Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.Das sechste Capitel. Churfürsten von Brandenburg Durchlaucht. ich überlassen nunmehr von denSächsischen zu den Brandenburgischen Evangelischen kirchen gehen solle/ bin ich des guten vertrauens/ das E. Churpr. Durchl. diesen des allerhöchsten rath/ welchen ich zur überzeugung des gewissens gnuglich erkant habe/ sich auch nicht werden mißfallen lassen/ sondern damit friedlich seyen/ und was derselbe schicket/ vor das beste halten. Wann ich aber damit auch die von E. Churpr. Durchl. mir gnädigst anvertraute dero besondere seelen-sorgen und beichtvater amt ablegen/ und dem jenigen/ welchen die himmlische güte nunmehr an meine stelle anweisen wird (und mit aller nöthigen weißheit und Geistes krafft dazu ausrüsten wolle) überlassen solle/ so versehe mich/ daß mir gnädigst zugelassen werde seyn/ bey diesem abschied meine letzte amts erinnerungen aus treuen hertzen und mit unterthänigsten respect zu thun. Da ich zu erst vor GOttes heiligen augen bezeuge/ wie ich biß daher E. Churprintzl. Durchl. wahres seelen heyl inniglich verlanget und gesuchet habe/ auch hertzlich wünschete/ daß ich mehrere krafft und weißheit darzu bey mir gefunden hätte/ und niemahl von mir in solcher meiner pflicht und zwar auch geha- bter hertzlicher intention nichts wäre versäumet worden (da ich aber meiner schwachheit mir wol bewust/ solcher meiner versämnüß und fehler/ die das scharffe auge GOTTes in meinem amt/ wo ich mehr hätte thun sollen und können/ ver- gebung von seiner himmlischen und väterlichen güte bitte/ und auch von E. Churpr. Durchl. gutmütigkeit hoffe) daß gleichwol die jenige lehr/ welche ich die zeit mei- nes anwesens offentlich und absonderlich getrieben habe/ dem worte GOTTES und unsern Symbolischen büchern in allen stücken wahrhafftig gemäß seye/ und ich das vertrauen trage/ wie andere also auch zum fordersten E. Churprintzliche Durchl. werden aus der prüffung aus der heil. schrifft/ auff welche ich zu jederzei[t] alle meine zuhörer höhere und niedere zu weisen pflege/ solche derselben also gemäß befunden haben/ und stets befinden. Wie nun zwar nicht verlange/ daß jemand werder auch wäre das geringste um meinet willen annehme oder glaube/ sondern alles nach GOttes wort prüfe/ so habe doch unterthänigst zu bitten/ E. Churpr. Durchl. geruheten sich der jenigen dinge/ so sie die wenige zeit über von mir gehöret/ offtmal zu erinnern/ um solche immerdar gegen die heilige schrifft zuhalten/ und da sie sie darinnen gegründet erkennen/ sie durch fernere betrachtung so viel tieffer in die seele einzudrucken/ sonderlich aber das allein unbetrügliche Wort GOTTes in der schrifft sich vor allem am hertzlichsten angelegen seyen zu lassen/ und zuglauben/ daß solches das jenige seye/ welches wie insgesamt Christen/ also auch vor anderen die Fürsten/ nimmer aus den augen kommen lassen sollen. Sie machen also mit ihrem GOTT und HERREN den jenigen bund/ daß derselbe/ als viel möglich ist/ alle morgen der erste seye/ welchen sie mit sich in seinem wort reden lassen/ und sie hinwiederum mit denselben in dessen betrachtung und in dem gebet reden. Sie glauben/ es seye die heilige schrifft nicht nur dasjenige/ worinnen man das gute was
Das ſechſte Capitel. Churfuͤrſten von Brandenburg Durchlaucht. ich uͤberlaſſen nunmehr von denSaͤchſiſchen zu den Brandenburgiſchen Evangeliſchen kirchen gehen ſolle/ bin ich des guten vertrauens/ das E. Churpr. Durchl. dieſen des allerhoͤchſten rath/ welchen ich zur uͤberzeugung des gewiſſens gnuglich erkant habe/ ſich auch nicht werden mißfallen laſſen/ ſondern damit friedlich ſeyen/ und was derſelbe ſchicket/ vor das beſte halten. Wann ich aber damit auch die von E. Churpꝛ. Durchl. mir gnaͤdigſt anvertraute dero beſondere ſeelen-ſorgen und beichtvater amt ablegen/ und dem jenigen/ welchen die himmliſche guͤte nunmehr an meine ſtelle anweiſen wird (und mit aller noͤthigen weißheit und Geiſtes krafft dazu ausruͤſten wolle) uͤberlaſſen ſolle/ ſo verſehe mich/ daß mir gnaͤdigſt zugelaſſen werde ſeyn/ bey dieſem abſchied meine letzte amts erinnerungen aus treuen hertzen und mit unterthaͤnigſten reſpect zu thun. Da ich zu eꝛſt vor GOttes heiligen augen bezeuge/ wie ich biß daher E. Churprintzl. Durchl. wahres ſeelen heyl inniglich verlanget und geſuchet habe/ auch hertzlich wuͤnſchete/ daß ich mehrere krafft und weißheit darzu bey mir gefunden haͤtte/ und niemahl von mir in ſolcher meiner pflicht und zwar auch geha- bter hertzlicher intention nichts waͤre verſaͤumet worden (da ich aber meiner ſchwachheit mir wol bewuſt/ ſolcher meiner verſaͤmnuͤß und fehler/ die das ſcharffe auge GOTTes in meinem amt/ wo ich mehr haͤtte thun ſollen und koͤnnen/ ver- gebung von ſeiner himmliſchen und vaͤterlichen guͤte bitte/ und auch von E. Churpr. Durchl. gutmuͤtigkeit hoffe) daß gleichwol die jenige lehr/ welche ich die zeit mei- nes anweſens offentlich und abſonderlich getrieben habe/ dem worte GOTTES und unſern Symboliſchen buͤchern in allen ſtuͤcken wahrhafftig gemaͤß ſeye/ und ich das vertrauen trage/ wie andere alſo auch zum forderſten E. Churprintzliche Durchl. werden aus der pruͤffung aus der heil. ſchrifft/ auff welche ich zu jederzei[t] alle meine zuhoͤrer hoͤhere und niedere zu weiſen pflege/ ſolche derſelben alſo gemaͤß befunden haben/ und ſtets befinden. Wie nun zwar nicht verlange/ daß jemand werder auch waͤre das geringſte um meinet willen annehme oder glaube/ ſondern alles nach GOttes wort pruͤfe/ ſo habe doch unterthaͤnigſt zu bitten/ E. Churpr. Durchl. geruheten ſich der jenigen dinge/ ſo ſie die wenige zeit uͤber von mir gehoͤret/ offtmal zu erinnern/ um ſolche immerdar gegen die heilige ſchrifft zuhalten/ und da ſie ſie darinnen gegruͤndet erkennen/ ſie durch fernere betrachtung ſo viel tieffer in die ſeele einzudrucken/ ſonderlich aber das allein unbetruͤgliche Wort GOTTes in der ſchrifft ſich vor allem am hertzlichſten angelegen ſeyen zu laſſen/ und zuglauben/ daß ſolches das jenige ſeye/ welches wie insgeſamt Chriſten/ alſo auch vor anderen die Fuͤꝛſten/ nimmer aus den augen kommen laſſen ſollen. Sie machen alſo mit ihrem GOTT und HERREN den jenigen bund/ daß derſelbe/ als viel moͤglich iſt/ alle morgen der erſte ſeye/ welchen ſie mit ſich in ſeinem wort reden laſſen/ und ſie hinwiederum mit denſelben in deſſen betrachtung und in dem gebet reden. Sie glauben/ es ſeye die heilige ſchrifft nicht nur dasjenige/ worinnen man das gute was
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0876" n="858"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das ſechſte Capitel.</hi></fw><lb/> Churfuͤrſten von Brandenburg Durchlaucht. ich uͤberlaſſen nunmehr von den<lb/> Saͤchſiſchen zu den Brandenburgiſchen Evangeliſchen kirchen gehen ſolle/ bin ich<lb/> des guten vertrauens/ das E. Churpr. Durchl. dieſen des allerhoͤchſten rath/<lb/> welchen ich zur uͤberzeugung des gewiſſens gnuglich erkant habe/ ſich auch nicht<lb/> werden mißfallen laſſen/ ſondern damit friedlich ſeyen/ und was derſelbe ſchicket/ vor<lb/> das beſte halten. Wann ich aber damit auch die von E. Churpꝛ. Durchl. mir<lb/> gnaͤdigſt anvertraute dero beſondere ſeelen-ſorgen und beichtvater amt ablegen/<lb/> und dem jenigen/ welchen die himmliſche guͤte nunmehr an meine ſtelle anweiſen<lb/> wird (und mit aller noͤthigen weißheit und Geiſtes krafft dazu ausruͤſten wolle)<lb/> uͤberlaſſen ſolle/ ſo verſehe mich/ daß mir gnaͤdigſt zugelaſſen werde ſeyn/ bey dieſem<lb/> abſchied meine letzte amts erinnerungen aus treuen hertzen und mit unterthaͤnigſten<lb/><hi rendition="#aq">reſpect</hi> zu thun. Da ich zu eꝛſt vor GOttes heiligen augen bezeuge/ wie ich biß<lb/> daher E. Churprintzl. <choice><sic>Dnrchl.</sic><corr>Durchl.</corr></choice> wahres ſeelen heyl inniglich verlanget und geſuchet<lb/> habe/ auch hertzlich wuͤnſchete/ daß ich mehrere krafft und weißheit darzu bey mir<lb/> gefunden haͤtte/ und niemahl von mir in ſolcher meiner pflicht und zwar auch geha-<lb/> bter hertzlicher <hi rendition="#aq">intention</hi> nichts waͤre verſaͤumet worden (da ich aber meiner<lb/> ſchwachheit mir wol bewuſt/ ſolcher meiner verſaͤmnuͤß und fehler/ die das ſcharffe<lb/> auge GOTTes in meinem amt/ wo ich mehr haͤtte thun ſollen und koͤnnen/ ver-<lb/> gebung von ſeiner himmliſchen und vaͤterlichen guͤte bitte/ und auch von E. Churpr.<lb/> Durchl. gutmuͤtigkeit hoffe) daß gleichwol die jenige lehr/ welche ich die zeit mei-<lb/> nes anweſens offentlich und abſonderlich getrieben habe/ dem worte GOTTES<lb/> und unſern Symboliſchen buͤchern in allen ſtuͤcken wahrhafftig gemaͤß ſeye/ und<lb/> ich das vertrauen trage/ wie andere alſo auch zum forderſten E. Churprintzliche<lb/> Durchl. werden aus der pruͤffung aus der heil. ſchrifft/ auff welche ich zu jederzei<supplied>t</supplied><lb/> alle meine zuhoͤrer hoͤhere und niedere zu weiſen pflege/ ſolche derſelben alſo gemaͤß<lb/> befunden haben/ und ſtets befinden. Wie nun zwar nicht verlange/ daß jemand<lb/> werder auch waͤre das geringſte um meinet willen annehme oder glaube/ ſondern<lb/> alles nach GOttes wort pruͤfe/ ſo habe doch unterthaͤnigſt zu bitten/ E. Churpr.<lb/> Durchl. geruheten ſich der jenigen dinge/ ſo ſie die wenige zeit uͤber von mir gehoͤret/<lb/> offtmal zu erinnern/ um ſolche immerdar gegen die heilige ſchrifft zuhalten/ und<lb/> da ſie ſie darinnen gegruͤndet erkennen/ ſie durch fernere betrachtung ſo viel tieffer in<lb/> die ſeele einzudrucken/ ſonderlich aber das allein unbetruͤgliche Wort GOTTes in<lb/> der ſchrifft ſich vor allem am hertzlichſten angelegen ſeyen zu laſſen/ und zuglauben/<lb/> daß ſolches das jenige ſeye/ welches wie insgeſamt Chriſten/ alſo auch vor anderen<lb/> die Fuͤꝛſten/ nimmer aus den augen kommen laſſen ſollen. Sie machen alſo mit<lb/> ihrem GOTT und HERREN den jenigen bund/ daß derſelbe/ als viel moͤglich<lb/> iſt/ alle morgen der erſte ſeye/ welchen ſie mit ſich in ſeinem wort reden laſſen/ und<lb/> ſie hinwiederum mit denſelben in deſſen betrachtung und in dem gebet reden. Sie<lb/> glauben/ es ſeye die heilige ſchrifft nicht nur dasjenige/ worinnen man das gute<lb/> <fw place="bottom" type="catch">was</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [858/0876]
Das ſechſte Capitel.
Churfuͤrſten von Brandenburg Durchlaucht. ich uͤberlaſſen nunmehr von den
Saͤchſiſchen zu den Brandenburgiſchen Evangeliſchen kirchen gehen ſolle/ bin ich
des guten vertrauens/ das E. Churpr. Durchl. dieſen des allerhoͤchſten rath/
welchen ich zur uͤberzeugung des gewiſſens gnuglich erkant habe/ ſich auch nicht
werden mißfallen laſſen/ ſondern damit friedlich ſeyen/ und was derſelbe ſchicket/ vor
das beſte halten. Wann ich aber damit auch die von E. Churpꝛ. Durchl. mir
gnaͤdigſt anvertraute dero beſondere ſeelen-ſorgen und beichtvater amt ablegen/
und dem jenigen/ welchen die himmliſche guͤte nunmehr an meine ſtelle anweiſen
wird (und mit aller noͤthigen weißheit und Geiſtes krafft dazu ausruͤſten wolle)
uͤberlaſſen ſolle/ ſo verſehe mich/ daß mir gnaͤdigſt zugelaſſen werde ſeyn/ bey dieſem
abſchied meine letzte amts erinnerungen aus treuen hertzen und mit unterthaͤnigſten
reſpect zu thun. Da ich zu eꝛſt vor GOttes heiligen augen bezeuge/ wie ich biß
daher E. Churprintzl. Durchl. wahres ſeelen heyl inniglich verlanget und geſuchet
habe/ auch hertzlich wuͤnſchete/ daß ich mehrere krafft und weißheit darzu bey mir
gefunden haͤtte/ und niemahl von mir in ſolcher meiner pflicht und zwar auch geha-
bter hertzlicher intention nichts waͤre verſaͤumet worden (da ich aber meiner
ſchwachheit mir wol bewuſt/ ſolcher meiner verſaͤmnuͤß und fehler/ die das ſcharffe
auge GOTTes in meinem amt/ wo ich mehr haͤtte thun ſollen und koͤnnen/ ver-
gebung von ſeiner himmliſchen und vaͤterlichen guͤte bitte/ und auch von E. Churpr.
Durchl. gutmuͤtigkeit hoffe) daß gleichwol die jenige lehr/ welche ich die zeit mei-
nes anweſens offentlich und abſonderlich getrieben habe/ dem worte GOTTES
und unſern Symboliſchen buͤchern in allen ſtuͤcken wahrhafftig gemaͤß ſeye/ und
ich das vertrauen trage/ wie andere alſo auch zum forderſten E. Churprintzliche
Durchl. werden aus der pruͤffung aus der heil. ſchrifft/ auff welche ich zu jederzeit
alle meine zuhoͤrer hoͤhere und niedere zu weiſen pflege/ ſolche derſelben alſo gemaͤß
befunden haben/ und ſtets befinden. Wie nun zwar nicht verlange/ daß jemand
werder auch waͤre das geringſte um meinet willen annehme oder glaube/ ſondern
alles nach GOttes wort pruͤfe/ ſo habe doch unterthaͤnigſt zu bitten/ E. Churpr.
Durchl. geruheten ſich der jenigen dinge/ ſo ſie die wenige zeit uͤber von mir gehoͤret/
offtmal zu erinnern/ um ſolche immerdar gegen die heilige ſchrifft zuhalten/ und
da ſie ſie darinnen gegruͤndet erkennen/ ſie durch fernere betrachtung ſo viel tieffer in
die ſeele einzudrucken/ ſonderlich aber das allein unbetruͤgliche Wort GOTTes in
der ſchrifft ſich vor allem am hertzlichſten angelegen ſeyen zu laſſen/ und zuglauben/
daß ſolches das jenige ſeye/ welches wie insgeſamt Chriſten/ alſo auch vor anderen
die Fuͤꝛſten/ nimmer aus den augen kommen laſſen ſollen. Sie machen alſo mit
ihrem GOTT und HERREN den jenigen bund/ daß derſelbe/ als viel moͤglich
iſt/ alle morgen der erſte ſeye/ welchen ſie mit ſich in ſeinem wort reden laſſen/ und
ſie hinwiederum mit denſelben in deſſen betrachtung und in dem gebet reden. Sie
glauben/ es ſeye die heilige ſchrifft nicht nur dasjenige/ worinnen man das gute
was
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/876 |
Zitationshilfe: | Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 858. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/876>, abgerufen am 22.07.2024. |