Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.Das sechste Capitel. die diener ankommen lassen/ alle dieser begehende fehler ihnen vor GOTTes ge-richt auffgebürdet werden/ wo aber auch/ jene alles wie sichs geziehmet verwalten/ ihre versäumnüß dannoch vor seinem gericht nicht entschuldigt wird. Jch versichre mich/ daß E. Churf. Durchl. alles dieses längst erwogen haben wird/ und also jetzt mit vorbereiteten gemüth ihre regierung antrete: Mir/ hoffe ich aber/ werde es nicht in ungnaden auffgenommen werden/ daß ich aus erinnerung vormaliger pflicht und noch währender ungefärbter treue mit diesen zeilen mich unternehme/ dieselbe darin- nen zu bekräfftigen. Wann aber alles dieses/ wie oben gedacht nicht menschen werck ist/ sondern Er gebe ihr in allen dingen zuerkennen seinen willen an Sie und die ihr anver- bey
Das ſechſte Capitel. die diener ankommen laſſen/ alle dieſer begehende fehler ihnen vor GOTTes ge-richt auffgebuͤrdet werden/ wo aber auch/ jene alles wie ſichs geziehmet verwalten/ ihre verſaͤumnuͤß dannoch vor ſeinem gericht nicht entſchuldigt wird. Jch verſichre mich/ daß E. Churf. Durchl. alles dieſes laͤngſt erwogen haben wird/ und alſo jetzt mit vorbereiteten gemuͤth ihre regierung antrete: Mir/ hoffe ich aber/ werde es nicht in ungnaden auffgenom̃en werden/ daß ich aus erinneꝛung vormaliger pflicht und noch waͤhrender ungefaͤrbter treue mit dieſen zeilen mich unternehme/ dieſelbe darin- nen zu bekraͤfftigen. Wann aber alles dieſes/ wie oben gedacht nicht menſchen werck iſt/ ſondern Er gebe ihr in allen dingen zuerkennen ſeinen willen an Sie und die ihr anver- bey
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Das ſechſte Capitel.
die diener ankommen laſſen/ alle dieſer begehende fehler ihnen vor GOTTes ge-
richt auffgebuͤrdet werden/ wo aber auch/ jene alles wie ſichs geziehmet verwalten/
ihre verſaͤumnuͤß dannoch vor ſeinem gericht nicht entſchuldigt wird. Jch verſichre
mich/ daß E. Churf. Durchl. alles dieſes laͤngſt erwogen haben wird/ und alſo jetzt
mit vorbereiteten gemuͤth ihre regierung antrete: Mir/ hoffe ich aber/ werde es nicht
in ungnaden auffgenom̃en werden/ daß ich aus erinneꝛung vormaliger pflicht und
noch waͤhrender ungefaͤrbter treue mit dieſen zeilen mich unternehme/ dieſelbe darin-
nen zu bekraͤfftigen.
Wann aber alles dieſes/ wie oben gedacht nicht menſchen werck iſt/ ſondern
GOTT der hoͤchſte Herrſcher ſolches in den ſeelen ſeiner unter-regenten wuͤrcken
muß/ ſolches aber auch in keinen thut/ als die auch vor ihre eigene perſon der gott-
ſeligkeit ſich beflieſſen/ ſo erkennet E. Churf. Durchl. endlichen nachmal auch die-
ſes/ daß deroſelben/ ob zwar allezeit noͤthig geweſen/ doch nunmehr noch noͤtiger
worden ſeye/ vor ihres himmlifchen Vaters augen ſich eines heiligen andaͤchtigen/
nuͤchtern/ keuſchen und goͤttlichem willen gemaͤſſen lebens nach allen vermoͤgen/ das
er geben wird/ zu befleißigen/ die anhoͤrung und leſung ſeines worts (ſo dann auch
aus denſelben gezogener Chriſtlicher buͤcher) nun ſich noch fleißiger taͤglich angelegen
ſeyen zu laſſen/ hingegen um goͤttliche gnade nicht zuverſchertzen ſichvor allen ſuͤnden
und welt eitelkeit (dazu die um groſſe Herrn gemeiniglich ſich nechſt haltende ſchmei-
cheler gern anreitzen/ aber eben daran zuerkennen und zu meiden ſind) zu huͤten und
deswegen genau auff ihr leben acht zu geben/ uñ taͤglich ſich in der pruͤfung vor Gott
zuſtellen/ ſonderlich aber unablaͤßig tag und nacht zu GOtt dem HErrn um ſeinen
Geiſt und was ihr noͤthig iſt zubeten/ auch dazu Salomonis worte in buch der
Weißh. c. 9. ſich wol bekant zu machen: insgeſamt das zu glauben/ daß dieſes de-
ro gebet/ ſo mit andacht und inbruͤnſtigem geiſt geſchehen muß/ ihro ſelbs/ ihrer re-
gierung und lande wol ſo viel als uͤbrige ſorge zu wege bringen muſſe. Da als-
dann in ſolchem fall (dem ohne eignes gebet vermag anderer vorbitte nichts aus zu-
richten) auch dero treuen unterthanen ſtuͤndliches gebet vor dieſelbe kraͤfftig gen
himmel auffſteigen/ vor dem thꝛon der gnaden angeſehen werden/ und alles wor-
durch dero zeitlich und ewig wol ſeyen/ erlangen wird. Jch meines geringen orts
der nun abweſend nichts weniger/ als da noch in Sachſen lebte/ das hohe Chur-
hauß und jegliche deſſen perſonen/ taͤglich mehrmahl vor GOtt bringe/ beuge auch
dieſesmal meine knie vor dem Vater unſers HERRN JEſu Chriſti/ der uͤber
dieſelbe nun mit doppelter maaß als vorhin außgieſſe ſeinen Geiſt/ den Geiſt der
weißheit und des verſtandes/ den Geiſt des raths und der ſtaͤrcke/ den Geiſt der
erkaͤntnuͤß und der furcht des HERRCN.
Er gebe ihr in allen dingen zuerkennen ſeinen willen an Sie und die ihr anver-
trauet ſind/ auch krafft denſelben zu vollbringen. Er reinige Sie mehr und mehr
bey
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Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 886. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/904>, abgerufen am 22.07.2024. |