Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.ARTIC. III. SECTIO XX. von dero gewesenen beichtvaters lehre und gemüth beffer gedancken haben möchten/bey zu bringen getrachtet werde/ gleich als wären alle Universitäten und Theolo- gi in dero landen mir zu wider/ und führeten beschwehrung wider mich/ ob such- te ich neue lehr-arten wider die Augspurgische Confession und libros Symbolicos einzuführen/ hingegen die alte löbliche ordnungen auff Schulen und Universitä- ten zuzernichten und wäre ein urheber und vertheidiger des so genanten pietismi, der vor eine schädliche secte ausgegeben wird; ja gar solte Ew. Churf. Durchl. aus dero Ober-Confistorio ein Theologisches bedencken wider mich eingegeben seyen/ da doch noch vor einen jahre der Superintendens zu Dreßden auff befragen E. Churf. Durchl. praesidenten (aus dessen munde es habe) als von meiner dimis- sion gehandelt worden/ außdrücklich bekant hat/ daß man mich keiner irrigen lehre zu beschuldigen vermöge/ sondern wo man auch an einiger redens-art anstoß habe/ ich mich allezeit orthodoxe erklährete. Wenn aber ich meiner unschuld versichert bin/ und deßwegen getrost vor jedem stehen darff/ so ergehet zu vorderst an E. Churf. Durchl. mein unterthänigstes/ und wie ich nicht zweiffele der billigkeit/ ja gerechtig- keit/ allerdings gemässes bitten dahin/ mir die gnade zu erzeigen/ und das jenige/ so wieder mich eingegeben/ damit ich nicht ungehöret verdammet und als ein verwir- rer der kirchen angesehen werde/ zu meiner verantwortung communiciren zu las- sen; Denn ob ich wol versichert bin/ wann auf Ew. Churf. Durchl. Universiteten an singula membra aus allen corporibus begehret würde/ daß ein jeder nach dem eyd und pflicht/ damit er seinem GOtt u. seinem Churfürsten verbunden wäre/ in einen verschlossenen schreiben/ was ihn von meiner lehre und dem auch so genanten pietismo wissend wäre und was er von mir und andern vor grund habe/ an Jhre Churf. Durchl. selbst einschicken/ und dabey versichert seyen solte/ daß die jenige/ vor denen sich ein und andere zufürchten hätten/ nichts davon erfahren solten/ daß ge- wiß solche nachrichten einlauffen würden/ dadurch mein und anderer leute unschuld sattsam an dentag kommen svlte; so ist doch die höchste billigkeit/ die jenige anschul- digungen/ wo mit ich mich vor der Evangelischen kirchen eines gantzen landes/ den ich nach GOttes willen eine zeitlang vorgestanden bin/ u. nach geschehener göttliche vocacation hieher mit aller gnaden bezeugung weg gelassen worden/ graviret sehen solle/ mir zu meiner eigenen verantwortung zu communiciren, und nicht mit mi- wie mit denen so genanten Pietisten/ verfahren zu lassen; von welchen unlaugba[r] und notorisch ist/ daß man keinen der angeschuldigten weder selbs hören noch ihr[e] beschuldigung/ dem gesetz der billichkeit nach in gebührender ordnung von unpar- theischen Richtern hat untersuchen lassen wollen/ wormit man sonsten gar leicht hin- ter die warheit würde gekommen seyen; da doch dem ärgsten auch woll nothorischen übelthätern dergleichen nicht versagt zu werden pflegt; welches bißherige verfah- ren vermuthlich weder von E. Churf. Durchl. selbst (vor dero regierung desglei- chen vorgegangen) noch der geheimen Rath/ darinnen gleichwol viel redliche Christ- liche Yyyyy 2
ARTIC. III. SECTIO XX. von dero geweſenen beichtvaters lehre und gemuͤth beffeꝛ gedancken haben moͤchten/bey zu bringen getrachtet werde/ gleich als waͤren alle Univerſitaͤten und Theolo- gi in dero landen mir zu wider/ und fuͤhreten beſchwehrung wider mich/ ob ſuch- te ich neue lehr-arten wider die Augſpurgiſche Confeſſion und libros Symbolicos einzufuͤhren/ hingegen die alte loͤbliche ordnungen auff Schulen und Univerſitaͤ- ten zuzernichten und waͤre ein urheber und vertheidiger des ſo genanten pietismi, der vor eine ſchaͤdliche ſecte ausgegeben wird; ja gar ſolte Ew. Churf. Durchl. aus dero Ober-Confiſtorio ein Theologiſches bedencken wider mich eingegeben ſeyen/ da doch noch vor einen jahre der Superintendens zu Dreßden auff befragen E. Churf. Durchl. præſidenten (aus deſſen munde es habe) als von meiner dimis- ſion gehandelt worden/ außdruͤcklich bekant hat/ daß man mich keiner irrigen lehre zu beſchuldigen vermoͤge/ ſondern wo man auch an einiger redens-art anſtoß habe/ ich mich allezeit orthodoxe erklaͤhrete. Wenn aber ich meiner unſchuld verſichert bin/ und deßwegen getroſt vor jedem ſtehen darff/ ſo ergehet zu vorderſt an E. Churf. Durchl. mein unterthaͤnigſtes/ und wie ich nicht zweiffele deꝛ billigkeit/ ja gerechtig- keit/ allerdings gemaͤſſes bitten dahin/ mir die gnade zu erzeigen/ und das jenige/ ſo wieder mich eingegeben/ damit ich nicht ungehoͤret verdammet und als ein verwir- rer der kirchen angeſehen werde/ zu meiner verantwortung communiciren zu laſ- ſen; Denn ob ich wol verſichert bin/ wann auf Ew. Churf. Durchl. Univerſiteten an ſingula membra aus allen corporibus begehret wuͤrde/ daß ein jeder nach dem eyd und pflicht/ damit er ſeinem GOtt u. ſeinem Churfuͤrſten verbunden waͤre/ in einen verſchloſſenen ſchreiben/ was ihn von meiner lehre und dem auch ſo genanten pietismo wiſſend waͤre und was er von mir und andern vor grund habe/ an Jhre Churf. Durchl. ſelbſt einſchicken/ und dabey veꝛſichert ſeyen ſolte/ daß die jenige/ vor denen ſich ein und andere zufuͤrchten haͤtten/ nichts davon erfahren ſolten/ daß ge- wiß ſolche nachrichten einlauffen wuͤrden/ dadurch mein und anderer leute unſchuld ſattſam an dentag kommen ſvlte; ſo iſt doch die hoͤchſte billigkeit/ die jenige anſchul- digungen/ wo mit ich mich vor der Evangeliſchen kirchen eines gantzen landes/ den ich nach GOttes willen eine zeitlang voꝛgeſtanden bin/ u. nach geſchehener goͤttliche vocacation hieher mit aller gnadẽ bezeugung weg gelaſſen worden/ graviret ſehen ſolle/ mir zu meiner eigenen verantwortung zu communiciren, und nicht mit mi- wie mit denen ſo genanten Pietiſten/ verfahren zu laſſen; von welchen unlaugba[r] und notoriſch iſt/ daß man keinen der angeſchuldigten weder ſelbs hoͤren noch ihr[e] beſchuldigung/ dem geſetz der billichkeit nach in gebuͤhrender ordnung von unpar- theiſchen Richtern hat unterſuchen laſſen wollen/ wormit man ſonſten gar leicht hin- ter die warheit wuͤrde gekommen ſeyen; da doch dem aͤrgſten auch woll nothoriſchen uͤbelthaͤtern dergleichen nicht verſagt zu werden pflegt; welches bißherige verfah- ren vermuthlich weder von E. Churf. Durchl. ſelbſt (vor dero regierung desglei- chen vorgegangen) noch der geheimen Rath/ darinnen gleichwol viel redliche Chriſt- liche Yyyyy 2
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ARTIC. III. SECTIO XX.
von dero geweſenen beichtvaters lehre und gemuͤth beffeꝛ gedancken haben moͤchten/
bey zu bringen getrachtet werde/ gleich als waͤren alle Univerſitaͤten und Theolo-
gi in dero landen mir zu wider/ und fuͤhreten beſchwehrung wider mich/ ob ſuch-
te ich neue lehr-arten wider die Augſpurgiſche Confeſſion und libros Symbolicos
einzufuͤhren/ hingegen die alte loͤbliche ordnungen auff Schulen und Univerſitaͤ-
ten zuzernichten und waͤre ein urheber und vertheidiger des ſo genanten pietismi,
der vor eine ſchaͤdliche ſecte ausgegeben wird; ja gar ſolte Ew. Churf. Durchl.
aus dero Ober-Confiſtorio ein Theologiſches bedencken wider mich eingegeben
ſeyen/ da doch noch vor einen jahre der Superintendens zu Dreßden auff befragen
E. Churf. Durchl. præſidenten (aus deſſen munde es habe) als von meiner dimis-
ſion gehandelt worden/ außdruͤcklich bekant hat/ daß man mich keiner irrigen lehre
zu beſchuldigen vermoͤge/ ſondern wo man auch an einiger redens-art anſtoß habe/
ich mich allezeit orthodoxe erklaͤhrete. Wenn aber ich meiner unſchuld verſichert
bin/ und deßwegen getroſt vor jedem ſtehen darff/ ſo ergehet zu vorderſt an E. Churf.
Durchl. mein unterthaͤnigſtes/ und wie ich nicht zweiffele deꝛ billigkeit/ ja gerechtig-
keit/ allerdings gemaͤſſes bitten dahin/ mir die gnade zu erzeigen/ und das jenige/ ſo
wieder mich eingegeben/ damit ich nicht ungehoͤret verdammet und als ein verwir-
rer der kirchen angeſehen werde/ zu meiner verantwortung communiciren zu laſ-
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an ſingula membra aus allen corporibus begehret wuͤrde/ daß ein jeder nach
dem eyd und pflicht/ damit er ſeinem GOtt u. ſeinem Churfuͤrſten verbunden waͤre/
in einen verſchloſſenen ſchreiben/ was ihn von meiner lehre und dem auch ſo genanten
pietismo wiſſend waͤre und was er von mir und andern vor grund habe/ an Jhre
Churf. Durchl. ſelbſt einſchicken/ und dabey veꝛſichert ſeyen ſolte/ daß die jenige/ vor
denen ſich ein und andere zufuͤrchten haͤtten/ nichts davon erfahren ſolten/ daß ge-
wiß ſolche nachrichten einlauffen wuͤrden/ dadurch mein und anderer leute unſchuld
ſattſam an dentag kommen ſvlte; ſo iſt doch die hoͤchſte billigkeit/ die jenige anſchul-
digungen/ wo mit ich mich vor der Evangeliſchen kirchen eines gantzen landes/ den
ich nach GOttes willen eine zeitlang voꝛgeſtanden bin/ u. nach geſchehener goͤttliche
vocacation hieher mit aller gnadẽ bezeugung weg gelaſſen worden/ graviret ſehen
ſolle/ mir zu meiner eigenen verantwortung zu communiciren, und nicht mit mi-
wie mit denen ſo genanten Pietiſten/ verfahren zu laſſen; von welchen unlaugbar
und notoriſch iſt/ daß man keinen der angeſchuldigten weder ſelbs hoͤren noch ihre
beſchuldigung/ dem geſetz der billichkeit nach in gebuͤhrender ordnung von unpar-
theiſchen Richtern hat unterſuchen laſſen wollen/ wormit man ſonſten gar leicht hin-
ter die warheit wuͤrde gekommen ſeyen; da doch dem aͤrgſten auch woll nothoriſchen
uͤbelthaͤtern dergleichen nicht verſagt zu werden pflegt; welches bißherige verfah-
ren vermuthlich weder von E. Churf. Durchl. ſelbſt (vor dero regierung desglei-
chen vorgegangen) noch der geheimen Rath/ darinnen gleichwol viel redliche Chriſt-
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 907. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/925>, abgerufen am 22.07.2024. |