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Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702.

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ARTIC. II. SECTIO XL.
oder nessen) lasse zu vor (ehe die kirche angelauget werde/ ihre mutter o-
der großmutter mit dem allmosen zu versorgen)
lernen/ ihre eigne häuser
göttlich regiren/ (ihren müttern oder großmüttern die nothdürfftige hand-
reichung zu leisten.)
und derer eltern (von denen sie erzogen sind) gleiches ver-
gelten (sie ernehren und versorgen/ gleich wie die eltern ihnen zuvor auch
gethan haben/ ehe sie erwachsen.)
bey v. 8. aber erklären sie die haußgenossen
insgemein/ eltern/ kinder und bluts-freunde. Also auch Flacius gedencket bey
v. 4. dieses: ejusmodi liberos recte ab ea educatos grandesque illius vi-
duae praesertim in ejus senectute curam suscipere debere, eamque enu-
trie, ne sit necesse Ecclesiam Dei gravari sumptibus. v. 8.
setzet er auch
die witwen und kinder zusammen/ die an einander die liebesthaten erzeigen solten.
Letzlich Herr D. Sebastian Schmidt in seiner Paraphrasi stimmet bey v. 4. auch
bey/ und bey v. 7. paraphrasirt ers mit fleiß also: dieses gebiete nicht allein
den witwen selbs/ sondern auch ihren kindern/ neffen und anverwandten.

m. f. w. Sihe also insgesamt nicht/ was ferner solcher erklährung mit ziemlichen
schein entgegen gesetzet werden könte.

Jch komme nun auff den Quedlinburgischen Catechismum/ da mir a-
ber leid ist/ daß nicht gnugsam und nach verlangen antworten kan. Jch habe
demselben damal/ als ich den meinigen edirte, von einem guten freund gelehnt ge-
habt und gelesen/ vor michselbs aber zu bekommen nicht vermocht. Wie mir der-
selbe so trefflich wol gefallen/ habe ich in der selbs angeführten vorrede bezeuget: ob
ich aber in dem lesen auch einige stellen bemercket hätte/ daran ich angestanden
wäre/ weiß ich mich nicht zu entsinnen/ in dem seither so viel jahr verflossen/ da mir
alles ausgefallen: auffs wenigste muß es nichts von einiger wichtigkeit gewesen
seyen/ in dem ich sonsten ohne beyerinnerung demselben zu recommendiren ohne
zweiffel um die zeit da ich ihn neulich gelesen/ würde bedenckens gehabt haben. Da-
mit ich endlich auch das P. S. und die darinnen vorgestellte materien berühre/ laß
ich wol gelten/ daß einiger Christlichen personen ausreisen nach NN. zu Herr NN.
predigten andern ungewöhnlich vorkommen wird: wo aber die predigt ihres orts
dadurch nicht versäumet wird/ kan solches niemand verwehret/ und mit gutem
grund dargegen gesprochen werden: nur wird sehr zu hüten seyen/ daß man nicht
mit allzuvielen ruhm der erbauung aus der fremden predigt sich den haß der ein-
heimischen prediger zu ziehe/ und diese jenen zur verkleinerung der ihrigen scheinbar
ziehen könten. So dann wolte ich auch wünschen/ daß solche gute freunde es
nicht eben ordinarie thäten/ sondern allein zu weilen/ um die ungleiche urtheil et-
licher massen zu vermeiden. Also auch wie niemand Herrn NN. verwehren
kan/ daß er Christliche freunde in der nachbarschafft besuche/ so ists auch nicht zu
wehren/ denselben in dem hause zu beherbergen. Jedennoch wolte auch da rathen/
daß die besuchungen von andern/ wann er zu ihnen kommt/ nicht so viel geschehen/ daß

es

ARTIC. II. SECTIO XL.
oder neſſen) laſſe zu vor (ehe die kirche angelauget werde/ ihre mutter o-
der großmutter mit dem allmoſen zu verſorgen)
lernen/ ihre eigne haͤuſer
goͤttlich regiren/ (ihren muͤttern oder großmuͤttern die nothduͤrfftige hand-
reichung zu leiſten.)
und derer eltern (von denen ſie erzogen ſind) gleiches ver-
gelten (ſie ernehren und verſorgen/ gleich wie die eltern ihnen zuvor auch
gethan haben/ ehe ſie erwachſen.)
bey v. 8. aber erklaͤren ſie die haußgenoſſen
insgemein/ eltern/ kinder und bluts-freunde. Alſo auch Flacius gedencket bey
v. 4. dieſes: ejusmodi liberos rectè ab ea educatos grandesque illius vi-
duæ præſertim in ejus ſenectute curam ſuſcipere debere, eamque enu-
trie, ne ſit neceſſe Eccleſiam Dei gravari ſumptibus. v. 8.
ſetzet er auch
die witwen und kinder zuſammen/ die an einander die liebesthaten erzeigen ſolten.
Letzlich Herr D. Sebaſtian Schmidt in ſeiner Paraphraſi ſtimmet bey v. 4. auch
bey/ und bey v. 7. paraphraſirt ers mit fleiß alſo: dieſes gebiete nicht allein
den witwen ſelbs/ ſondern auch ihren kindern/ neffen und anverwandten.

m. f. w. Sihe alſo insgeſamt nicht/ was ferner ſolcher erklaͤhrung mit ziemlichen
ſchein entgegen geſetzet werden koͤnte.

Jch komme nun auff den Quedlinburgiſchen Catechiſmum/ da mir a-
ber leid iſt/ daß nicht gnugſam und nach verlangen antworten kan. Jch habe
demſelben damal/ als ich den meinigen edirte, von einem guten freund gelehnt ge-
habt und geleſen/ vor michſelbs aber zu bekommen nicht vermocht. Wie mir der-
ſelbe ſo trefflich wol gefallen/ habe ich in der ſelbs angefuͤhrten vorrede bezeuget: ob
ich aber in dem leſen auch einige ſtellen bemercket haͤtte/ daran ich angeſtanden
waͤre/ weiß ich mich nicht zu entſinnen/ in dem ſeither ſo viel jahr verfloſſen/ da mir
alles ausgefallen: auffs wenigſte muß es nichts von einiger wichtigkeit geweſen
ſeyen/ in dem ich ſonſten ohne beyerinnerung demſelben zu recommendiren ohne
zweiffel um die zeit da ich ihn neulich geleſen/ wuͤrde bedenckens gehabt haben. Da-
mit ich endlich auch das P. S. und die darinnen vorgeſtellte materien beruͤhre/ laß
ich wol gelten/ daß einiger Chriſtlichen perſonen ausreiſen nach NN. zu Herr NN.
predigten andern ungewoͤhnlich vorkommen wird: wo aber die predigt ihres orts
dadurch nicht verſaͤumet wird/ kan ſolches niemand verwehꝛet/ und mit gutem
grund dargegen geſprochen werden: nur wird ſehr zu huͤten ſeyen/ daß man nicht
mit allzuvielen ruhm der erbauung aus der fremden predigt ſich den haß der ein-
heimiſchen prediger zu ziehe/ und dieſe jenen zuꝛ verkleinerung der ihrigen ſcheinbar
ziehen koͤnten. So dann wolte ich auch wuͤnſchen/ daß ſolche gute freunde es
nicht eben ordinarie thaͤten/ ſondern allein zu weilen/ um die ungleiche urtheil et-
licher maſſen zu vermeiden. Alſo auch wie niemand Herrn NN. verwehren
kan/ daß er Chriſtliche freunde in der nachbarſchafft beſuche/ ſo iſts auch nicht zu
wehren/ denſelben in dem hauſe zu beherbergen. Jedennoch wolte auch da rathen/
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[839/0857] ARTIC. II. SECTIO XL. oder neſſen) laſſe zu vor (ehe die kirche angelauget werde/ ihre mutter o- der großmutter mit dem allmoſen zu verſorgen) lernen/ ihre eigne haͤuſer goͤttlich regiren/ (ihren muͤttern oder großmuͤttern die nothduͤrfftige hand- reichung zu leiſten.) und derer eltern (von denen ſie erzogen ſind) gleiches ver- gelten (ſie ernehren und verſorgen/ gleich wie die eltern ihnen zuvor auch gethan haben/ ehe ſie erwachſen.) bey v. 8. aber erklaͤren ſie die haußgenoſſen insgemein/ eltern/ kinder und bluts-freunde. Alſo auch Flacius gedencket bey v. 4. dieſes: ejusmodi liberos rectè ab ea educatos grandesque illius vi- duæ præſertim in ejus ſenectute curam ſuſcipere debere, eamque enu- trie, ne ſit neceſſe Eccleſiam Dei gravari ſumptibus. v. 8. ſetzet er auch die witwen und kinder zuſammen/ die an einander die liebesthaten erzeigen ſolten. Letzlich Herr D. Sebaſtian Schmidt in ſeiner Paraphraſi ſtimmet bey v. 4. auch bey/ und bey v. 7. paraphraſirt ers mit fleiß alſo: dieſes gebiete nicht allein den witwen ſelbs/ ſondern auch ihren kindern/ neffen und anverwandten. m. f. w. Sihe alſo insgeſamt nicht/ was ferner ſolcher erklaͤhrung mit ziemlichen ſchein entgegen geſetzet werden koͤnte. Jch komme nun auff den Quedlinburgiſchen Catechiſmum/ da mir a- ber leid iſt/ daß nicht gnugſam und nach verlangen antworten kan. Jch habe demſelben damal/ als ich den meinigen edirte, von einem guten freund gelehnt ge- habt und geleſen/ vor michſelbs aber zu bekommen nicht vermocht. Wie mir der- ſelbe ſo trefflich wol gefallen/ habe ich in der ſelbs angefuͤhrten vorrede bezeuget: ob ich aber in dem leſen auch einige ſtellen bemercket haͤtte/ daran ich angeſtanden waͤre/ weiß ich mich nicht zu entſinnen/ in dem ſeither ſo viel jahr verfloſſen/ da mir alles ausgefallen: auffs wenigſte muß es nichts von einiger wichtigkeit geweſen ſeyen/ in dem ich ſonſten ohne beyerinnerung demſelben zu recommendiren ohne zweiffel um die zeit da ich ihn neulich geleſen/ wuͤrde bedenckens gehabt haben. Da- mit ich endlich auch das P. S. und die darinnen vorgeſtellte materien beruͤhre/ laß ich wol gelten/ daß einiger Chriſtlichen perſonen ausreiſen nach NN. zu Herr NN. predigten andern ungewoͤhnlich vorkommen wird: wo aber die predigt ihres orts dadurch nicht verſaͤumet wird/ kan ſolches niemand verwehꝛet/ und mit gutem grund dargegen geſprochen werden: nur wird ſehr zu huͤten ſeyen/ daß man nicht mit allzuvielen ruhm der erbauung aus der fremden predigt ſich den haß der ein- heimiſchen prediger zu ziehe/ und dieſe jenen zuꝛ verkleinerung der ihrigen ſcheinbar ziehen koͤnten. So dann wolte ich auch wuͤnſchen/ daß ſolche gute freunde es nicht eben ordinarie thaͤten/ ſondern allein zu weilen/ um die ungleiche urtheil et- licher maſſen zu vermeiden. Alſo auch wie niemand Herrn NN. verwehren kan/ daß er Chriſtliche freunde in der nachbarſchafft beſuche/ ſo iſts auch nicht zu wehren/ denſelben in dem hauſe zu beherbergen. Jedennoch wolte auch da rathen/ daß die beſuchungen von andern/ wañ er zu ihnen kom̃t/ nicht ſo viel geſchehen/ daß es

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Zitationshilfe: Spener, Philipp Jakob: Theologische Bedencken. Bd. 3. Halle (Saale), 1702, S. 839. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/spener_bedencken03_1702/857>, abgerufen am 18.12.2024.