie dann &#x017F;o fern das gei&#x017F;tliche den vor-<lb/>
zug beha&#x0364;lt. Was aber dasjenige anlangt/ wormit der&#x017F;elbe &#x017F;einem nech&#x017F;ten nach<lb/>
GOttes willen zu dienen habe/ achte ich &#x017F;eye das haupt-werck &#x017F;ein <hi rendition="#aq">ordinar</hi> beruff/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">mit</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[383/0395] ARTIC. III. SECTIO XII. pige ergoͤtzlichkeiten in dem trincken zu ſuchen: Wir ſchlieſſen dieſe frage billich mit denen worten des alten Syriſchen kirchenvaters Ephrem. (Serm, de feſtis) Feſti- vitates dominicas honorate, ſtudioſe contendite celebrantes eas non pa- negyrice ſed divine; non mundane ſed ſpiritualiter; non inſtar gentilium ſed inſtar criſtianorum: quare non portarum frontes coronemus, non choreas ducamus, non chorum exornemus, non tibiis & citharis auditum effæminemus, non mollibus veſtibus induamus, non cingulis auro radi- antibus cingamus, non comesſationibus & ebrietatibus dediti ſimus: ve- rum iſta relinquamus iis, quorum Deus venter eſt, & gloria in ipſorum confuſione. Welche letzte wort ſonderlich nachdruͤcklich ſind/ da er von denen jenigen/ die auf den Sonntag den zaͤchen und ſauffen ſich ergeben aus Phil. 3/ 19. ſaget/ der bauch ſey ihr GOTT, und ihre ehre werde zu ſchanden. So moͤchten wir auch von denenſelben ſagen/ was jener ſaget/ daß ihrer viel die gantze woche der welt mit allen ſorgen und arbeit/ den ſonntag aber gar dem teufel mit unmaͤßigkeit/ dienen. GOtt laffe ja nicht zu/ daß ſolches unter uns Chriſten wei- ter geſaget muͤſſe werden. SECTIO XII. Als ein medicus geiſtliche ſchrifften/ darzu er nicht geſchickt/ ausgab/ warnung ſchreiben. DJe beyde mitgeſandte ſchrifften habe mit fluͤchtigen augen/ weil die zeit nicht mehr zugab/ uͤberlauffen. Sihe daraus/ daß derſelbe zu geiſt- und goͤtt- lichen dingen belieben trage/ auch wol viele warheiten aus GOttes wort er- kennen mag. Finde aber auch/ daß demſelben die gabe nicht gegeben ſeyn muß/ ſeine gedancken und concept ſo deutlich als bedaͤchtlich und unanſtoͤßig auszudru- cken/ als welches auch eine ſonderbare gabe GOttes iſt. Wie ich dann denſel- ben verſichere/ daß nicht nur liebloſe cenſores viel zu tadeln in den ſchrifften fin- den werden/ ſondern wo man auch mit aller liebe die ſache anſihet/ doͤrfften einige dinge ſich ſchwerlich entſchuldigen laſſen/ ſehr viele aber nicht anders als mit weit- laͤufftigen entſchuldigungen paſſiren koͤnnen. Daher wo ich einen chriſtlichen rath in liebe zu geben habe/ wird es wohl dieſer ſeyn/ daß zwar vor ſeine perſon das reich GOttes und ſeine gerechtigkeit zu ſuchen/ alſo aus goͤttlichem wort ſeinen glauben jemehr und mehꝛ zu beveſtigen/ und deſſen fruͤchten zu bringen/ billich ſo ſeine als aller menſchen vornehmſte ſorge ſeyn ſolle/ wie dann ſo fern das geiſtliche den vor- zug behaͤlt. Was aber dasjenige anlangt/ wormit derſelbe ſeinem nechſten nach GOttes willen zu dienen habe/ achte ich ſeye das haupt-werck ſein ordinar beruff/ mit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/395
Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/395>, abgerufen am 23.11.2024.