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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715.

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ARTIC. II. SECTIO XV.
bey den sontags evangelien wünschete. So ist auch die epistel an die He-
bräer absonderlich eine stattliche epistel/ worüber ich nicht zweiffele/ daß
derselbe sich auch D. Sebastiani Schmidii Commentarii, so vor einigen jah-
ren darüber herausgekommen/ nützlich gebrauchen werde/ wie dann nichts her-
aus ist über solche epistel/ was mit dieser arbeit verglichen zu werden me-
riti
rte; Sonderlich aber erfreue ich mich sehr über die vorhabende infor-
mation
derjenigen/ welche aus der gewöhnlichen kinderlehr loßgesprochen
worden/ welche arbeit/ wo sie/ wie ich nicht zweifle/ wird christ-klüglich an-
gegriffen werden/ von überaus grossen nutzen seyn mag. Es ist ja an dem/
daß die Catechetische information nicht allein vor die gantz kleine kinder ge-
meinet ist/ oder nur allein so lang nöthig geachtet werden solle/ bis man zum
tisch des HERRN gegangen ist/ ja bis auf solche zeit wird etwa wegen
mangel des bekräfftigten verstandes am wenigsten noch ausgerichtet/ wo
wir bedencken/ daß es nicht vornemlich darum zu thun seye/ die worte des Ca-
techismi
in die gedächtnüß zu bringen/ sondern eine solche erkäntnüß bey den
lieben kindern zu erwecken/ daß sie die sach selbst verstehen/ wozu das nun-
mehr maturescirende alter/ da nachmal die meinste aus der kinderlehr blei-
ben/ fast erst geschickt anfängt zu werden. Weswegen wir auch hier alle-
mal bey der confirmation die confirmandos zum verspruch obligiren/ daß
sie noch eine geraume zeit von etlichen jahren in die Catechetica examina
kommen/ und also das angefangene fleißig fortsetzen sollen. Es wird aber
bey ihnen noch so viel füglicher werden/ wann aus denselben eine sonderba-
re classis gemacht wird/ da man nach ihrem captu so viel gründlicher mit ih-
nen handlen kan/ als da noch die andere kleinere mit untergemischet wären.
Was meinen wenigen rath bey solcher sache anlangt/ wo ichs zu thun hätte/
so quittirte ich die den kindern vorher gewohnt geweste Catechetische lehr-
art nicht/ sondern bliebe immer bey der tractation des Catechismi, aber
also/ daß ich (wie auch hie durch GOttes gnade zu geschehen pfleget) alle nö-
thige ding mit sprüchen der schrifft zu erweisen mich befliesse/ und also die ju-
gend dahin gewehnte/ sie in der bibel oder neuen Testament/ daraus doch al-
lemal die meinste genommen werden/ und sie solches leicht bey sich tragen
können/ aufzuschlagen und selbs zu sehen/ wie dasjenige/ so man damit in-
tendi
ret/ in einem solchen spruch enthalten seye/ und daraus möge und solle er-
wiesen werden. Damit sie lernen nach ihrer einfalt eine kleine analysin des
heiligen texts anzustellen/ und nur eine übung dazu erfodert wird. Wolte
man auch sie weiter zu der lesung der schrifft anführen/ mit abhandlung gan-
tzer capitel und bücher/ würde auch dasselbe eine sehr nützliche arbeit seyn.
Wir können in solcher sach nicht zu viel thun/ denn das wort GOttes soll ja
reichlich unter uns wohnen/ und ist nachmal der sagme/ aus welchem

voll-

ARTIC. II. SECTIO XV.
bey den ſontags evangelien wuͤnſchete. So iſt auch die epiſtel an die He-
braͤer abſonderlich eine ſtattliche epiſtel/ woruͤber ich nicht zweiffele/ daß
derſelbe ſich auch D. Sebaſtiani Schmidii Commentarii, ſo vor einigen jah-
ren daruͤber herausgekommen/ nuͤtzlich gebrauchen werde/ wie dann nichts her-
aus iſt uͤber ſolche epiſtel/ was mit dieſer arbeit verglichen zu werden me-
riti
rte; Sonderlich aber erfreue ich mich ſehr uͤber die vorhabende infor-
mation
derjenigen/ welche aus der gewoͤhnlichen kinderlehr loßgeſprochen
worden/ welche arbeit/ wo ſie/ wie ich nicht zweifle/ wird chriſt-kluͤglich an-
gegriffen werden/ von uͤberaus groſſen nutzen ſeyn mag. Es iſt ja an dem/
daß die Catechetiſche information nicht allein vor die gantz kleine kinder ge-
meinet iſt/ oder nur allein ſo lang noͤthig geachtet werden ſolle/ bis man zum
tiſch des HERRN gegangen iſt/ ja bis auf ſolche zeit wird etwa wegen
mangel des bekraͤfftigten verſtandes am wenigſten noch ausgerichtet/ wo
wir bedencken/ daß es nicht vornemlich darum zu thun ſeye/ die worte des Ca-
techiſmi
in die gedaͤchtnuͤß zu bringen/ ſondern eine ſolche erkaͤntnuͤß bey den
lieben kindern zu erwecken/ daß ſie die ſach ſelbſt verſtehen/ wozu das nun-
mehr matureſcirende alter/ da nachmal die meinſte aus der kinderlehr blei-
ben/ faſt erſt geſchickt anfaͤngt zu werden. Weswegen wir auch hier alle-
mal bey der confirmation die confirmandos zum verſpruch obligiren/ daß
ſie noch eine geraume zeit von etlichen jahren in die Catechetica examina
kommen/ und alſo das angefangene fleißig fortſetzen ſollen. Es wird aber
bey ihnen noch ſo viel fuͤglicher werden/ wann aus denſelben eine ſonderba-
re claſſis gemacht wird/ da man nach ihrem captu ſo viel gruͤndlicher mit ih-
nen handlen kan/ als da noch die andere kleinere mit untergemiſchet waͤren.
Was meinen wenigen rath bey ſolcher ſache anlangt/ wo ichs zu thun haͤtte/
ſo quittirte ich die den kindern vorher gewohnt geweſte Catechetiſche lehr-
art nicht/ ſondern bliebe immer bey der tractation des Catechiſmi, aber
alſo/ daß ich (wie auch hie durch GOttes gnade zu geſchehen pfleget) alle noͤ-
thige ding mit ſpruͤchen der ſchrifft zu erweiſen mich beflieſſe/ und alſo die ju-
gend dahin gewehnte/ ſie in der bibel oder neuen Teſtament/ daraus doch al-
lemal die meinſte genommen werden/ und ſie ſolches leicht bey ſich tragen
koͤnnen/ aufzuſchlagen und ſelbs zu ſehen/ wie dasjenige/ ſo man damit in-
tendi
ret/ in einem ſolchen ſpruch enthalten ſeye/ und daraus moͤge und ſolle er-
wieſen werden. Damit ſie lernen nach ihrer einfalt eine kleine analyſin des
heiligen texts anzuſtellen/ und nur eine uͤbung dazu erfodert wird. Wolte
man auch ſie weiter zu der leſung der ſchrifft anfuͤhren/ mit abhandlung gan-
tzer capitel und buͤcher/ wuͤrde auch daſſelbe eine ſehr nuͤtzliche arbeit ſeyn.
Wir koͤnnen in ſolcher ſach nicht zu viel thun/ denn das wort GOttes ſoll ja
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[223/0235] ARTIC. II. SECTIO XV. bey den ſontags evangelien wuͤnſchete. So iſt auch die epiſtel an die He- braͤer abſonderlich eine ſtattliche epiſtel/ woruͤber ich nicht zweiffele/ daß derſelbe ſich auch D. Sebaſtiani Schmidii Commentarii, ſo vor einigen jah- ren daruͤber herausgekommen/ nuͤtzlich gebrauchen werde/ wie dann nichts her- aus iſt uͤber ſolche epiſtel/ was mit dieſer arbeit verglichen zu werden me- ritirte; Sonderlich aber erfreue ich mich ſehr uͤber die vorhabende infor- mation derjenigen/ welche aus der gewoͤhnlichen kinderlehr loßgeſprochen worden/ welche arbeit/ wo ſie/ wie ich nicht zweifle/ wird chriſt-kluͤglich an- gegriffen werden/ von uͤberaus groſſen nutzen ſeyn mag. Es iſt ja an dem/ daß die Catechetiſche information nicht allein vor die gantz kleine kinder ge- meinet iſt/ oder nur allein ſo lang noͤthig geachtet werden ſolle/ bis man zum tiſch des HERRN gegangen iſt/ ja bis auf ſolche zeit wird etwa wegen mangel des bekraͤfftigten verſtandes am wenigſten noch ausgerichtet/ wo wir bedencken/ daß es nicht vornemlich darum zu thun ſeye/ die worte des Ca- techiſmi in die gedaͤchtnuͤß zu bringen/ ſondern eine ſolche erkaͤntnuͤß bey den lieben kindern zu erwecken/ daß ſie die ſach ſelbſt verſtehen/ wozu das nun- mehr matureſcirende alter/ da nachmal die meinſte aus der kinderlehr blei- ben/ faſt erſt geſchickt anfaͤngt zu werden. Weswegen wir auch hier alle- mal bey der confirmation die confirmandos zum verſpruch obligiren/ daß ſie noch eine geraume zeit von etlichen jahren in die Catechetica examina kommen/ und alſo das angefangene fleißig fortſetzen ſollen. Es wird aber bey ihnen noch ſo viel fuͤglicher werden/ wann aus denſelben eine ſonderba- re claſſis gemacht wird/ da man nach ihrem captu ſo viel gruͤndlicher mit ih- nen handlen kan/ als da noch die andere kleinere mit untergemiſchet waͤren. Was meinen wenigen rath bey ſolcher ſache anlangt/ wo ichs zu thun haͤtte/ ſo quittirte ich die den kindern vorher gewohnt geweſte Catechetiſche lehr- art nicht/ ſondern bliebe immer bey der tractation des Catechiſmi, aber alſo/ daß ich (wie auch hie durch GOttes gnade zu geſchehen pfleget) alle noͤ- thige ding mit ſpruͤchen der ſchrifft zu erweiſen mich beflieſſe/ und alſo die ju- gend dahin gewehnte/ ſie in der bibel oder neuen Teſtament/ daraus doch al- lemal die meinſte genommen werden/ und ſie ſolches leicht bey ſich tragen koͤnnen/ aufzuſchlagen und ſelbs zu ſehen/ wie dasjenige/ ſo man damit in- tendiret/ in einem ſolchen ſpruch enthalten ſeye/ und daraus moͤge und ſolle er- wieſen werden. Damit ſie lernen nach ihrer einfalt eine kleine analyſin des heiligen texts anzuſtellen/ und nur eine uͤbung dazu erfodert wird. Wolte man auch ſie weiter zu der leſung der ſchrifft anfuͤhren/ mit abhandlung gan- tzer capitel und buͤcher/ wuͤrde auch daſſelbe eine ſehr nuͤtzliche arbeit ſeyn. Wir koͤnnen in ſolcher ſach nicht zu viel thun/ denn das wort GOttes ſoll ja reichlich unter uns wohnen/ und iſt nachmal der ſagme/ aus welchem voll-

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 4. 3. Aufl. Halle (Saale), 1715, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken04_1702/235>, abgerufen am 24.11.2024.