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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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Das siebende Capitel.
einbilde/ auch eusserlich eine solche gestalt bekomme/ daß er entweder durch
verblendung anderer/ oder gleichsam eine art einer einkleidung in wolffshaut/
wie auch durch menschliche kunst viel dergleichen geschehen kan/ geschweige
durch ein solchen subtilen geist und tausend künstler/ einem wolff ähnlich von
andern angesehen werde.

SECTIO XVIII.
An einen Superintendenten, der gelegenheit
zu catechisiren verlangte. Von der bösen gewohnheit/
daß ein successor des antecessoris wittwe oder tochter
heyrathen müsse.

JCh ruffe den treuen GOtt von grund der seelen an/ welcher auf seinen
beruf das gewöhnliche siegel seines reichen segens aufdrucken/ die kräf-
ten des geistes/ seelen und leibes allezeit zur gnüge geben/ erhalten
und stärcken/ sonderlich die weisheit von oben und erkäntnüß seines heiligen
willens über amt und anvertraute verleihen/ der untergebenen hertzen in wah-
rer liebe und vertrauen zu ihm lencken/ zu allen verrichtungen den verlang-
ten segen bescheren/ und ihn insgesamt in einer solchen weitläufftigen Inspe-
ction
zu einem theuren werckzeug vieler tausend seelen heils machen/ und al-
so mir und andern/ die denselben lieben/ offtere ursach der dancksagung ge-
ben wolle. Wie ich versichere/ daß täglich dessen vor dem thron der gnaden
gedencke/ und auch künfftig zu gedencken niemal unterlassen werde/ dessen
hertzlicher vorbitte mich hinwieder getröstende. Der HERR gebe uns alle-
zeit/ so offt wir für einander vor sein angesicht treten/ den Geist der gnaden
und des gebets/ damit unsre vorbitte vor einander ihm möge gefällig und
erhöret seyn. Jm übrigen freuet mich dessen treue intention, auf alle wei-
se die ihm anbefohlene zu GOTT zu führen/ hingegen aber auch die nöthi-
ge vorsichtigkeit/ alles mit gutem bedacht zu thun/ als wissend/ daß wir zu
einer solchen zeit leben/ in dero man böses als gutes zu thun weniger gefahr
hat/ und daher sich über dieses allezeit sonderlich bedencken muß/ es also
anzufangen/ damit man demselben nicht selbs mit unvorsichtigkeit anstoß se-
tzen möge. Daher die gethane anfrage belangend/ wolte rathen/ derselbe
stünde noch etwa erstlich in ruhe/ bis er das ministerium etwas genauer ge-
lernet kennen. Wo derselbe nun findet/ daß es leute seyen/ aufs wenigste
zimlichen theils/ die ihnen/ das geistliche und das rechtschaffene Christen-
thum zu pflantzen/ wahrhafftig lassen angelegen seyn/ so wird derselbe wohl
thun/ nach kurtzer frist mit ihnen brüderlich aus der sache zu communiciren/
und einige gelegenheit zu weilen zu predigen und zu catechisiren verlangen/

mit

Das ſiebende Capitel.
einbilde/ auch euſſerlich eine ſolche geſtalt bekomme/ daß er entweder durch
verblendung anderer/ oder gleichſam eine art einer einkleidung in wolffshaut/
wie auch durch menſchliche kunſt viel dergleichen geſchehen kan/ geſchweige
durch ein ſolchen ſubtilen geiſt und tauſend kuͤnſtler/ einem wolff aͤhnlich von
andern angeſehen werde.

SECTIO XVIII.
An einen Superintendenten, der gelegenheit
zu catechiſiren verlangte. Von der boͤſen gewohnheit/
daß ein ſucceſſor des anteceſſoris wittwe oder tochter
heyrathen muͤſſe.

JCh ruffe den treuen GOtt von grund der ſeelen an/ welcher auf ſeinen
beruf das gewoͤhnliche ſiegel ſeines reichen ſegens aufdrucken/ die kraͤf-
ten des geiſtes/ ſeelen und leibes allezeit zur gnuͤge geben/ erhalten
und ſtaͤrcken/ ſonderlich die weisheit von oben und erkaͤntnuͤß ſeines heiligen
willens uͤber amt und anvertraute verleihen/ der untergebenen hertzen in wah-
rer liebe und vertrauen zu ihm lencken/ zu allen verrichtungen den verlang-
ten ſegen beſcheren/ und ihn insgeſamt in einer ſolchen weitlaͤufftigen Inſpe-
ction
zu einem theuren werckzeug vieler tauſend ſeelen heils machen/ und al-
ſo mir und andern/ die denſelben lieben/ offtere urſach der danckſagung ge-
ben wolle. Wie ich verſichere/ daß taͤglich deſſen vor dem thron der gnaden
gedencke/ und auch kuͤnfftig zu gedencken niemal unterlaſſen werde/ deſſen
hertzlicher vorbitte mich hinwieder getroͤſtende. Der HERR gebe uns alle-
zeit/ ſo offt wir fuͤr einander vor ſein angeſicht treten/ den Geiſt der gnaden
und des gebets/ damit unſre vorbitte vor einander ihm moͤge gefaͤllig und
erhoͤret ſeyn. Jm uͤbrigen freuet mich deſſen treue intention, auf alle wei-
ſe die ihm anbefohlene zu GOTT zu fuͤhren/ hingegen aber auch die noͤthi-
ge vorſichtigkeit/ alles mit gutem bedacht zu thun/ als wiſſend/ daß wir zu
einer ſolchen zeit leben/ in dero man boͤſes als gutes zu thun weniger gefahr
hat/ und daher ſich uͤber dieſes allezeit ſonderlich bedencken muß/ es alſo
anzufangen/ damit man demſelben nicht ſelbs mit unvorſichtigkeit anſtoß ſe-
tzen moͤge. Daher die gethane anfrage belangend/ wolte rathen/ derſelbe
ſtuͤnde noch etwa erſtlich in ruhe/ bis er das miniſterium etwas genauer ge-
lernet kennen. Wo derſelbe nun findet/ daß es leute ſeyen/ aufs wenigſte
zimlichen theils/ die ihnen/ das geiſtliche und das rechtſchaffene Chriſten-
thum zu pflantzen/ wahrhafftig laſſen angelegen ſeyn/ ſo wird derſelbe wohl
thun/ nach kurtzer friſt mit ihnen bruͤderlich aus der ſache zu communiciren/
und einige gelegenheit zu weilen zu predigen und zu catechiſiren verlangen/

mit
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[234/0246] Das ſiebende Capitel. einbilde/ auch euſſerlich eine ſolche geſtalt bekomme/ daß er entweder durch verblendung anderer/ oder gleichſam eine art einer einkleidung in wolffshaut/ wie auch durch menſchliche kunſt viel dergleichen geſchehen kan/ geſchweige durch ein ſolchen ſubtilen geiſt und tauſend kuͤnſtler/ einem wolff aͤhnlich von andern angeſehen werde. 1685. SECTIO XVIII. An einen Superintendenten, der gelegenheit zu catechiſiren verlangte. Von der boͤſen gewohnheit/ daß ein ſucceſſor des anteceſſoris wittwe oder tochter heyrathen muͤſſe. JCh ruffe den treuen GOtt von grund der ſeelen an/ welcher auf ſeinen beruf das gewoͤhnliche ſiegel ſeines reichen ſegens aufdrucken/ die kraͤf- ten des geiſtes/ ſeelen und leibes allezeit zur gnuͤge geben/ erhalten und ſtaͤrcken/ ſonderlich die weisheit von oben und erkaͤntnuͤß ſeines heiligen willens uͤber amt und anvertraute verleihen/ der untergebenen hertzen in wah- rer liebe und vertrauen zu ihm lencken/ zu allen verrichtungen den verlang- ten ſegen beſcheren/ und ihn insgeſamt in einer ſolchen weitlaͤufftigen Inſpe- ction zu einem theuren werckzeug vieler tauſend ſeelen heils machen/ und al- ſo mir und andern/ die denſelben lieben/ offtere urſach der danckſagung ge- ben wolle. Wie ich verſichere/ daß taͤglich deſſen vor dem thron der gnaden gedencke/ und auch kuͤnfftig zu gedencken niemal unterlaſſen werde/ deſſen hertzlicher vorbitte mich hinwieder getroͤſtende. Der HERR gebe uns alle- zeit/ ſo offt wir fuͤr einander vor ſein angeſicht treten/ den Geiſt der gnaden und des gebets/ damit unſre vorbitte vor einander ihm moͤge gefaͤllig und erhoͤret ſeyn. Jm uͤbrigen freuet mich deſſen treue intention, auf alle wei- ſe die ihm anbefohlene zu GOTT zu fuͤhren/ hingegen aber auch die noͤthi- ge vorſichtigkeit/ alles mit gutem bedacht zu thun/ als wiſſend/ daß wir zu einer ſolchen zeit leben/ in dero man boͤſes als gutes zu thun weniger gefahr hat/ und daher ſich uͤber dieſes allezeit ſonderlich bedencken muß/ es alſo anzufangen/ damit man demſelben nicht ſelbs mit unvorſichtigkeit anſtoß ſe- tzen moͤge. Daher die gethane anfrage belangend/ wolte rathen/ derſelbe ſtuͤnde noch etwa erſtlich in ruhe/ bis er das miniſterium etwas genauer ge- lernet kennen. Wo derſelbe nun findet/ daß es leute ſeyen/ aufs wenigſte zimlichen theils/ die ihnen/ das geiſtliche und das rechtſchaffene Chriſten- thum zu pflantzen/ wahrhafftig laſſen angelegen ſeyn/ ſo wird derſelbe wohl thun/ nach kurtzer friſt mit ihnen bruͤderlich aus der ſache zu communiciren/ und einige gelegenheit zu weilen zu predigen und zu catechiſiren verlangen/ mit

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/246>, abgerufen am 23.11.2024.