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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. III. SECTIO XXXIX.
ben dazu auffzumuntern/ viele lästerungen über mich ergangen sind solche aber nie-
mahl den grad erreichet haben/ welchen zu erreichen ihnen bey nunmehr starck anse-
tzenden alter (als der ich gegen das ende des 63sten jahrs stehe) der treue Vater von
einiger zeit verhänget hat: Also daß nunmehr von unterschiedlichen jahren das
haupt einer neuen und schädlichen secte/ und der Patriarch der Pietisten/ welche
als ein ausbung irriger und böser leute jederman zum haß vorgestellet werden/ auf
öffentlichen cantzeln und in öffendlichen schrifften von so vielen auch in ansehen ste-
henden männern erklähret worden bin/ und daher mir die ursach alles ärgernüsses/
unruhe und schadens der kirchen beygemessen/ damit aber viel einfältiges volck zu
einen haß und grimm wieder mich erfüllet wird. Welches alles dann noch immer
im wachsen stehet/ und da es dem HERRN gefället weiter zu verhängen/ ferner
zunehmen wird. Nun habe ich mich über solches leiden gegen GOTT nicht zu
beschwehren/ als der ich das leiden an meinen guten nahmen/ welches so fern in die-
ser sache unschuldig trage/ sonsten mehr als wol verdienet/ ja auch in der guten sa-
che selbs mags in manchen an gnugsamer vorsichtigkeit/ so dann zuweilen an der
treue/ gemanglet/ daher alles eine schärffere ruthe erfordert haben: Vielmehr ha-
be ich die güte des himmlischen Vaters zu preisen/ der das auch anderes verdiente
leiden in solche art verwandelt/ von dero/ weil die haupt-ursach/ so fern es von mei-
nen wiedersachern kommt/ die verthäidigung der wahrheit/ und also es an sich selbs
mir mehr ehrlich ist/ ich desto reichern trost empfinde/ so dann über die lästerungen/
verläumdungen und was solcher art ist (die ich gegen andern orten nur noch vor kin-
derleiden achte) meinen widersachern noch nichts gegen mich verhänget hat/ als der
meine schwachheit kennende mich zu härtern proben der gedult noch nicht geschickt
erkennen muß: Welches lauter betrachtungen sind/ die mir alles leicht machensollen/
und in gewisser maß durch seine gnade annoch zimlich leicht bißher gemachet haben.
Jndessen schlägt mich zu weilen dieses doppelte nieder: Einstheils/ daß ich gleich-
wol darinnen so unglücklich seyen solle/ der stein des anstosses gesetzt zu seyen/ an wel-
chen sich ihrer so viele/ und besorglich manche zu ihrem ziemlichen schaden/ stossen/
auch so viel ärgernüß aller orten aus dieser gelegenheit entstanden ist/ da mir billig
offt einkommt ob nicht ein und anders auch vermieden und mit mehrer klugheit ab-
gemendet werden sollen und können: Anderntheils daß offt in die gedancken gera-
the/ wenn dieses orts mich nicht rühmen kan/ viele früchten meines amts und solche
leute/ die der HERR durch meinen dienst eigentlich zu sich gezogen hätte/ zeigen zu
können (welches sonsten eine stattliche auffmunterung giebet) daß ich gar möchte
unfruchtbahr erfunden werden/ sonderlich nachdem meine feinde meine schrifften/
wenn mich noch von denselbigen einer frucht getrösten wolte/ jederman trachten
verdächtig zu machen/ und auch alle derselben frucht niederzuschlagen/ so sie auch
besorglich bey vielen ausrichten. Wie ich aber der eine[n] anfechtung durch Gött-
liche gnade also begegne/ daß mich getröste/ der unruhe wahre ursach nicht zu

seyen/

ARTIC. III. SECTIO XXXIX.
ben dazu auffzumuntern/ viele laͤſterungen uͤber mich ergangen ſind ſolche aber nie-
mahl den grad erreichet haben/ welchen zu erreichen ihnen bey nunmehr ſtarck anſe-
tzenden alter (als der ich gegen das ende des 63ſten jahrs ſtehe) der treue Vater von
einiger zeit verhaͤnget hat: Alſo daß nunmehr von unterſchiedlichen jahren das
haupt einer neuen und ſchaͤdlichen ſecte/ und der Patriarch der Pietiſten/ welche
als ein ausbung irriger und boͤſer leute jederman zum haß vorgeſtellet werden/ auf
oͤffentlichen cantzeln und in oͤffendlichen ſchrifften von ſo vielen auch in anſehen ſte-
henden maͤnnern erklaͤhret worden bin/ und daher mir die urſach alles aͤrgernuͤſſes/
unruhe und ſchadens der kirchen beygemeſſen/ damit aber viel einfaͤltiges volck zu
einen haß und grimm wieder mich erfuͤllet wird. Welches alles dann noch immer
im wachſen ſtehet/ und da es dem HERRN gefaͤllet weiter zu verhaͤngen/ ferner
zunehmen wird. Nun habe ich mich uͤber ſolches leiden gegen GOTT nicht zu
beſchwehren/ als der ich das leiden an meinen guten nahmen/ welches ſo fern in die-
ſer ſache unſchuldig trage/ ſonſten mehr als wol verdienet/ ja auch in der guten ſa-
che ſelbs mags in manchen an gnugſamer vorſichtigkeit/ ſo dann zuweilen an der
treue/ gemanglet/ daher alles eine ſchaͤrffere ruthe erfordert haben: Vielmehr ha-
be ich die guͤte des himmliſchen Vaters zu preiſen/ der das auch anderes verdiente
leiden in ſolche art verwandelt/ von dero/ weil die haupt-urſach/ ſo fern es von mei-
nen wiederſachern kommt/ die verthaͤidigung der wahrheit/ und alſo es an ſich ſelbs
mir mehr ehrlich iſt/ ich deſto reichern troſt empfinde/ ſo dann uͤber die laͤſterungen/
verlaͤumdungen uñ was ſolcher art iſt (die ich gegen andern orten nur noch vor kin-
derleiden achte) meinen widerſachern noch nichts gegen mich verhaͤnget hat/ als der
meine ſchwachheit kennende mich zu haͤrtern proben der gedult noch nicht geſchickt
erkeñen muß: Welches lauter betrachtungen ſind/ die mir alles leicht machenſollen/
und in gewiſſer maß durch ſeine gnade annoch zimlich leicht bißher gemachet haben.
Jndeſſen ſchlaͤgt mich zu weilen dieſes doppelte nieder: Einstheils/ daß ich gleich-
wol darinnen ſo ungluͤcklich ſeyen ſolle/ der ſtein des anſtoſſes geſetzt zu ſeyen/ an wel-
chen ſich ihrer ſo viele/ und beſorglich manche zu ihrem ziemlichen ſchaden/ ſtoſſen/
auch ſo viel aͤrgernuͤß aller orten aus dieſer gelegenheit entſtanden iſt/ da mir billig
offt einkommt ob nicht ein und anders auch vermieden und mit mehrer klugheit ab-
gemendet werden ſollen und koͤnnen: Anderntheils daß offt in die gedancken gera-
the/ wenn dieſes orts mich nicht ruͤhmen kan/ viele fruͤchten meines amts und ſolche
leute/ die der HERR durch meinen dienſt eigentlich zu ſich gezogen haͤtte/ zeigen zu
koͤnnen (welches ſonſten eine ſtattliche auffmunterung giebet) daß ich gar moͤchte
unfruchtbahr erfunden werden/ ſonderlich nachdem meine feinde meine ſchrifften/
wenn mich noch von denſelbigen einer frucht getroͤſten wolte/ jederman trachten
verdaͤchtig zu machen/ und auch alle derſelben frucht niederzuſchlagen/ ſo ſie auch
beſorglich bey vielen ausrichten. Wie ich aber der eine[n] anfechtung durch Goͤtt-
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[959/0977] ARTIC. III. SECTIO XXXIX. ben dazu auffzumuntern/ viele laͤſterungen uͤber mich ergangen ſind ſolche aber nie- mahl den grad erreichet haben/ welchen zu erreichen ihnen bey nunmehr ſtarck anſe- tzenden alter (als der ich gegen das ende des 63ſten jahrs ſtehe) der treue Vater von einiger zeit verhaͤnget hat: Alſo daß nunmehr von unterſchiedlichen jahren das haupt einer neuen und ſchaͤdlichen ſecte/ und der Patriarch der Pietiſten/ welche als ein ausbung irriger und boͤſer leute jederman zum haß vorgeſtellet werden/ auf oͤffentlichen cantzeln und in oͤffendlichen ſchrifften von ſo vielen auch in anſehen ſte- henden maͤnnern erklaͤhret worden bin/ und daher mir die urſach alles aͤrgernuͤſſes/ unruhe und ſchadens der kirchen beygemeſſen/ damit aber viel einfaͤltiges volck zu einen haß und grimm wieder mich erfuͤllet wird. Welches alles dann noch immer im wachſen ſtehet/ und da es dem HERRN gefaͤllet weiter zu verhaͤngen/ ferner zunehmen wird. Nun habe ich mich uͤber ſolches leiden gegen GOTT nicht zu beſchwehren/ als der ich das leiden an meinen guten nahmen/ welches ſo fern in die- ſer ſache unſchuldig trage/ ſonſten mehr als wol verdienet/ ja auch in der guten ſa- che ſelbs mags in manchen an gnugſamer vorſichtigkeit/ ſo dann zuweilen an der treue/ gemanglet/ daher alles eine ſchaͤrffere ruthe erfordert haben: Vielmehr ha- be ich die guͤte des himmliſchen Vaters zu preiſen/ der das auch anderes verdiente leiden in ſolche art verwandelt/ von dero/ weil die haupt-urſach/ ſo fern es von mei- nen wiederſachern kommt/ die verthaͤidigung der wahrheit/ und alſo es an ſich ſelbs mir mehr ehrlich iſt/ ich deſto reichern troſt empfinde/ ſo dann uͤber die laͤſterungen/ verlaͤumdungen uñ was ſolcher art iſt (die ich gegen andern orten nur noch vor kin- derleiden achte) meinen widerſachern noch nichts gegen mich verhaͤnget hat/ als der meine ſchwachheit kennende mich zu haͤrtern proben der gedult noch nicht geſchickt erkeñen muß: Welches lauter betrachtungen ſind/ die mir alles leicht machenſollen/ und in gewiſſer maß durch ſeine gnade annoch zimlich leicht bißher gemachet haben. Jndeſſen ſchlaͤgt mich zu weilen dieſes doppelte nieder: Einstheils/ daß ich gleich- wol darinnen ſo ungluͤcklich ſeyen ſolle/ der ſtein des anſtoſſes geſetzt zu ſeyen/ an wel- chen ſich ihrer ſo viele/ und beſorglich manche zu ihrem ziemlichen ſchaden/ ſtoſſen/ auch ſo viel aͤrgernuͤß aller orten aus dieſer gelegenheit entſtanden iſt/ da mir billig offt einkommt ob nicht ein und anders auch vermieden und mit mehrer klugheit ab- gemendet werden ſollen und koͤnnen: Anderntheils daß offt in die gedancken gera- the/ wenn dieſes orts mich nicht ruͤhmen kan/ viele fruͤchten meines amts und ſolche leute/ die der HERR durch meinen dienſt eigentlich zu ſich gezogen haͤtte/ zeigen zu koͤnnen (welches ſonſten eine ſtattliche auffmunterung giebet) daß ich gar moͤchte unfruchtbahr erfunden werden/ ſonderlich nachdem meine feinde meine ſchrifften/ wenn mich noch von denſelbigen einer frucht getroͤſten wolte/ jederman trachten verdaͤchtig zu machen/ und auch alle derſelben frucht niederzuſchlagen/ ſo ſie auch beſorglich bey vielen ausrichten. Wie ich aber der einen anfechtung durch Goͤtt- liche gnade alſo begegne/ daß mich getroͤſte/ der unruhe wahre urſach nicht zu ſeyen/

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 959. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/977>, abgerufen am 23.11.2024.